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Turkmenistan: Absolute Autonomie oder schrankenlose Selbst-Isolation?

Das allabendliche Nachrichtenprogramm im staatlichen Fernsehen Turkmenistans ist fast schon eine One-Man-Show: Alles dreht sich um den "Turkmen-Bashi", den "Vater aller Turkmenen", wie der offizielle Titel von Staatspräsident Saparmurad Nijazov lautet. Er eröffnet Volksfeste und entlässt in Ungnade gefallene Kabinettsmitglieder. Er verkündet feierlich die kostenlose Versorgung seiner Untertanen mit Salz, Wasser und Gas oder ruft auch schon mal die Einführung einer neuen Zeitrechnung aus, die mit seinem Amtsantritt im Oktober 1990 beginnt.

Elena Beier |
    Damals - über ein Jahr vor dem Zerfall der UdSSR - wurde der hohe sowjetische Parteifunktionär Nijazov noch vom Obersten Sowjet Turkmenistans - einem Pseudo-Parlament - zum Präsidenten gewählt. Seitdem bekleidet er das höchste Staatsamt des zentralasiatischen Landes, das schließlich nach der Implosion der Sowjetunion zum ersten Mal in seiner Geschichte die Unabhängigkeit erlangt hatte. Der Flughafen der Hauptstadt Ashgabat, zahlreiche Straßen und Plätze tragen heute Nijazovs Namen ebenso wie Konsumartikel vom Wodka bis hin zum Parfüm. Sogar eine Hafenstadt am Kaspischen Meer - das ehemalige Krasnawodsk - wurde in Turkmen-Bashi umgetauft. Am 28. Dezember 1999 schließlich hob das turkmenische Parlament dann auch noch die Begrenzung der Amtszeit Nijazovs auf. Seither ist er praktisch Turkmenistans Herrscher auf Lebenszeit.

    Für die Region sei dies aber gar nichts sensationell Neues oder Einzigartiges, betont Uwe Halbach, Zentralasien-Experte vom Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit in Berlin:

    Zunächst einmal entspricht die politische Kultur, die sich in Turkmenistan unter Turkmen-Bashi etabliert hat, im großen und ganzen dem Entwicklungstrend in der Region, wo sich überall Präsidialautokratien etabliert haben, aber diese politischen Züge treibt sie auf die Spitze. Es ist ein Land mit einem bizarren Herrschaftskult um den Präsidenten. Etwas vergleichbares haben wir in den anderen Ländern nicht. Und der Turkmen-Bashi treibt diesen Kult bereits so weit, dass es in den Nachbarländern mit Kopfschütteln quittiert wird.

    Dieses "Kopfschütteln" gilt nicht nur solchen Eskapaden des turkmenischen Präsidenten, wie etwa der Errichtung einer monumentalen goldenen Nijazov-Statue inmitten der Hauptstadt. Ihre Konstruktion hat übrigens eine aparte Besonderheit: Sie wendet den "Vater aller Turkmenen" stets der Sonne zu!

    Im Dezember 1995 wurde der selbsterklärte Status Turkmenistans als neutrales Land von der UNO offiziell anerkannt. Diese Neutralität erfuhr seitdem den Rang eines heiligen Dogmas, so dass Uwe Halbach inzwischen ganz offen von einem außenpolitischem Autismus Turkmenistans spricht:

    Zentralasien ist eine Region, die in ganz hohem Maße wie kaum eine andere Region dieser Welt darauf angewiesen ist, dass diese neuen unabhängigen Staaten miteinander zusammenarbeiten. Zum Beispiel auf dem Gebiet der Wasserverteilung, der Bereinigung der gewaltigen Umweltprobleme, wie der um den Aralsee etwa, wo ja auch Turkmenistan involviert ist. Und das Problem ist, dass die Zusammenarbeit zwischen diesen Staaten denkbar schlecht ist. Und dann kommt noch hinzu, dass Turkmenistan ein Land ist, dass sich wirklich zum Autisten entwickelt hat, sich völlig abgeschottet hat, einen isolationistischen Kurs fährt und damit zu einem besonderen Problem wird in einer Region, wo eine Zusammenarbeit dringend erforderlich wäre.

