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Über den Mut Fehler zu machen

Positive Stimmung macht kreativ, negative Stimmung unterstützt analytisches Denken. Das meint zumindest Professor Jens Förster von der Internationalen Universität in Bremen. Der Psychologe ist einer von 20 Wissenschaftlern, die bei einem Kongress in Heidelberg über kreative Milieus diskutieren.

Von Solveig Grahl |
    "Kreativ - wenn Sie jetzt meinen, mein Haus umzugestalten oder mit meiner Freizeit was anfangen zu können, das auf jeden Fall."

    ""Ein bisschen sich selbst verwirklichen, was man für Träume hat.""

    "Dass es nicht langweilig ist im Leben. Ob das jetzt von der Kleidung her ist oder dass man einen schönen kreativen Urlaub plant oder solche Dinge halt."

    ""Eigentlich sollte man es viel mehr ausüben, aber man sitzt ja acht Stunden am Tag bei der Arbeit, und das tötet die Kreativität ja voll und ganz.""

    Wissenschaftler wie Professor Jens Förster von der Internationalen Universität Bremen würden dieser Frau Recht geben - teilweise zumindest. Für den Psychologen ist klar: Manche Menschen werden zwar kreativer geboren als andere. Doch das soziale Umfeld wie zum Beispiel die Familie oder der Arbeitsplatz haben einen großen Einfluss auf die Kreativität. Eine positive Stimmung begünstige kreatives Handeln, so Förster:

    "Wir können Versuchspersonen eine halbe Stunde lang traurige Musik hören lassen, die sind dann tatsächlich traurig, und sie sind weniger kreativ. Sie sind aber mehr analytisch. Die negative Stimmung unterstützt bestimmte Prozesse: analytisches Denken, genau sein. In positiver Stimmung sind sie ein bisschen ungenauer, aber sie trauen sich mal was, sie trauen sich was zu sagen, was auch mal falsch sein kann. Das ist der Nährboden für kreative Produkte."

    Jens Förster ist einer von rund 20 Wissenschaftlern, die in diesen Tagen in der Heidelberger Villa Bosch über so genannte kreative Milieus diskutieren. Wie wird ein Mensch kreativ? Welche Rahmenbedingungen fördern Kreativität? Und welche Umstände behindern sie eher? Kann man ein kreatives Milieu planen und gezielt schaffen? Die Wissenschaftler kommen aus aller Welt und aus allen Disziplinen: Philosophen sind dabei, Geographen, Neurologen, Wirtschaftswissenschaftler, Raumplaner und eben Psychologen wie Förster. Seine Untersuchungen haben ergeben, dass extremer Leistungsdruck und die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes kreatives Handeln im Beruf oft verhinderten:

    "Unter Druck entstehen eben keine kreativen Produkte. Es entstehen Produkte, die ganz anständig sein können. Das ist das, was uns dann oft die Chefs sagen: "Es funktioniert doch. Die liefern doch Produkte ab." Das tun sie, aber sie liefern keine kreativen Produkte ab."

    Doch nicht nur Unternehmen können Orte sein, die kreatives Handeln unterstützen oder eben verhindern. Auch ganze Städte können kreativ sein und damit wiederum Menschen anziehen, die etwas verändern und voranbringen wollen, sagt der Architekt und Stadtplaner Professor Klaus Kunzmann von der Universität Dortmund:

    "Denken Sie an Designhochschulen, Kunsthochschulen, Kunstakademien. Das sind Städte, in denen die Kulturwirtschaft einen großen Anteil hat von der Musik bis hin zur Literatur, von der Architektur zum Design, wo sich das dann konzentriert. Köln zum Beispiel ist heute eine der kreativen Städte in Deutschland. Und in Berlin entwickelt sich viel in dieser Richtung. Junge Menschen kommen nach Berlin, weil sie sagen, dort kriege ich neue Ideen, dort kriege ich schöne Dinge zu sehen, dort kriege ich Arbeit, die kreative Arbeit."

    Die Kreativität einer Stadt sei nicht zu unterschätzen, so Kunzmann, sie entscheide heute über ihren wirtschaftlichen Erfolg in der Zukunft, über ihre Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Städten und Regionen. Doch damit sich Kreativität innerhalb einer Stadt entfalten könne, brauche es Freiräume und die fehlten leider in vielen Kommunen:

    "Das ist mangelnder Leadership, also wenn die politische Klasse in der Stadt keinen Mut hat, Entscheidungen zu treffen. Das ist eine geringe Internationalisierung einer Stadt. Das sind Meinungsträger, die nach hinten gucken und nicht nach vorne. Das ist Überregulation, keine Freiräume für ein bestimmtes Handeln. Jede Stadt muss kreative Räume haben, wo nicht steht, du musst um 17 Uhr das tun und nur diese Nutzung und ich weiß nicht was alles. Sondern wo man ein bisschen experimentieren kann, auch wenn man mal Fehler macht."

    Bis morgen werden die Wissenschaftler in Heidelberg noch über die verschiedenen Aspekte von Kreativität diskutieren. Eines ist aber für den Wissenschaftler Kunzmann und seine Kollegen schon heute klar:

    "Ohne Kreativität keine Zukunft, ganz einfach."