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Türkei
Tourismusbranche wirbt um Gäste

Eine Woche Strandurlaub für 300 Euro - bei den Preisen können auch deutsche Urlauber nicht widerstehen. Nachdem der Tourismus 2016 in der Türkei massiv eingebrochen war, geht es langsam wieder aufwärts. Die aktuellen Kampfpreise können jedoch nicht ewig gehalten werden. Die türkische Tourismus-Branche sucht deshalb nach neuen Expansionsfeldern.

Von Karin Senz | 07.11.2017
    ARCHIV - Ein Mann mit einem Besen geht an einem leeren Strand in Antalya, Türkei, am 19.07.2016 entlang. (Zu dpa "Tourismus-Einnahmen in der Türkei brechen 2016 um 30 Prozent ein" vom 31.01.2017) Foto: Marius Becker/dpa | Verwendung weltweit
    Leere Liegestühle: Der Tourismus in der Türkei ist 2016 massiv eingebrochen. Derzeit geht es langsam aufwärts (dpa)
    Türkisblaues Wasser, endlose Strände und Sonne satt – für nicht mal 300 Euro die Woche "all inclusive", also auch inklusive Flug. So billig kriegt man Urlaub im Moment fast nur in der Türkei. Da können auch viele deutsche Urlauber nicht widerstehen.
    Nachdem der Tourismus 2016 massiv eingebrochen war, geht es langsam wieder aufwärts. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nennt auf einem großen Tourismus-Kongress in Ankara die neuesten Zahlen:
    "Im vergangenen Jahr hatten wir mit Blick auf die Türken im Ausland die Aktion 'Nimm Deinen Nachbar mit in die Türkei!' gestartet. Die geht dieses Jahr weiter. Trotz aller Kampagnen, die es während des Wahlkampfs in Deutschland gegen uns gab, sind in den ersten acht Monaten dieses Jahres mehr als 2,5 Millionen Gäste in die Türkei gekommen. Das allein zeigt, dass unsere Aktion Erfolg hat."
    Aktuelle Kampfpreise können nicht gehalten werden
    Levent Apaydin arbeitet seit vielen Jahren in der Tourismusbranche. Er sieht die Zahlen kritisch:
    "Da muß man sich vor allem anschauen, ob das Türken mit deutschem Paß waren oder wirklich deutsche Urlauber. Abgesehen davon ist es dieses Jahr politisch schwierig für Deutsche die Türkei zu besuchen. Aber ich denke, in den nächsten Jahren wird das wieder anders werden vor allem mit Blick auf die Wahlen 2019."
    Da finden in der Türkei Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Viele hoffen, dass sich die politische Lage im Land spätestens danach wieder beruhigt. Solange will aber keiner in der Tourismus-Branche warten.
    Allen ist klar, die Kampfpreise lassen sich nicht ewig durchhalten. Auf dem Kongress geht es um ein neues Image des Urlaubslandes Türkei. Schließlich hat man wesentlich mehr zu bieten, als Sonne, Strand und Meer, sagt Buket Aytin, die ein Reisebüro in Ankara betreibt:
    "Sie können bei uns kulturhistorischen Urlaub machen, oder kulinarischen Urlaub. Auch der Gesundheits-Tourismus entwickelt sich sehr schnell - und das alles auf einem ziemlich hohen Qualitäts-Niveau. Trotzdem ist es billig, wenn man das zum Beispiel mit anderen europäischen Ländern vergleicht. Wir haben gute Ärzte und einen guten Service - auf Fünf-Sterne-Niveau."
    Terroranschläge haben dem Image geschadet
    Dazu gibt’s auf dem Kongress die passenden Image-Filme: Sie zeigen Wanderer in traumhafter Berglandschaft, Urlauber, die sich von türkischen Frauen zuhause bekochen lassen und Kliniken unter Palmen. Man will unter die Top 3 der Urlaubsländer weltweit in den nächsten zehn Jahren.
    Im Rekordjahr 2015 stand die Türkei mit knapp 40 Millionen Gästen auf Platz sechs, darunter waren 5,6 Millionen Deutsche. Davon ist man dieses Jahr allerdings weit entfernt. Nicht nur die Terroranschläge haben dem Image geschadet, gibt Oya Narin vom türkischen Tourismus-Investorenverband zu. Auch die vielen syrischen Flüchtlinge sind nicht gut für’s Geschäft, sagt sie. Beim schlechten politischen Image ihres Landes in Deutschland weicht sie aus:
    "Ich finde, der politische Aspekt ist nicht unser Ding. Wir sind Geschäftsleute aus dem Tourismusbrereich, wir sind friedliebend, wir wollen Menschen zusammen bringen. Da darf die Politik keine Rolle spielen. Unser Land ist schön, die europäischen Gäste kommen seit so vielen Jahren. Warum sollen sie nicht wieder kommen?"
    Verschärfte Reisehinweise werden nicht gern kommentiert
    Aus Angst vor willkürlichen Verhaftungen? Wegen Erdogans Politik? Gerade Kulturreisende stehen dem wesentlich kritischer gegenüber, als Pauschalurlauber. Das zeigen die schlechten Buchungszahlen bei Studienreisen.
    Über die Gründe für die verschärften Reisehinweise, für das schlechte deutsch-türkische Verhältnis - will man auf dem Tourimus-Kongress nicht reden, oder traut sich nicht. Der neue Tourismus-Minister Numan Kurtulmus ist sich des Problems allerdings durchaus bewußt.
    "Eines unserer wichtiges, strategisches Ziele für die kommende Periode im Tourismus ist, den touristischen und kulturellen Reichtum der Türkei als Soft-skill zu nutzen, gegen islamfeindliche - und ganz spezifisch - gegen Türkei-feindliche und gegen Erdogan-feindliche Tendenzen."
    Touristen aus China und Indien gewinnen
    Tourismus um die politischen Gräben zwischen der Türkei und Europa wieder zuzuschütten. Zusätzlich will man aber auch neue Touristen dazu gewinnen aus China oder Indien beispielweise. Mit Russen und Urlaubern aus dem dem arabischen Raum ist das Geschäft schon gut angelaufen. Dieser Istanbuler Händler ist allerdings wenig begeistert:
    "Die Araber retten das Geschäft momentan. Aber für uns haben die Europär einen anderen Stellenwert. Sie sind gute Kunden. Und im Gegensatz zu den Arabern können wir uns mit den Europär unterhalten, sie sind sympathisch und uns einfach näher. "