    Solch eine Zusammenarbeit wäre zum Beispiel auf dem Gebiet der Drogenbekämpfung von besonderer Bedeutung, denn Zentralasien gilt international als einschlägige und ausgesprochen frequentierte Transit-Region:

    Es ist ein sehr schwieriges Problem, das nicht nur Turkmenistan betrifft. Diese Drogenströme, die von Afghanistan ausgegangen sind, haben Zentralasien zu einer erstrangigen Transitregion gemacht in den 90–er Jahren. Turkmenistan ist da nicht das Hauptland, aber Turkmenistan wird im zunehmenden Maße im Zusammenhang mit dem Drogenhandel genannt und zwar in einer sehr exponierten Weise: Der Präsident wird bezichtigt, selber in den Drogenhandel involviert zu sein. Dass staatliche Stellen beim Drogenhandel mitmischen, ist wiederum nichts Ungewöhnliches in Zentralasien.

    Ungewöhnlich ist allerdings, wie damit in Turkmenistan umgegangen wird. So wurden Anfang März 2002 der Leiter und weitere hochrangige Offiziere des turkmenischen Staatssicherheits-Komitees - des KNB - von Nijazov abgesetzt und inhaftiert. Der offizielle Vorwurf lautete "Schmiergeldaffären" und Beteiligungen an Drogengeschäften, Einmischung in die Angelegenheiten des Innenministeriums und der Staatsanwaltschaft. Welche Delikte tatsächlich nachgewiesen werden konnten, ist unklar, doch als Hauptgrund für diese "Säuberung" wird von Experten die Angst Nijazovs um seine politische Macht vermutet.

    Tatsächlich bekleideten die wichtigsten Vertreter der heutigen turkmenischen Opposition die höchsten Regierungsämter, bevor sie zu Nijazovs Gegnern wurden - wie etwa der Ex-Außenminister und zugleich Ex-Vize-Premier Baris Schichmuradov.

    Heute lebt Schichmuradov im ausländischen Exil, denn oppositionelle Tätigkeit ist in Turkmenistan offiziell verboten und wird als "staatsfeindlich" brutal verfolgt. Aus Angst um sein Leben hält Schichmuradov seinen aktuellen Aufenthaltsort stets geheim. Ein Interview mit ihm war - aus Sicherheitsgründen - nur am Telefon möglich:

    Leider weist Turkmenistan in den letzten Jahren alle Anzeichen einer tiefen Wirtschaftskrise auf. Arbeitslosigkeit und Inflation steigen an, während das Lebensniveau der Bevölkerung ins Bodenlose sinkt. So beträgt die Arbeitslosigkeit etwa 40 Prozent und die Glücklichen, die noch Arbeit haben, verdienen im Durchschnitt umgerechnet 30 US-Dollar im Monat. Die Produktion ist in praktisch allen Bereichen der Volkswirtschaft dramatisch - zum Teil um das Zehnfache - gesunken. So ging die Produktion in der Textilindustrie um das Vierfache zurück, obwohl sie als Lieblingskind von Nijazov gilt, in deren Wiederaufbau er in den vergangenen zehn Jahren angeblich rund 7 Mrd. US-Dollar aus der Staatskasse investiert haben will. Die Baumwollernten sanken, die Maschinenbau- und die verarbeitende Industrie, sogar der wichtigste Industriezweig des Landes, die Öl- und die Gasindustrie, befinden sich in einer tiefen Krise.

    Zu Beginn der 90er Jahre baute Nijazov tatsächlich noch darauf, dass die bedeutenden Gasreserven Turkmenistans ausreichen würden, wirtschaftliche Unabhängigkeit und Wohlstand zu bringen. Doch die Rechnung ging nicht ganz auf: Russland betrachtet Turkmenistan als Konkurrenten und war nicht bereit, uneingeschränkten Zugang zum russischen Gaspipelinenetz zu gewähren oder die von der turkmenischen Seite verlangten Preise für Gaslieferungen zu bezahlen.

