Der Kopenhagener Hauptbahnhof. Für Mansur ist und bleibt es ein besonderer Ort. Vier Monate lang war der heute 21-Jährige auf der Flucht. Eine Odyssee, die in Afghanistan begann und just hier, inmitten der dänischen Hauptstadt, endete.
"Meine Eltern, meine fünf Geschwister und ich waren nach Pakistan gekommen, von dort mussten wir weiter. Ich kam auf einen Wagen, weil es da noch einen Platz gab. Die Schlepper sagten, deine Familie kommt nach. Seither habe ich sie nicht gesehen. Immer wieder hieß es, heute kommen sie oder morgen - aber sie kamen nicht."
Mansur war zwölf, als er Kopenhagen erreichte, die Schlepper hatten ihn auf dem Hauptbahnhof seinem Schicksal überlassen. Mansur ging zur Polizei, beantragte Asyl, irgendwann erhielt er einen dänischen Pass. Auf einer Schule für jugendliche Ausländer traf er David Mikkelsen, der dort unterrichtete:
"Ich in meinem jugendlichen Leichtsinn dachte seinerzeit, Mansurs Familie - die finden wir ruckzuck im Internet, kein Problem. Doch so war es natürlich nicht. Es war ein naiver Gedanke wie so vieles, was wir hier in der westlichen Welt als selbstverständlich betrachten."
David und sein jüngerer Bruder Christopher nahmen sich Mansurs Sache an, kontaktierten Botschaften und Behörden, wurden vorstellig beim Roten Kreuz sowie beim Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen. Niemanden gelang es, Mansurs Angehörige zu finden:
"Unter Flüchtlingen in der Dritten Welt ist es nun einmal eine Tatsache, dass man Autoritäten misstraut und diese nie kontaktieren würde - egal, ob es die Polizei ist, das Rote Kreuz, wer auch immer. Alles Öffentliche ist eine potenzielle Gefahr. Wir alle kennen das doch selbst. Wenn man in der Dritten Welt bestohlen wird, geht man nicht zur Polizei, denn dann ist man sicher, auch noch den Rest seines Eigentums zu verlieren."
Mansurs Schicksal brachte die Lawine ins Rollen, die Idee zu Refugees United wurde geboren - einem Suchportal im Internet, das Flüchtlingen helfen soll, ihre Angehörigen aufzuspüren. Weltweit und anonym. Christopher Mikkelsen:
"Der Benutzer hinterlässt keine IP-Adresse, kein Logfile, niemand kann nachvollziehen, aha, diese Person sitzt da oder dort in Kopenhagen, jetzt gehen wir hin und verhaften denjenigen. Solange man selbst keine Adresse oder seinen Standort hinterlässt, kann man nicht gefunden werden."
Die Betroffenen bestimmen selbst, wie viel sie über sich und ihren Standort preisgeben möchten. Geburtsort und -jahr, ein Muttermal hinter dem rechten Ohr, der Kosename des Hundes - nur die Angehörigen erkennen derlei Informationen wieder, können sie zu einem Mosaik zusammensetzen und dann ihrerseits Kontakt aufnehmen.
"Natürlich wird es immer Flüchtlinge geben, denen wir nicht helfen können, nicht bevor sie einen Zugang zum Internet bekommen. So ist das. Aber auf der Welt gibt es 79 Millionen Menschen, die entweder auf der Flucht sind, innerhalb des Landes vertrieben wurden oder staatenlos sind. Das ist ein enormes Spektrum. Wenn wir nur zehn Prozent dieser Menschen helfen könnten, ihre Verwandten zu finden, dann haben wir enorm viel erreicht."
Mansur hat inzwischen zumindest einen seiner Brüder gefunden - nicht über Refugees United, das erst seit vier Monaten online ist. Sondern weil er nach Pakistan reiste, dort die Menschenschmuggler aufsuchte und für viel Geld eine Telefonnummer seines Bruders erhielt, der in den Süden Russlands verschleppt worden war.
"Früher wachte ich jeden Morgen auf und dachte, wo sind meine Eltern, wo ist meine Familie. Aber ich muss ja auch mein Leben leben, kann nicht konstant an sie denken, der Gedanke würde mich krank machen - und damit ist niemanden gedient. Ich versuche, meinen Alltag zu bewältigen. Wenn ich jedoch abends nach Hause komme, dann denke ich oft an meine Familie, frage mich, wo sie sind und wie es ihnen geht."
