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TV-Doku über die "New York Times"
"Journalisten sind nicht perfekt"

Sie haben Ermittlungen gegen die US-Regierung eingeleitet und am Image des Präsidenten als Selfmade-Millionär gekratzt - mit ihren investigativen Recherchen hat sich die "New York Times" Donald Trump zum Feind gemacht. Eine vierteilige Dokumentation beleuchtet nun dieses schwierige Verhältnis.

Von Christoph Schäfer | 11.10.2018
    Der Gebäude der "New York Times" in Manhattan - mit gelben Taxen im Vordergrund.
    Der Redaktionssitz der "New York Times" in Manhattan (imago / Rüdiger Wölk)
    Der "New York Times"-Journalist Matthew Rosenberg – Eine Szene aus der Dokumentarreihe "Mission Wahrheit": Rosenberg, hier mit seiner deutschen Synchronstimme, recherchiert im Team die Verbindung zwischen der US-Regierung von Donald Trump und Russland – der Auftakt einer umfassenden investigativen Recherche der "New York Times" 2017 über das erste Jahr von Trumps Präsidentschaft. Und: ein Anlass für diese Dokumentation.
    Die Reihe mit insgesamt vier Episoden wird auf dem Filmfestival Cologne zum ersten Mal vor deutschem Publikum gezeigt.
    "Unsere Arbeit hervorzuheben, was wir machen und wie wir es machen – das ist etwas, dass uns nur helfen könnte. Es war generell keine beliebte Entscheidung. Es gab Mitarbeiter, gerade am Anfang, die meinten: Ich will nicht dabei sein", erinnert sich Matthew Rosenberg.
    "Ein heikler Balanceakt"
    15 Monate begleiteten unabhängige Filmemacher um die Regisseurin Liz Garbus die Arbeit in den Redaktionsräumen der "New York Times". Einblicke in eine weltweit bekannte Redaktion und auch in private Momente der Journalisten.
    "Es gab Mitarbeiter, die den Filmemachern gelegentlich zugerufen haben: 'Geh mir aus dem Weg!' Zum Beispiel: In der ersten Episode gibt es eine Szene, in der wir ein Meeting haben und über unsere Story, an der wir arbeiten, reden. Wir haben sie am Meeting teilnehmen lassen. Wir diskutierten recht sensible Informationen, die wir von sehr sensiblen Quellen erhalten haben. Und nach etwa fünf Minuten haben wir gesagt: 'Leute, ihr müsst gehen!' Weil wir alle wie Gangster klangen: 'Ja, ich habe das von dem einen Typen erfahren – der ist ein guter Kerl!' Weißt du, wir konnten den einen Typen nicht mit Namen nennen - und das klang absurd. Es war ein heikler Balanceakt."
    Journalisten auch nur "gewöhnliche US-Bürger"
    Die Dokumentation zeigt also nicht alles - nicht jede Redaktionskonferenz und nicht jeden Arbeitsschritt Und doch traut sie sich, auch weniger rühmliche Momente abzubilden: Wie den Streit unter Kollegen um Formulierungen in Artikeln, die Proteste um Stellenkürzungen in der eigenen Redaktion oder das offensive Twitterverhalten einiger Mitarbeiter. Dass diese Szenen der Marke "New York Times" schaden, erwartet Rosenberg nicht.
    "Es gibt ganz sicher eine Menge Schwächen in dem Film. Aber es ist keine schlechte Sache, wenn Menschen sehen, dass wir für eine Institution arbeiten, die menschlich ist, weil sie von Menschen geführt wird. Ich habe während meiner Jahre in den Medien – bei der 'Times' oder woanders – bemerkt, dass Leser manchmal dazu neigen, so ein Level an Allwissenheit vorauszusetzen. So wie: 'Wie könnt ihr nicht darüber Bescheid wissen?!' Naja, dafür gibt es eine Menge Gründe. Wir versuchen es. Aber es läuft halt nicht alles perfekt."
    Die Journalisten bei der New York Times seien wie jeder andere gewöhnliche US-Bürger, betont der Zeitungsmann.
    "Faszinierende Zeiten für Medien"
    Trumps Politik zieht sich wie ein roter Faden durch die Doku-Episoden: Die Zuschauer verfolgen die Redaktion, wie sie ständig Artikel über die Administration des Milliardärs und andere Ereignisse im Weißen Haus veröffentlicht. Ob die "New York Times" damit einen Präsidenten "normalisiert", der sich ziemlich von seinen Vorgängern unterscheidet?
    "Das ist ein Mann, der rechtmäßig zum Präsidenten gewählt wurde. Er macht vielleicht Sachen, die ungewöhnlich sind, die langfristig vielleicht Schaden anrichten oder Gutes tun. Aber du musst darüber berichten. Und du kannst sie nicht ignorieren – nur weil du denkst, dass es schlechte politische Entscheidungen sind oder du ihnen keine Aufmerksamkeit schenken willst. Das ist keine Option für jemanden, der die mächtigste Person in den Vereinigten Staaten ist. Und offensichtlich einer der mächtigsten Menschen in der Welt."
    Die US-Politik beschere der Welt derzeit Folgendes, findet Rosenberg: faszinierende Zeiten für Medien und spannende Berichterstattung. Und damit ganz sicher auch Stoff für weitere investigative Recherchen.
    Die vierteilige Dokumentation "Mission Wahrheit - Die New York Times und Donald Trump" von Liz Garbus ist am Dienstag, 06.11.18 zwischen 20:15 - 23:45 Uhr bei Arte zu sehen. Weitere Termine finden Sie hier.