    Dennoch: Nijazovs Privatvermögen - in westlichen Banken deponiert - wird zumindest in den russischen Medien auf gut drei Milliarden US-Dollar geschätzt. Es soll in erster Linie aus dem Verkauf von Turkmenistans Erdöl und Gas stammen. Und so wirft der Exil-Oppositionelle Schichmuradov dem amtierenden Präsidenten Nijazov vor, persönlich daran schuld zu sein, dass sich das Land in einer wirtschaftlichen Krise befindet:

    Anstatt die während der Perestroika der Gorbatschow-Ära eingeleiteten Reformen der Kommando- und Planwirtschaft hin zu einer Marktwirtschaft weiterzuführen, schlug Nijazov einen Kurs in Richtung "Militärkommunismus" ein. Doch während der Militärkommunismus noch die Zwangsumverteilung der Güter von Erzeugern und Verbrauchern vorsieht, steht in Turkmenistan der größte Teil der liquiden Staatsfinanzen und der erzeugten Güter dem Präsidenten ganz persönlich zur Verfügung.

    Boris Schichmuradov, Führer der sogenannten "Demokratischen Opposition" Turkmenistans, wird nicht müde zu betonen, dass das turkmenische Volk nicht nur in bitterer Armut lebe, sondern auch politisch vollkommen entmündigt worden und seiner demokratischen Rechte beraubt sei:

    Das Volk hat keinerlei Möglichkeit, seine Meinung zu äußern. Es fehlt an demokratischen Einrichtungen wie zum Beispiel Nichtregierungs-Organisationen. Das alles ist verboten. Wir, die Volksdemokratische Bewegung Turkmenistans rufen unser Volk nicht auf die Barrikaden, aber wir wollen frei und ohne Angst, gegen das Regime von Nijazov protestieren. Und hier wäre für uns die Erfahrung, aber auch die Unterstützung der westlichen Demokratien sehr wichtig, deren Vertreter in unserer Region eigentlich sogar physisch anwesend sind.

    Doch diese Hoffnung auf einen Druck von Außen wird wohl gerade in Turkmenistan enttäuscht werden, vermutet der Berliner Zentralasien-Experte Uwe Halbach:

    Im Moment ist ja weltpolitisch angesagt, Zentralasien zu stabilisieren. Nach dem 11. September ist ja keine Region der Welt so ins internationale Blickfeld geraten wie die von Afghanistan nördlich vorgelagerten sowjetischen Republiken Zentralasiens. Und in allen diesen Ländern sind zur Zeit Chancen entstanden, auf die Regierungen einzuwirken, ihnen durchaus auch Bedingungen zu stellen. Da schert Turkmenistan weitgehend aus, weil es sich auf dieses Prinzip der Neutralität beruft, das in Turkmenistan wirklich als Götze präsentiert wird, als ein Teil der Weisheit des "allmächtigen und weisen Turkmen-Bashi" und diese Politik der Neutralität wird in der Tat so umgesetzt, dass das Land sich abschottet, während andere Staaten dieser Region das Gegenteil suchen, nämlich eine Verstärkung ihrer internationalen Kontakte, eine stärkere Einbeziehung in die internationale Gemeinschaft. Und von daher sind die Einwirkungsmöglichkeiten auf Turkmenistan für alle externen Akteure sehr viel geringer, als etwa auf Kasachstan oder selbst auf Usbekistan.

    Auch die Mittel der Diplomatie sind offenbar weitgehend begrenzt. Und so spricht der deutsche Botschafter in Turkmenistan Hans Günther Mattern viel lieber über die kleinen Entwicklungshilfeprojekte, die die Botschaft betreut. Man bemühe sich darum - Zitat - , "gesprächsfähig zu bleiben".

    Aber: Worüber kann man sich denn eigentlich mit offiziellen Vertretern eines Staates unterhalten, der im Report der "Internationalen Helsinki-Föderation für Menschenrechte" wörtlich als das "vielleicht repressivste OSZE-Mitglied" bezeichnet wird? - Botschafter Mattern:

    Turkmenistan ist ein Mitglied in OSZE und gehört damit zur europäischen Völkerfamilie. Wir sprechen mit den Turkmenen darüber, wie man einen Staat organisiert, über gemeinsame Werte, die wir haben, als Mitgliedsstaaten der OSZE und natürlich sprechen wir mit den Turkmenen darüber, wie wir ihr wichtigstes Exportgut, nämlich Erdgas verwenden können. Die Turkmenen haben gewaltige Vorräte an Erdgas von denen wir langfristig gerne hätten, dass sie auf dem europäischen Markt verkauft werden.

