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TV-Serie "Das Boot"
Hommage in neuen Gewässern

Der Pay-TV-Sender "Sky" verarbeitet den Filmklassiker "Das Boot" zu einer achtstündigen Serie - und macht dabei vieles richtig. Die Neuauflage kommt nach 37 Jahren zeitgemäßer und abwechslungsreicher daher, mit starken Frauenfiguren und düsterer Atmosphäre.

Von Julian Ignatowitsch | 23.11.2018
    Klaus Doldinger, Filmkomponist, kommt zur Premiere der TV-Serie "Das Boot" in die Bavaria Studios
    Die Musik von Klaus Doldinger prägt auch die TV-Serie "Das Boot" - hier bei der Premiere. (dpa (Tobias Hase))
    Nach 37 Jahren sticht das Boot wieder in See. Oder soll man besser sagen: neun Monate später?
    Kapitän Hoffmann: "Dieses Boot ist neu. Wir werden es testen. Vor allem aber wird es uns testen."
    Denn in der Serie "Das Boot" handelt sich nicht um "U-96" aus dem legendären Film von Wolfgang Petersen, sondern ein Nachfolgerboot, die "U-612", unter dem Kommando von Kapitän Klaus Hoffmann, der das Kommando dem Heldentod seines Vaters verdankt.
    Kapitän Hoffmann: "Wir sind Männer der See. Das verpflichtet uns nicht nur den Elementen, sondern auch dem Feind, die Stirn zu bieten."
    Düstere Atmosphäre
    Schon das ein kluger Schachzug des Pay-TV-Senders Sky und der damals wie heute beteiligten Bavaria Film Studios. So fährt die Neuauflage von "Das Boot" in unbekannten Gewässern, erzählt eine eigenständige, neue Geschichte und kann den unweigerlich aufkommenden Vergleichen zur großartigen Filmvorlage bestens standhalten.
    Gleich vorweg: Die Serie "Das Boot" ist eine düstere, packend und opulent inszenierte Großproduktion aus deutschem Haus mit Hollywood-Format.
    Zwei Handlungsstränge sind tonangebend: Einerseits (und im Vordergrund) der gnadenlose U-Boot-Krieg zur See. Wir sehen, wie die Crew feindlichen Angriffen ausgesetzt ist, wie sie selbst angreift; wie ein amerikanischer Kriegsgefangener, gespielt von "Mad-Men"-Star Vincent Kartheiser, an Bord kommt und die Besatzung in Aufruhr versetzt; wie minderjährige Crew-Mitglieder vor den Befehlen still stehen, streiten und sterben.
    Matrose: "Er ist über Bord gegangen. Auf 30 Meter gehen."
    Zeitgemäßes Serienformat
    Und dann ist da andererseits der Konflikt an Land, in der Küstenstadt La Rochelle, wo das Boot (das alte wie das neue) ausläuft. Die deutschen Besatzer um Gestapo-Chef Hagen Forster (Tom Wlaschiha) jagen die französischen Aufständischen um die Freiheitskämpferin Carla Monroe. Eine Deutsch-Französin, die Übersetzerin Simone Strasser (Lizzy Caplan), gerät zwischen die beiden Fronten. Ein Spiel um Liebe, Verrat und Tod beginnt.
    Übersetzerin Strasser: "Ich bin Deutsche. Bei meiner Geburt war das Elsaß deutsch. Jetzt auch wieder."
    Starke Frauenfiguren, eine geschickt verwobene Narration, schicke Optik, atmosphärische Musik, historische Genauigkeit, Intrigen, Spannung und Action - "Das Boot" hat quasi alles, was eine Serie 2018 mitbringen muss.
    Schonungslose Darstellung des Krieges
    Dabei hat Sky einen immensen Aufwand für sein Prestigeprojekt betrieben: 27 Millionen Euro kostet die Produktion, die in vier Ländern (Frankreich, Deutschland, Tschechien, Malta) mit 79 Schauspielern und mehr als 1000 Statisten abgewickelt wurde. In einem 45 Meter langen Set wurden die U-Boot-Innenräume nachgebildet, zwei Monate dauerte allein die Sanierung der Außenfassade eines historischen Untersee-Bootes.
    Die Produktionsbedingungen können es also definitiv mit der Filmvorlage von 1981 aufnehmen - und auch das Ergebnis: Die Brutalität des U-Boot-Krieges, dem im Zweiten Weltkrieg 30.000 (vor allem junge) Männer zum Opfer fielen, offenbart sich schonungslos. So wie schon bei Lothar-Günther Buchheims Romanvorlage. Allein 23 Figuren sterben in den acht Folgen.
    Gestapo-Chef Hagen Forster: "Ich bin für Vergeltung - mit aller Härte!"
    Eine Hommage an den Klassiker
    Dabei macht die Serie nicht den Fehler den klaustrophoben Charakter allzu sehr imitieren zu wollen, was schon aufgrund der neuen Sehgewohnheiten (auf Handy, Laptop und Tablet) schwierig wäre. Stattdessen erhält der Krieg eine weitreichender Perspektive, was bei acht Stunden Spielzeit abwechslungsreich ist. Die Optik ist eleganter, der Rhythmus ausgewogener. Die Figuren sind ambivalenter, und ja, Frauen sind dabei. Kurz: Das Boot kommt 37 Jahre später zeitgemäßer, aber auch etwas glatter daher.
    Kapitän Hoffmann: "Zwei U-Boote. Das sind 100 Tote Kameraden."
    Und trotzdem ist die Serie eine Hommage, was allein an der eng am Original angelehnten Titelmusik von Klaus Doldinger deutlich wird. In der ersten Szene sinkt das alte Boot - und bereitet damit den Weg für das neue.
    Regisseur Andreas Prochaska und sein starkes Ensemble haben dieses riskante Unterfangen stark gemeistert. Auch wenn Prochaska wissen ließ, er habe jetzt erstmal genug von U-Booten, untertauchen muss er sicher nicht.