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Über das Ziel hinausgeschossen

Sind EU-Agrarsubventionen Privatsache oder darf im Internet öffentlich gemacht werden, welcher Landwirt wie viel Geld wofür erhält? Immerhin handelt es sich bei den Agrarsubventionen um Steuergelder. Der Europäische Gerichtshof entschied nun, dass die EU-Verordnung rechtens sei - forderte aber auch Nachbesserungen.

Von Volker Finthammer |
    Urteile sind immer eine Gratwanderung. Das spiegelt auch die heutige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wieder. Denn auf der einen Seite kommen die Richter zu dem Schluss, dass die Veröffentlichung der Agrarbeihilfen, wie sie in der EU seit nunmehr zwei Jahren verpflichtend ist in einigen Punkten – etwa in dem fehlenden Schutz personenbezogener Daten – ungenügend ist und daher nachgebessert werden muss. Auf der anderen Seite weißen die Richter ausdrücklich darauf hin, dass mit dieser Feststellung die Veröffentlichung der Daten insgesamt nicht infrage gestellt werde.

    Zwei Landwirte aus Hessen haben mit der Unterstützung des Deutschen Bauernverbandes gegen die gegen die seit Mai 2009 wirksame Veröffentlichung ihre persönlichen Direktzahlungen mit Name, Wohnort und Höhe vor dem Verwaltungsgericht in Wiesbaden geklagt. Die Richter haben während des Verfahrens einige grundsätzliche Fragen über die Rechtsgültigkeit der EU-Verordnung zur Vorabentscheidung an den Europäischen Gerichtshof weiter gereicht.

    Bereits in den Schlussanträgen der Generalanwältin im Juni dieses Jahres, den die Richter in ihrem heutigen Beschluss weitgehend gefolgt sind, wurde deutlich, dass die EU-Regelung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit überschreitet, weil ohne nachvollziehbare Begründung alle personenbezogenen Daten von natürlichen Personen, also von Landwirt X oder Y unbesehen der tatsächlichen Höhe der Zahlungen vorsieht. Das aber sei ein Eingriff in die Rechte der Kläger sowohl zum Schutz der Privatsphäre als auch zum Schutz personenbezogener Daten. Weder die EU-Kommission noch der Rat - also die Vertretung der Länder - hätten eine ausreichende und angemessene Begründung für diese Veröffentlichungspraxis liefern können.

    Auf der anderen Seite spricht der Gerichtshof von grundsätzlich berechtigten Zielen, dass also die Öffentlichkeit ein Recht darauf habe über die Verwendung der öffentlichen Gelder angemessen informiert zu werden. Da seien die Regelungen also über das Ziel hinausgeschossen. Unberührt von der Entscheidung bleiben alle juristischen Personen, also Agrarbetriebe die als GmbH oder anderen unpersönlichen Rechtsformen organisiert sind. Die Richter schränken lediglich die Veröffentlichung von Daten natürlicher Personen ein. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte müsse beachtet werden. In diesen konkreten Fällen wird die EU-Verordnung nachgebessert werden müssen, wenn sie weiter Bestand haben soll.