    Doch außer den Europäern pokern derzeit auch Moskau und Peking um das turkmenische Erdgas. Und auch die US-amerikanische Wirtschaft zeigt reges Interesse und gibt sich im Lande wesentlich präsenter als die europäische Konkurrenz. Unter diesen Umständen redet kaum noch jemand über politische Missstände. Doch Uwe Halbach mahnt zur Vorsicht:

    Wenn man nun, um die Zugänge zu Energielagerstätten zu sichern, mit fragwürdigen politischen Regimen zusammenarbeitet und diese auf Dauer stabilisiert, dann ist es genau die Entwicklung, wie der Persische Golf sie durchgemacht hat. Man schafft Rentier-Staaten mit so fragwürdigen internen Gegebenheiten, wie Saudi-Arabien sie aufweist. Es war zumindest die Willensbildung in Europa, das zu verhindern. Das impliziert natürlich, dass man mit diesen Regierungen eine Art kritische Solidarität pflegt.

    Doch das traut sich kaum jemand. Dennoch wehrt sich Hans Günter Mattern gegen den Vorwurf der "Leisetreterei", den er wohl des öfteren von Nichtdiplomaten gehört hat:

    Den Diplomaten wird oft vorgeworfen, sie treten leise, wenn sie mit anderen Regierungen sprechen. Es mag sein, vielleicht ist der Begriff sogar richtig. Da kann ich nur sagen: Laut auftreten kann jeder.

    Dennoch: Gerade aus Deutschland - aus Köln - kommt einer der "lautesten" Auftritten gegen das Regime des Turkmen-Bashi:

    DEUTSCHE WELLE, "FOCUS", Am Mikrofon begrüßt Sie Vitali Volkov. In den Medien wird ständig das Thema des Drogentransits aus Afghanistan behandelt. Unter anderem spricht man über die Verbindungen der afghanischen Drogenhändler zu den Staatssicherheitsstrukturen Turkmenistans. Unsere heutige Ausgabe erhebt keinen Anspruch auf Verallgemeinerung. Wir bieten Ihnen nur einige Zeugenaussagen, die unser Korrespondent Oraz Saryev von den Leuten erhalten konnte, die über unmittelbare Kenntnisse von dem Drogentransit von Afghanistan über Turkmenistan verfügen. Darunter auch der ehemalige Mitarbeiter der Turkmenischen Staatssicherheit - KNB -, der in der Abteilung für Drogenbekämpfung tätig war...

    Seit November 2001 gehen Vitali Volkov und seine Kollegen jeden Tag auf Sendung. Spezielle Nachrichten und Beiträge in russischer Sprache für ganz Zentralasien. Besonders für die Menschen in Turkmenistan ist es eine der wenigen Möglichkeiten, unzensierte Informationen über ihr eignes Land zu bekommen. Denn von Pressefreiheit ist im Reich des Turkmen-Bashi schon lange keine Rede mehr: Zeitungen, Radio und Fernsehen sind Teile der Propagandamaschine des Regimes. Kritische Journalisten sind längst außer Landes oder wurden zum Schweigen gebracht, erzählt der Journalist, Buchautor und Zentralasien-Experte Volkov:

    Auch unsere Korrespondenten werden beschattet und in ihrer Arbeit behindert. Daher sind wir gezwungen, auf Methoden zurückzugreifen, die zwar an Spionagefilme aus der Zeit des Kalten Krieges erinnern mögen, aber für die Sicherheit der Kollegen unbedingt notwendig sind. Wer aus der eigenen Wohnung telefonisch berichtet, wie es zum Beispiel Saparmurad Owesberdy für den US-Sender "Radio Liberty" versucht hatte, der riskiert sein Leben.

    Der Empfang ausländischer Medien beispielsweise via Satelliten-Fernsehen ist den Machthabern in Ashgabat ein Dorn im Auge. Sogar das Abonnieren von russischen Zeitungen ist offiziell verboten:

    In Turkmenistan wird konsequent eine Politik des "Eisernen Informations-Vorhangs" betrieben. Das betrifft nicht nur die lokalen Medien, sondern es besteht ein Einfuhrverbot für die meisten ausländischen Zeitungen. Die russische Sprache wird gezielt verdrängt. Denn sie hat bis jetzt den Turkmenen eine wichtige Möglichkeit geboten, sich unabhängige Informationen zu besorgen, zum Beispiel im Internet. Doch auch das Internet unterliegt in Turkmenistan staatlicher Kontrolle. Der Zugang zu regimekritischen Seiten ist gesperrt.

