Christian Bremkamp: Der Bundestag befasst sich am Nachmittag in einer aktuellen Stunde mit dem Sparpaket der Bundesregierung. Gestern hatte das Kabinett dessen Eckpunkte vorgestellt. Bis 2014 will die Regierung zur Haushaltssanierung mehr als 80 Milliarden Euro einsparen. Opposition und Gewerkschaften bezeichnen das Paket als sozial unausgewogen, weil es ihrer Ansicht nach vor allem die Schwachen trifft. Aber auch aus den Unionsreihen sind inzwischen kritische Stimmen zu hören.
Am Telefon begrüße ich dazu jetzt Leo Dautzenberg. Er ist finanzpolitischer Sprecher der Unionsbundestagsfraktion. Guten Tag, Herr Dautzenberg.
Leo Dautzenberg: Guten Tag, Herr Bremkamp.
Bremkamp: Warum zuerst immer auf die Schwachen?
Dautzenberg: Das ist mit diesem Entwurf und mit diesem Eckpunktepapier in keiner Weise gerechtfertigt, dies so zu sagen, immer auf die Schwachen, sondern es ist der erste Beitrag eines Konsolidierungskonzeptes, das im Grunde über einen Zeitraum von vier, fünf Jahren weiterentwickelt werden muss, und von daher ist das, was jetzt als Eckpunktepapier aufgrund der Haushaltsklausur des Kabinetts präsentiert worden ist, grundsätzlich im Grunde der richtige Weg.
Bremkamp: Erster Beitrag zur Konsolidierung, sagen Sie. Folgt da in Kürze noch ein zweiter?
Dautzenberg: Nein. Man muss das ja im Grunde sehen, dass das jetzt im Zeitraum 2011 bis 2014 ist, und die Vorgaben der Verfassung, was die Schuldenbremse anbelangt, müssen dies ja auch erfüllen, also bis zum Zeitraum 2016. Das, was jetzt tableaumäßig und in Form von Eckpunkten vorgestellt worden ist, ist ja, ich sage mal, der erste Ansatz, der jetzt ja auch umgesetzt werden muss in Gesetzgebungsverfahren, Haushaltsbegleitgesetz etc.
Bremkamp: Ihr Parteifreund Kurt Lauk gibt zu, die Union hat sich in Sachen sozialer Balance nicht durchsetzen können. Also ist das Sparpaket doch nicht gerecht?
Dautzenberg: Über die Frage der Gerechtigkeit kann man ja lange philosophieren und dass es durchaus auch Ansätze zukünftig geben kann, wie man das im Grunde auch noch weiter ausbalancieren kann.
Bremkamp: Die da wären, diese Ansätze?
Dautzenberg: Ansätze wären, dass man beispielsweise durchaus bei der Bemessungsgrundlage für die Spitzenbesteuerung das als Stellschraube nimmt, ab da, sagen wir, was die sogenannte Reichensteuer anbelangt, 250.000 respektive 500.000 für Verheiratete, ob man da, sagen wir, die Grenze nach unten setzt, oder variiert durchaus auch mit einer Erhöhung des Satzes, aber immer dazu bei gleichzeitigem Ausgleich im Grunde im unteren und mittleren Bereich als ersten Beitrag zur Abschmelzung der kalten Progression. Das sind im Grunde Ansatzpunkte, die man immer wiederum dazu sagen muss, und von daher wird das ja noch ins Beratungsverfahren gehen.
Bremkamp: Eben! Aber hätte man nicht gleich von vornherein den Spitzensteuersatz – er liegt derzeit bei 45 Prozent – erhöhen können? Wäre das nicht ein Zeichen von Anfang an für mehr Gerechtigkeit gewesen?
Dautzenberg: Nein, wir müssen ja differenzieren. Er liegt bei 45 Prozent im Grunde für die mit gewerblichen Einkünften. Normalerweise liegt er bei 42 Prozent und da sind durchaus Variationsbreiten, die man diskutieren kann, die aber dann damit verbunden werden müssen, im unteren und im mittleren Bereich die Einkommenssteuer tarifmäßig zu entlasten zum Abbau der kalten Progression. Das gehört im Grunde zusammen. Eine einseitige Diskussion wäre verfehlt.
Bremkamp: Aber hätte man genau das am Sonntag und Montag nicht auch schon besprechen und quasi beschließen können? Ist Ihnen da die FDP einfach in die Parade gefahren?
Dautzenberg: Nein. Ich gehe davon aus, dass das durchaus auch überlegt worden ist und der Koalitionspartner vielleicht noch nicht bereit ist, diesen Schritt zu gehen. Aber das wären mögliche Überlegungen für die Zukunft. Die würde ich aber immer in einem Gesamtpaket sehen. Und die anderen Maßnahmen, die ja drin sind, beispielsweise auch die Erklärung, alle steuerlichen Subventionen stehen auch auf dem Prüfstand, obwohl in dem Eckpunktepapier konkret noch keine benannt sind, da verlangen wir auch, ich sage mal als Finanzpolitiker, dass damit auch der Aspekt der steuerlichen Entlastung im unteren und mittleren Bereich verbunden sein muss, wenn man im Grunde zukünftig diese abbauen will.
