Archiv


Über die Folgen für die Umwelt

Der Titel der Veranstaltung des Statistischen Bundesamtes in Berlin klang nicht gerade einladend: "Umweltökonomische Aspekte der Globalisierung". Doch dahinter verbirgt sich eine spannende Geschichte. Es geht um die Bedeutung des weltweiten Handels und dabei speziell um die Frage, welche Auswirkungen dieser zunehmende Außenhandel auf die Umwelt und die Naturressourcen hat.

Von Philip Banse |
    Die Umwelt leidet unter der Globalisierung, aber kaum irgendwo so wenig wie in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer ökologischen Vergleichsrechnung, die das Statistische Bundesamt aufgemacht hat. Die Statistiker haben untersucht: Wie viel Energie – entweder als Rohstoff oder in Produkten gebunden – wird in Deutschland verbraucht für den heimischen Konsum und die heimische Produktion. Dagegen rechnen sie: Wie viel Energie wird in Deutschland verbraucht für Produkte und Dienstleistungen, die im Ausland verbraucht, also exportiert werden. Und da gibt es einen eindeutigen Trend, sagt Walter Radermacher, Präsident des Statistischen Bundesamtes. Deutschland verbrauche immer weniger Energie für sich und wesentlich mehr für das Ausland:

    "Der Export-Weltmeister Deutschland ist auch Export-Weltmeister beim Exportieren von Energie. Das heißt, die inländischen Verbraucher stehen immer weniger im Vordergrund und immer mehr unsere Produktion ist dann Export von Energie an die ausländischen Kunden."

    Deutschland spart durch Importe zwar viel Energie ein, die nicht hierzulande verbraucht wird. Diese Einsparung wird aber mehr als aufgehoben, weil der Export von Produkten viel stärker ansteigt und entsprechend mehr Energie verbraucht wird. Was für die Energie insgesamt gilt, gilt auch für ein schädliches Produkt vieler Energieproduktionsweisen, das CO2. Noch vor zehn Jahren haben die Deutschen mehr CO2 produziert für ihren eigenen Konsum, für Dienstleistungen, die hierzulande erbracht werden, als sie CO2 produzierten für Waren, die ins Ausland gingen. Das hat sich umgekehrt, sagt Walter Rademacher, Präsident des Statistischen Bundesamtes. In Deutschland werden heute jedes Jahr 700 Millionen Tonnen CO2 produziert. Davon entstehen 43 Prozent bei der Produktion von Exportgütern:

    "Dieser Unterschied wird im Zeitverlauf größer. Das heißt, die Deutschen verbrauchen für ihre eigenen Zwecke weniger, als für das, was sie für den Weltmarkt produzieren. Und das ist natürlich eine Botschaft, die in der globalen Klima-Diskussion eine bemerkenswerte, neue Sichtweise der Dinge ist."

    Denn die Diskussion um die Nachfolge des Kyoto-Protokolls ist voll entbrannt. Und da geht es bisher immer um die Frage: Welches Land produziert wie viel CO2? Wenn jetzt klar ist, dass einige Industrieländer wie Deutschland zwar sehr viel CO2 produzieren, das meiste davon aber für Produkte, die woanders verbraucht werden, dann könne das der Diskussion eine neue Ebene geben, Walter Rademacher, Präsident des Statistischen Bundesamtes. Globalisierung - gut oder schlecht für die Umwelt? Diese Frage beantwortet Radermacher so:

    "Was wir hier zeigen ist für die Umwelt zweischneidig. Einerseits wird absolut mehr Energie verbraucht, das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist: Die deutschen Industrien tun das am Schonendsten. Wenn es irgendwo anders produziert worden wäre, sähe die Nachricht noch schlimmer aus. Und das ist aber auch ökonomisch eine gute Nachricht, weil es ein klarer Wettbewerbsvorteil ist."

    Für die Umwelt ist die Globalisierung also nicht gut, kaum irgendwo leidet sie aber so wenig wie in Deutschland. Denn kaum ein Land nutze die Energie so gut wie Deutschland. Zwar verbrauchen deutsche Industrie und Verbraucher mehr Energie als vor zehn Jahren – mit der eingesetzten Energie wird aber überproportional viel mehr produziert als vor zehn Jahren. Der Energie-Aufwand pro Einheit produzierter Gütereinheit sei in Deutschland in den letzten zehn Jahren um 23 Prozent gesunken – wenn auch in einigen Branchen wie dem Autobau nur um 2,7 Prozent, sagte Deutschlands oberster Statistiker:

    "Wir sind Exportweltmeister aus mehreren Gründen. Aber ein ganz wesentlicher Grund ist, dass es unsere Industrie in den letzten zehn Jahren es geschafft hat, mit Energie wesentlich intelligenter umzugehen als die anderen."