Die TV-Rechteeinnahmen sind die wichtigste Geldquelle für die 36 Profifußballvereine in Deutschland: Sie machen fast 80 Prozent ihres Umsatzes aus. Alle vier Jahre vergibt die DFL die Übertragungsrechte, wobei Sky und DAZN aktuell die Hauptinteressenten sind. Eigentlich sollten die Rechte ab der Saison 2025/26 längst vergeben sein, aber ein Streit zwischen der DFL und DAZN um das wichtigste und größte Rechtepaket B sorgt für Verzögerungen. Nun muss neu auktioniert werden.
Inhalt
- Was ist das Ergebnis des Schiedsverfahrens?
- Warum ist die Auktion um die Medienrechte an der Bundesliga ausgesetzt?
- Um wie viele Bundesliga-Spielzeiten und um wie viel Geld geht es?
- Wie begründet die DFL ihren Standpunkt, wie DAZN?
- Welche Folgen könnte der Schiedsspruch haben?
- Wie schätzen Experten den Streit zwischen DFL und DAZN ein?
Was ist das Ergebnis des Schiedsverfahrens?
DAZN hat ein Schiedsgerichtsverfahren gegen die Deutsche Fußball Liga (DFL) gewonnen. Das Urteil verpflichtet die DFL, die strittige Teil-Auktion des wichtigen Rechtepakets B neu durchzuführen. DAZN zeigte sich "erfreut" und betonte, dass es der beste Partner für die DFL, für die Vereine und für die deutschen Fußballfans sei. Die DFL verwies auf die für November angekündigte Begründung der Entscheidung des Schiedsgerichts und verzichtete zunächst auf eine Kommentierung. Details für die Fortsetzung der Medienrechtevergabe sollen "nach weiterer inhaltlicher Abstimmung im DFL-Präsidium" bekannt gegeben werden.
Warum ist die Auktion um die Medienrechte an der Bundesliga ausgesetzt?
Die Auktion wurde gestoppt, weil es einen Streit zwischen der DFL und DAZN gibt. DAZN fühlt sich benachteiligt, da es trotz des angeblich finanziell überlegenen Angebots (400 Millionen Euro pro Saison) das größte Rechtepaket (Paket B) nicht erhalten hat. Dieses umfasst die meisten Spiele: insgesamt 196, inklusive der Samstagsspiele um 15:30 Uhr, also zur Kernzeit der Fußball-Bundesliga, dazu die Freitagsspiele und die zwei Relegationsspiele zwischen der Bundesliga und 2. Liga.
Stattdessen ging das begehrte Paket zunächst erneut an Sky. Die DFL hatte von DAZN zusätzliche Finanzgarantien in Form einer Bankbürgschaft verlangt, die DAZN nicht in der geforderten 24-Stunden-Frist vorlegen konnte - erst später. DAZN sieht darin eine Diskriminierung und hat das Bundeskartellamt und die Deutsche Institution für Schiedsgerichtbarkeit DIS eingeschaltet. Dieses Schiedsgericht gab der Klage teilweise statt.
Um wie viele Bundesliga-Spielzeiten und um wie viel Geld geht es?
Es geht um die Übertragungsrechte für die vier Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29. DAZN hatte ein Angebot von 400 Millionen Euro pro Saison abgegeben, was insgesamt 1,6 Milliarden Euro für diesen Zeitraum bedeutet. Laut DAZN fällt dieses Angebot rund 300 Millionen Euro höher aus als das der Konkurrenz. Die Vereine bekommen aktuell insgesamt rund 1,1 Milliarden Euro pro Saison, davon zahlt DAZN aktuell rund ein Viertel.
Wie begründet die DFL ihren Standpunkt, wie DAZN?
Die DFL weist die Vorwürfe von DAZN zurück und betont, keine Formfehler gemacht zu haben. Sie hatte allerdings wohl Sorge, dass das Geld nicht mehr pünktlich reinkommt. Denn angeblich - das ergeben Recherchen der FAZ - hat DAZN in der Vergangenheit nicht immer pünktlich gezahlt.
Ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag sei zum Zeitpunkt der Auktion noch offen gewesen, weshalb die DFL Geld von extern aufnehmen musste, um die Vereine zu bezahlen. Nun wollte die DFL sicherstellen, dass zukünftige Zahlungen zuverlässig geleistet werden, denn sie hat in der Vergangenheit auch schon schlechte Erfahrungen mit anderen Playern gemacht: Kirch-Gruppe, Eurosport, Arena.
DAZN hingegen betont, dass sein Angebot das finanziell attraktivste war. Es sei ungerecht behandelt worden, da bisher eine Patronatserklärung ausreichend gewesen sei. Dieses wird zwischen einem Mutterunternehmen und dessen Tochtergesellschaft ausgesprochen, um die Zahlungsfähigkeit des Tochterunternehmens und damit einen Zahlungsausfall für dessen Gläubiger auszuschließen. Die zusätzliche Forderung nach einer Bankbürgschaft innerhalb von 24 Stunden war laut DAZN nicht verhältnismäßig und zuvor nicht üblich.