Bremkamp: Sie haben gerade gesagt, die FDP scheint noch nicht so weit zu sein. Die Bundeskanzlerin, die diese Beratungen geführt hat, die stammt aus Ihrer Partei, der CDU. Konnte sie sich da nicht durchsetzen?
Dautzenberg: Ich meine, das hat nichts mit durchsetzen zu tun, sondern das hat damit zu tun, wie man in einer Kabinettsklausur als einen wichtigen grundsätzlichen ersten Schritt diesen Konsolidierungsprozess einleitet, und das andere muss man dem Diskussionsprozess jetzt auch im parlamentarischen Bereich überlassen. Wie gesagt – ich habe es ja schon mal betont -, das was jetzt als Eckpunkte da ist, muss ja in Begleitgesetzen jetzt auch im Herbst auf den Weg gebracht werden.
Bremkamp: Wird da auch über die, möglicherweise, Rücknahme der Senkung der Mehrwertsteuer für Hoteliers gesprochen?
Dautzenberg: Ich halte jede vorgezogene Diskussion von Einzelaspekten bei dem ermäßigten Steuersatz für verfrüht und auch für falsch. Wir haben eine Kommission beim Bundesfinanzminister, die sich mit diesem Thema beschäftigen soll und Vorschläge unterbreiten muss, wie man das Gesamtsystem des ermäßigten Steuersatzes zum Normalsteuersatz im Grunde austarieren kann. Dafür ist Grundlage ein Gutachten der Universität Saarbrücken, was wahrscheinlich Mitte, Ende Juni vorliegen wird. Das ist eine wichtige Ausgangsgrundlage. Aber jedes einseitige Vorziehen in die eine oder andere Richtung, oder es im Grunde jetzt wiederum vorzeitig abzuschaffen, geht fehl, sondern das muss in einem Gesamtkonzept sein. Der ermäßigte Steuersatz für die Hotellerie würde natürlich in einem solchen Gesamtkonzept auch mit zur Disposition stehen.
Bremkamp: Herr Dautzenberg, wie groß sind eigentlich noch Ihre Gemeinsamkeiten mit dem Koalitionspartner FDP?
Dautzenberg: Das ist nicht die Frage. Die Gemeinsamkeiten sind groß. Dass es in manchen Bereichen unterschiedliche Bewertungen gibt, ist selbstverständlich. Das ist auch in anderen Koalitionen, das war auch in der Großen Koalition nicht anders und das muss man im Grunde gemeinsam beraten und ich sehe dafür eine gute Grundlage.
Bremkamp: Leo Dautzenberg war das. Er ist finanzpolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion. Vielen Dank für das Gespräch.
Dautzenberg: Bitte sehr.
Am Telefon begrüße ich dazu jetzt Leo Dautzenberg. Er ist finanzpolitischer Sprecher der Unionsbundestagsfraktion. Guten Tag, Herr Dautzenberg.
Leo Dautzenberg: Guten Tag, Herr Bremkamp.
Bremkamp: Warum zuerst immer auf die Schwachen?
Dautzenberg: Das ist mit diesem Entwurf und mit diesem Eckpunktepapier in keiner Weise gerechtfertigt, dies so zu sagen, immer auf die Schwachen, sondern es ist der erste Beitrag eines Konsolidierungskonzeptes, das im Grunde über einen Zeitraum von vier, fünf Jahren weiterentwickelt werden muss, und von daher ist das, was jetzt als Eckpunktepapier aufgrund der Haushaltsklausur des Kabinetts präsentiert worden ist, grundsätzlich im Grunde der richtige Weg.
Bremkamp: Erster Beitrag zur Konsolidierung, sagen Sie. Folgt da in Kürze noch ein zweiter?
Dautzenberg: Nein. Man muss das ja im Grunde sehen, dass das jetzt im Zeitraum 2011 bis 2014 ist, und die Vorgaben der Verfassung, was die Schuldenbremse anbelangt, müssen dies ja auch erfüllen, also bis zum Zeitraum 2016. Das, was jetzt tableaumäßig und in Form von Eckpunkten vorgestellt worden ist, ist ja, ich sage mal, der erste Ansatz, der jetzt ja auch umgesetzt werden muss in Gesetzgebungsverfahren, Haushaltsbegleitgesetz etc.
Bremkamp: Ihr Parteifreund Kurt Lauk gibt zu, die Union hat sich in Sachen sozialer Balance nicht durchsetzen können. Also ist das Sparpaket doch nicht gerecht?
Dautzenberg: Über die Frage der Gerechtigkeit kann man ja lange philosophieren und dass es durchaus auch Ansätze zukünftig geben kann, wie man das im Grunde auch noch weiter ausbalancieren kann.
Bremkamp: Die da wären, diese Ansätze?