"Meine Eltern, meine fünf Geschwister und ich waren nach Pakistan gekommen, von dort mussten wir weiter. Ich kam auf einen Wagen, weil es da noch einen Platz gab. Die Schlepper sagten, deine Familie kommt nach. Seither habe ich sie nicht gesehen. Immer wieder hieß es, heute kommen sie oder morgen - aber sie kamen nicht."
Mansur war zwölf, als er Kopenhagen erreichte, die Schlepper hatten ihn auf dem Hauptbahnhof seinem Schicksal überlassen. Mansur ging zur Polizei, beantragte Asyl, irgendwann erhielt er einen dänischen Pass. Auf einer Schule für jugendliche Ausländer traf er David Mikkelsen, der dort unterrichtete:
"Ich in meinem jugendlichen Leichtsinn dachte seinerzeit, Mansurs Familie - die finden wir ruckzuck im Internet, kein Problem. Doch so war es natürlich nicht. Es war ein naiver Gedanke wie so vieles, was wir hier in der westlichen Welt als selbstverständlich betrachten."
David und sein jüngerer Bruder Christopher nahmen sich Mansurs Sache an, kontaktierten Botschaften und Behörden, wurden vorstellig beim Roten Kreuz sowie beim Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen. Niemanden gelang es, Mansurs Angehörige zu finden:
"Unter Flüchtlingen in der Dritten Welt ist es nun einmal eine Tatsache, dass man Autoritäten misstraut und diese nie kontaktieren würde - egal, ob es die Polizei ist, das Rote Kreuz, wer auch immer. Alles Öffentliche ist eine potenzielle Gefahr. Wir alle kennen das doch selbst. Wenn man in der Dritten Welt bestohlen wird, geht man nicht zur Polizei, denn dann ist man sicher, auch noch den Rest seines Eigentums zu verlieren."
Mansurs Schicksal brachte die Lawine ins Rollen, die Idee zu Refugees United wurde geboren - einem Suchportal im Internet, das Flüchtlingen helfen soll, ihre Angehörigen aufzuspüren. Weltweit und anonym. Christopher Mikkelsen:
"Der Benutzer hinterlässt keine IP-Adresse, kein Logfile, niemand kann nachvollziehen, aha, diese Person sitzt da oder dort in Kopenhagen, jetzt gehen wir hin und verhaften denjenigen. Solange man selbst keine Adresse oder seinen Standort hinterlässt, kann man nicht gefunden werden."
Die Betroffenen bestimmen selbst, wie viel sie über sich und ihren Standort preisgeben möchten. Geburtsort und -jahr, ein Muttermal hinter dem rechten Ohr, der Kosename des Hundes - nur die Angehörigen erkennen derlei Informationen wieder, können sie zu einem Mosaik zusammensetzen und dann ihrerseits Kontakt aufnehmen.
"Natürlich wird es immer Flüchtlinge geben, denen wir nicht helfen können, nicht bevor sie einen Zugang zum Internet bekommen. So ist das. Aber auf der Welt gibt es 79 Millionen Menschen, die entweder auf der Flucht sind, innerhalb des Landes vertrieben wurden oder staatenlos sind. Das ist ein enormes Spektrum. Wenn wir nur zehn Prozent dieser Menschen helfen könnten, ihre Verwandten zu finden, dann haben wir enorm viel erreicht."
Mansur hat inzwischen zumindest einen seiner Brüder gefunden - nicht über Refugees United, das erst seit vier Monaten online ist. Sondern weil er nach Pakistan reiste, dort die Menschenschmuggler aufsuchte und für viel Geld eine Telefonnummer seines Bruders erhielt, der in den Süden Russlands verschleppt worden war.
"Früher wachte ich jeden Morgen auf und dachte, wo sind meine Eltern, wo ist meine Familie. Aber ich muss ja auch mein Leben leben, kann nicht konstant an sie denken, der Gedanke würde mich krank machen - und damit ist niemanden gedient. Ich versuche, meinen Alltag zu bewältigen. Wenn ich jedoch abends nach Hause komme, dann denke ich oft an meine Familie, frage mich, wo sie sind und wie es ihnen geht."