Frederik Wiemer, Spezialist für Kartell- und Sportrecht, stellte ebenfalls schon vor der Entscheidung des Schiedsgerichts infrage, ob die Ausschreibung wirklich fair und transparent war, da DAZN möglicherweise nicht genug Zeit hatte, die geforderte Bankgarantie vorzulegen.
Welche Folgen könnte der Schiedsspruch haben?
Zunächst einmal konkrete: Die Medienrechte für das Premium-Paket B werden neu auktioniert. Das bedeutet, dass sich der gesamte Prozess weiter verzögert. Es könnte aber den den Wettbewerb fairer gestalten - vielleicht auch für die Abonnenten. Denn die Erfahrung zeigt: Wenn sich der Rechtemarkt auf einen Anbieter konzentriert, kommt es zu einer Monopolstellung und die Abo-Preise steigen. Die Vereine bleiben allerdings weiterhin im Ungewissen, mit wie viel Geld sie ab der kommenden Saison planen können.
Wie schätzen Experten den Streit zwischen DFL und DAZN ein?
Wirtschafts- und Medienexperten bewerten die Situation unterschiedlich. Sportökonom Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Köln zeigt Verständnis für die DFL und weist auf die Erfahrungen aus der französischen Liga hin, wo ein Rechteinhaber zahlungsunfähig wurde. Die DFL setze also auf maximale Sicherheit.
Einer seiner Kollegen, Sportökonom Sebastian Uhrich, betonte zudem im Dlf-Gespräch, die Auktion sei zwar "aus Liga-Sicht nicht gerade professionell gelaufen". Es gibt Kritik an der Führung der DFL und den Kommunikationsfehlern, die diese Auseinandersetzung und auch den gescheiterten Investorendeal begleitet haben. Sportkommunikationsprofessor Michael Schaffrath beschrieb zuletzt die derzeitigen „Nebengeräusche“ als untypisch für diese Art von Ausschreibung.
Aber, so Sportökonom Uhrich: "Auf der anderen Seite sehe ich die Liga zum jetzigen Zeitpunkt alles andere als als Verliererin. Letztendlich kommt es drauf an, was sie erlösen werden. Und ich würde mich wundern, wenn das weniger ist als das, was jetzt Sky mutmaßlich geboten hat." Der Pay-TV-Sender müsse in der neuen Auktion für das Rechtepaket B wohl sein bisheriges Angebot von offenbar 320 Millionen Euro pro Saison erhöhen, erklärte Uhrich: "Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass DAZN sein Angebot herabsetzt."
Zudem gebe es laut Christoph Breuer noch einen zweiten Aspekt, der den Pay-TV-Sender betrifft: Sky wäre ohne das große Paket nicht mehr überlebensfähig, da dort nur noch die 2. Liga gezeigt werden würde. Die DFL habe aber langfristig über die nächsten vier Jahre hinaus Interesse an hohen Preisen. Dazu ist ein starkes Wettbewerbsumfeld notwendig, in dem mehrere Anbieter wie DAZN und Sky agieren.
Allerdings ist die Aufhebung des Alleinerwerbsverbots, der sogenannten No-Single-Buyer-Rule, ein zentraler Punkt der neuen Ausschreibung. Zuletzt durften Live-Rechte nicht von einem einzigen Pay-TV-Anbieter erworben werden, sondern mussten auf mindestens zwei verteilt werden, wie aktuell bei Sky und DAZN bis 2025. Nun könnte ein einzelner Anbieter alle Pay-TV-Rechte erhalten. Für die Fans sei das ein wichtiges Signal, sagte Sportmarketing-Experte Marco Klewenhagen gegenüber dem Deutschlandfunk:
Was für die Fans wichtig war, dass die No-Single-Buyer-Rule abgeschafft worden ist.
Es bestehe die Hoffnung, dass die Fans in Zukunft nur noch ein TV-Abo abschließen müssen. Wie aber nachher die Preisgestaltung für die einzelnen Abos aussehen werde, sei am Ende Kaffeesatzleserei und nicht absehbar, sagte Klewenhagen.
Laut dem Kartellrechtsexperten Mark E. Orth war es ein „taktisch riesiger Fehler“, die Auktion zu stoppen, da eine Wiederholung der Auktion höchstwahrscheinlich nicht zu besseren Angeboten führen wird. Die Unsicherheit, die normalerweise für Bieter besteht, sei durch die Kenntnis der jeweiligen Gebote von Sky und DAZN bereits untergraben. Das unterstrich auch der Sportmarketing-Experte Marco Klewenhagen im Dlf: "DAZN und Sky wissen jetzt voneinander, was der jeweils andere bereit war, zu bieten. Das ist wie Pokern, wo die Hälfte der Karten des anderen offen auf dem Tisch liegt."
Was Sky unter Druck setze. Denn der Sender müsse klären, "wie viel Fußball-Bundesliga es braucht, um für den deutschen TV-Abonnenten-Markt künftig noch ausreichend attraktiv zu sein", da DAZN offenbar "sehr willens ist, strategische Investitionen zu tätigen, um (...) den direkten und stärksten Konkurrenten vom Markt zu drängen".