Dautzenberg: Ansätze wären, dass man beispielsweise durchaus bei der Bemessungsgrundlage für die Spitzenbesteuerung das als Stellschraube nimmt, ab da, sagen wir, was die sogenannte Reichensteuer anbelangt, 250.000 respektive 500.000 für Verheiratete, ob man da, sagen wir, die Grenze nach unten setzt, oder variiert durchaus auch mit einer Erhöhung des Satzes, aber immer dazu bei gleichzeitigem Ausgleich im Grunde im unteren und mittleren Bereich als ersten Beitrag zur Abschmelzung der kalten Progression. Das sind im Grunde Ansatzpunkte, die man immer wiederum dazu sagen muss, und von daher wird das ja noch ins Beratungsverfahren gehen.
Bremkamp: Eben! Aber hätte man nicht gleich von vornherein den Spitzensteuersatz – er liegt derzeit bei 45 Prozent – erhöhen können? Wäre das nicht ein Zeichen von Anfang an für mehr Gerechtigkeit gewesen?
Dautzenberg: Nein, wir müssen ja differenzieren. Er liegt bei 45 Prozent im Grunde für die mit gewerblichen Einkünften. Normalerweise liegt er bei 42 Prozent und da sind durchaus Variationsbreiten, die man diskutieren kann, die aber dann damit verbunden werden müssen, im unteren und im mittleren Bereich die Einkommenssteuer tarifmäßig zu entlasten zum Abbau der kalten Progression. Das gehört im Grunde zusammen. Eine einseitige Diskussion wäre verfehlt.
Bremkamp: Aber hätte man genau das am Sonntag und Montag nicht auch schon besprechen und quasi beschließen können? Ist Ihnen da die FDP einfach in die Parade gefahren?
Dautzenberg: Nein. Ich gehe davon aus, dass das durchaus auch überlegt worden ist und der Koalitionspartner vielleicht noch nicht bereit ist, diesen Schritt zu gehen. Aber das wären mögliche Überlegungen für die Zukunft. Die würde ich aber immer in einem Gesamtpaket sehen. Und die anderen Maßnahmen, die ja drin sind, beispielsweise auch die Erklärung, alle steuerlichen Subventionen stehen auch auf dem Prüfstand, obwohl in dem Eckpunktepapier konkret noch keine benannt sind, da verlangen wir auch, ich sage mal als Finanzpolitiker, dass damit auch der Aspekt der steuerlichen Entlastung im unteren und mittleren Bereich verbunden sein muss, wenn man im Grunde zukünftig diese abbauen will.
Bremkamp: Sie haben gerade gesagt, die FDP scheint noch nicht so weit zu sein. Die Bundeskanzlerin, die diese Beratungen geführt hat, die stammt aus Ihrer Partei, der CDU. Konnte sie sich da nicht durchsetzen?
Dautzenberg: Ich meine, das hat nichts mit durchsetzen zu tun, sondern das hat damit zu tun, wie man in einer Kabinettsklausur als einen wichtigen grundsätzlichen ersten Schritt diesen Konsolidierungsprozess einleitet, und das andere muss man dem Diskussionsprozess jetzt auch im parlamentarischen Bereich überlassen. Wie gesagt – ich habe es ja schon mal betont -, das was jetzt als Eckpunkte da ist, muss ja in Begleitgesetzen jetzt auch im Herbst auf den Weg gebracht werden.
Bremkamp: Wird da auch über die, möglicherweise, Rücknahme der Senkung der Mehrwertsteuer für Hoteliers gesprochen?
Dautzenberg: Ich halte jede vorgezogene Diskussion von Einzelaspekten bei dem ermäßigten Steuersatz für verfrüht und auch für falsch. Wir haben eine Kommission beim Bundesfinanzminister, die sich mit diesem Thema beschäftigen soll und Vorschläge unterbreiten muss, wie man das Gesamtsystem des ermäßigten Steuersatzes zum Normalsteuersatz im Grunde austarieren kann. Dafür ist Grundlage ein Gutachten der Universität Saarbrücken, was wahrscheinlich Mitte, Ende Juni vorliegen wird. Das ist eine wichtige Ausgangsgrundlage. Aber jedes einseitige Vorziehen in die eine oder andere Richtung, oder es im Grunde jetzt wiederum vorzeitig abzuschaffen, geht fehl, sondern das muss in einem Gesamtkonzept sein. Der ermäßigte Steuersatz für die Hotellerie würde natürlich in einem solchen Gesamtkonzept auch mit zur Disposition stehen.
Bremkamp: Herr Dautzenberg, wie groß sind eigentlich noch Ihre Gemeinsamkeiten mit dem Koalitionspartner FDP?
Dautzenberg: Das ist nicht die Frage. Die Gemeinsamkeiten sind groß. Dass es in manchen Bereichen unterschiedliche Bewertungen gibt, ist selbstverständlich. Das ist auch in anderen Koalitionen, das war auch in der Großen Koalition nicht anders und das muss man im Grunde gemeinsam beraten und ich sehe dafür eine gute Grundlage.
Bremkamp: Leo Dautzenberg war das. Er ist finanzpolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion. Vielen Dank für das Gespräch.
Dautzenberg: Bitte sehr.
