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UCI-Spitze unter Druck

In der Dopingaffäre um den ehemaligen Radsportstar Lance Armstrong zeichnet sich ein schnelles Ende ab. Derweil sehen sich der Chef des Radsportweltverbandes Pat McQuaid und Ehrenpräsident Hein Verbruggen Rücktrittsforderungen aus den eigenen Reihen ausgesetzt.

Von Jürgen Kalwa | 24.09.2012
    Die amerikanische Anti-Dopingagentur wird in wenigen Tagen dem internationalen Radsportverband in der Schweiz ihr Dossier zum Fall Lance Armstrong zustellen. Die Ergebnisse der Untersuchung, die ein Netzwerk aus Beschaffung, Anwendung und Vertuschung der Dopingaktivitäten dokumentieren, sollen aber auch – und zwar bis spätestens Ende dieses Jahres – der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Das kündigte USADA-Geschäftsführer Travis Tygart in einem Interview mit der französischen Sportzeitung L’Equipe an. Die UCI hat drei Wochen Zeit, um die Entscheidung zu akzeptieren oder Berufung vor dem Obersten Sportgerichtshof CAS einzulegen. Falls der Verband zustimmt, erhält Armstrong eine lebenslängliche Sperre. Seine Resultate seit 1998 werden gestrichen. Einschließlich der sieben Tour-de-France-Erfolge.

    Tygart gab zum ersten Mal zu erkennen, dass die USADA bei ihrer Arbeit nicht auf die Protokolle der Staatsanwaltschaft von Los Angeles zurückgreifen konnte. Die Strafverfolgungsbehörde mit Chefermittler Jeff Novitzky an der Spitze hatte zwei Jahre lang ehemalige Mannschaftskollegen vernommen und Einsicht in Fahndungsergebnisse aus mehreren europäischen Ländern erhalten. Das Verfahren, in dem es um Straftaten wie Betrug und Geldwäsche ging, wurde jedoch Anfang des Jahres ohne Begründung eingestellt.

    "Wir mussten bei null anfangen”, sagte Tygart jetzt, der im Juni eine fünfzehnseitige Anklageschrift vorgelegt hatte. In der wurden Lance Armstrong sowie mehrere Ärzte und der Sportliche Direktor Johan Bruyneel beschuldigt, eine regelrechte Doping-Verschwörung betrieben zu haben.

    Seitdem rückte auch der ehemalige UCI-Präsident Hein Verbruggen in den Mittelpunkt des Interesses, insbesondere im Zusammenhang mit einem Laborbefund von der Tour de Suisse 2001. Verbruggen hatte vor einem Jahr behauptet: "Lance Armstrong hat nie gedopt. Niemals. Niemals. Niemals. Das sage ich nicht, weil ich ein Freund von ihm bin, sondingern weil ich es weiß.”

    Auch das Verhalten seines Nachfolgers Pat McQuaid sorgt für Unbehagen. Erstmals forderte am Wochenende Jean Regenwetter, Präsident des luxemburgischen Verbandes, eine Wachablösung und wies auf den langen Arm von Verbruggen hin:

    ""Ich glaube nicht, dass das eine Ein-Mann-Veranstaltung ist. Weil ich nach wie vor überzeugt bin, dass der frühere Präsident noch immer die Fäden zieht. Es ist ja nicht von ungefähr, dass er am Tag vor dem Kongress und auf dem Kongress präsent war.”"

    Anders als sein Kollege aus Luxemburg hält sich der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer mit Forderungen zurück. Dem Deutschlandfunk sagte Rudolf Scharping, dass er erst abwarten möchte, wie sich die Faktenlage entwickelt, ehe er sich in die Diskussion einmischt. Eines sei jedoch klar:

    ""Wer dopt, wer dabei Hilfestellung leistet oder wer bei Vertuschung Hilfestellung leistet, ist für Ämter nicht geeignet.”"