    Dieser "Eiserne Informationsvorhang" verhindert auch den Einblick von Außen: Mehr als Kuriositäten-Berichterstattung, wie etwa die Einführung einer neuen Zeitrechnung in Turkmenistan oder die gefärbten Haare des Turkmen-Bashi, dringt selten ins Ausland. Die wenigen westlichen Journalisten, die überhaupt nach Turkmenistan reisen dürfen, bekommen ihre Interviewpartner von den zuständigen turkmenischen Behörden ausgesucht. Auch Menschenrechtsorganisationen haben kaum eine Möglichkeit, sich etwa vor Ort über die mörderischen Haftbedingungen in dem Lande zu informieren, das sich auf der internationalen Bühne offiziell rühmt, die Todesstrafe abgeschafft zu haben. Doch wenn man sich wirklich informieren will, gebe es immer noch genug Quellen, wie Georg Warning von Amnesty International/Deutschland weiß:

    Um sich ein Bild davon zu machen, wie es in den turkmenischen Gefängnissen aussieht, hat Amnesty selber keinen direkten Zugang, aber wir können die ehemaligen Gefangenen befragen, und davon gibt es auch einige, die inzwischen im Exil leben. Sie berichten, dass die Gefängnisse in Turkmenistan stark überfüllt sind, dass man zum Teil auch Bestechungsgeld zahlen muss, um frische Luft zu bekommen, dass die Tür aufgesperrt wird, damit bei der Hitze zwischen 40 bis 50 Grad Celsius, die dort im Sommer herrscht, die Leute nicht ersticken. Und die, die kein Geld haben, die ersticken. Allein schon die Haftbedingungen sind dort mörderisch. Und es kommt natürlich noch dazu, dass, wenn die Leute so gebündelt leben, dann haben sie Hautkrankheiten, Tuberkulose wegen der schlechten Ernährung, Cholera und andere Krankheiten. So etwas über längere Zeit zu überleben, ist ein Sechser im Lotto.

    Schon allein der Verdacht, mit der Opposition zu sympathisieren, kann einen Menschen in Turkmenistan ins Gefängnis bringen. Überwiegend unter Folter erzwungene Geständnisse gelten dann als Grundlage für Verurteilungen und nicht selten für weitere Festnahmen aus dem Verwandten-, Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreis .

    Wie lange die Geduld des turkmenischen Volkes angesichts der bitteren Armut, des zerstörten Gesundheits- und Bildungswesens, sowie des autoritären repressiven Herrschaftsstils des Turkmen-Bashi Nijazov reicht, vermag heute allerdings niemand vorauszusagen. Eine im westlichen Sinne demokratische Tradition gibt es in der gesamten zentralasiatischen Region nicht. Eine wirklich demokratische Alternative zu den autoritären Regierungen Zentralasiens - auch in Turkmenistan - sei derzeit ebenfalls nicht zu erkennen, bedauert Uwe Halbach vom Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit. Dies dürfe aber keinesfalls bedeuten, den Dingen tatenlos ihren Lauf zu lassen:

    Zumindest sollte man die Regierungen auf die Dinge ansprechen, die schlichtweg falsch laufen. Das muss gar nicht unbedingt mit der Ermahnung zu mehr Demokratie gemacht werden, aber wir sollten doch hinweisen auf etwas, was man in der politologischen neudeutschen Sprache "good Governance" also, "gute Regierungsführung" bezeichnet. Das kann auch im Rahmen eines autokratischen Systems sein. Wir sollten klar sehen: was die Präsidenten wie Nijasov angesagt haben, nämlich eine autoritäre Stabilisierung der Region angesichts der großen Probleme, die sie hat, wo man angeblich nicht gleich eine Demokratie realisieren kann, hat eben nicht zu den Resultaten geführt, die in dieser Formel enthalten sind: Sie hat nicht Stabilität geschaffen in den Ländern und sie hat in den allermeisten Fällen nicht die Autorität der Regierung in der Bevölkerung gestärkt. In keinem dieser Länder genießt der Präsident wirkliche Autorität im Sinne von "autoritativ" und nicht im Sinne von "autoritär".