Montag, 06. Mai 2024

Bundesliga-Übertragungen
Welche Strategie verfolgt DAZN?

Die gestoppte Auktion für die Medienrechte der Deutschen Fußball-Liga wirft viele Fragen auf. War es ein abgekartetes Spiel zwischen der DFL und Sky? Welche Strategie verfolgt der Ligaverband? Und auch: Welche Pläne hat DAZN? Auch die Zukunft von Sky ist unklar.

Von Piet Kreuzer | 21.04.2024
Mikrofone mit den Logos von DAZN und der Bundesliga liegen nebeneinander.
Als Haupt-Übertragender könnte DAZN Mitbieter möglicherweise langfristig beschädigen. (IMAGO / Sportfoto Rudel / IMAGO / Pressefoto Rudel / Robin Rudel)
So etwas gab es noch nie, die Auktion der Medienrechte der Deutschen Fußball-Liga gestoppt. Ein Abschluss des milliardenschweren Geschäfts erst einmal nicht in Sicht. „Die DFL wird mit Sicherheit ein Interesse daran haben, dass es einen Bieterwettkampf gibt“, glaubt der Medienwissenschaftler Marcus Bölz. Er ist Leiter des Instituts für Sportkommunikation an der Fachhochschule des Mittelstandes.
„Und ich glaube, dass die Angst bei der DFL durchaus sein könnte, dass es diesen Wettkampf nicht mehr gibt, sich niemand mehr den Kauf dieser Rechte leisten kann. Und wenn es dann am Ende nur noch ein Player ist, der interessiert ist zu zahlen, dann kann natürlich dieser eine Player auch viel besser solche Wettkämpfe für sich in Zukunft so gestalten, dass er auch weniger zahlen muss“, sagt Bölz.
Für die Deutsche Fußball-Liga ist dieser Bieter-Wettkampf existenziell. Denn nach dem gescheiterten Investorendeal steht die Liga mit dem Rücken zur Wand. Die Erlöse aus dem Rechteverkauf müssen wenigstens auf dem Niveau bleiben wie bisher, also bei rund einer Milliarde Euro pro Saison. Um den Vereinen Planungssicherheit zu geben, soll schnellstmöglich ein Abschluss her, denn es geht um die Rechte ab Sommer 2025.

DAZN erhebt Vorwürfe

Um das Wettbieten anzuheizen, hat die DFL die rund 15 Rechtepakete neu zugeschnitten. Das Herzstück, Paket B wird jetzt zum Zankapfel. Hier geht es um zwei Drittel der Partien, darunter alle Spiele am Freitagabend, Samstagnachmittag und die Relegation. Der Streit hinter den Kulissen, zwischen Liga und Bieter DAZN ist so groß, dass es zum Auktionsstopp gekommen ist. Viele Beobachter sehen darin einen großen taktischen Fehler:
„Das hat mich schon überrascht, gerade weil er ja auch öffentlich geworden ist. Und insofern müssen da schon Dinge vorgefallen sein, die jetzt noch nicht alle ans Tageslicht gekommen sind“, glaubt Sportökonom Sebastian Uhrich von der Deutschen Sporthochschule Köln, wie er im BR gesagt hat.
Der Hintergrund des Eklats: Der Streamingdienst DAZN erhebt schwere Vorwürfe. Nämlich: trotz eines finanziell besseren Angebotes nicht den Zuschlag bekommen zu haben. Das verstoße gegen deutsches und europäisches Kartellrecht, schreiben die Anwälte von DAZN. Streitpunkt ist eine geforderte Bankbürgschaft.

Bundeskartellamt ist eingeschaltet

„Wenn man die letzten Jahre so ein bisschen verfolgt und sieht, dass doch die Rechtekäufer da einige Probleme hatten, das auch zu refinanzieren. Es ist durchaus legitim und wenig überraschend, dass sich die DFL hier auch absichern möchte“, sagt Sebastian Uhrich. Er spielt dabei unter anderem auf die Zahlungsschwierigkeiten von Eurosport vor einigen Jahren an, als der Sender aus dem Vertrag ausstieg.
Aber DAZN hatte eine sogenannte Patronatserklärung ihres Besitzers vorgelegt. Bei der letzten Auktion vor vier Jahren reichte die der DFL und auch dieses Mal war der Liga seit Einreichung der Unterlagen vor einigen Wochen die Erklärung bekannt. Doch jetzt forderte die DFL laut DAZN eine Bankbürgschaft, die jedoch in 24 Stunden nicht beizubringen sei.
Der Streamingdienst geht deshalb davon aus, das höchste Angebot abgegeben zu haben. Ansonsten mache die Nachfrage nach einer Bankbürgschaft aus Sicht des Senders wenig Sinn. DAZN hat jetzt das Bundeskartellamt eingeschaltet, das die Ausschreibung genehmigt hat und auch überwacht. Vom Ligaverband gibt es nur eine kurze Reaktion. In einem Statement der Liga heißt es unter anderem: 
„Die DFL hat keinen Formfehler im laufenden Auktionsverfahren gemacht. Die Vorwürfe von DAZN sind unzutreffend und werden von der DFL zurückgewiesen.“ Aber ein Geschmäckle hat die Sache schon. Für die beiden Pay-Anbieter geht es bei dem Rechtepoker um nicht weniger als die Sicherung ihrer Zukunft.

Niederlage für Sky könnte Probleme für DFL bedeuten

„Ich behaupte, dass es für Sky viel, viel essenzieller ist, die Bundesliga zu haben als für DAZN. DAZN ist einfach eine globalere Marke und kann nach meinem Begriff eher auf die Bundesliga verzichten,“ meint Medienwissenschaftler Bölz. Denn der Streamingdienst zeigt die kommenden Jahre die Champions League und ist weltweit aufgestellt. Bölz schließt auch einen Großangriff des Streamingdienstes nicht aus:
„Mit Sicherheit wird es im Hintergrund strategische Überlegungen geben, wie man mit der Konkurrenz umgeht. Und natürlich hat DAZN die Möglichkeit, wenn Sky hier die Rechte nicht mehr bekommt, diesen Sender Sky als großen Konkurrenten tatsächlich auch dauerhaft irgendwie in den Zustand zu bringen, dass die eigentlich nicht mehr sendefähig sind.“ Das würde dann nicht nur Sky schwer beschädigen, sondern auch die DFL-Finanzen massiv reduzieren.