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Über Trends und Tendenzen der neuen deutschen Gegenwartsliteratur.

Denis Scheck: Der "Büchermarkt" heute nicht wie gewohnt aus Köln, sondern dem ORF-Landesstudio in Klagenfurt. Hier am Wörthersee findet zur Zeit der Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb statt, mittlerweile ein Literaturwettbewerb mit Tradition. Zum 22. Mal schon treffen sich hier Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, lesen aus bisher unveröffentlichten Texten und stellen sich mit diesen dem Urteil einer aus Literaturkritikern und Autoren bestehenden Jury. Im Studio hier in Klagenfurt darf ich nun drei Gäste begrüßen: den Sprecher der Bachmann-Jury Iso Camartin, den Cheflektor des DuMont Buchverlags Christian Döring, früher lange Jahre als Lektor für deutsche Literatur beim Suhrkamp Verlag, sowie als Dritten im Bunde Uwe Held, Uwe Held ist Cheflektor des Ullstein Verlags und war zuvor ebenfalls über einen längeren Zeitraum für deutsche Literatur beim Piper Verlag zuständig. Nun ist Freitag nachmittag, alle 16 eingeladenen Autoren haben gelesen, die Jury wird morgen öffentlich über die Preisträger abstimmen, Zeit also für ein erstes, noch nicht durch die Voten der Jury beeinflußtes Fazit. Iso Camartin - war es ein gutes Bachmann-Jahr?

Denis Scheck |
    Iso Camartin: Das ist jetzt schwer für mich zu beurteilen, ob es ein gutes war. Ich denke, daß es ein lebendiges war. Gewisse Kriterien kann man bereits jetzt erwähnen, es war ein Jahr, in dem die unterschiedlichen ästhetischen Arbeitsweisen der Schriftsteller sehr stark repräsentiert waren, es gab diametral entgegengesetzte Texte, Texte ganz komplexer Art, Texte ganz simpler Machart. Ich glaube, die Stilvarietät der Texte war relativ groß. Ich würde die Frage gern weitergeben an die die das von außen erlebt haben und nicht im Clinch der Debatten gestanden sind, ob es ein gutes Jahr war.

    Scheck: Christian Döring, auch Sie werden kaum ganz unparteiisch, ganz unbeteiligt über den Wettbewerb sprechen können. Mit John von Düffel und Jan Lurvink haben Sie zwei Autoren selbst im Rennen, die im Herbst im DuMont Verlag erscheinen werden. Dennoch an Sie die Frage: Was ist Ihnen in diesem Jahr an Trends und Tendenzen beim Bachmann-Wettbewerb aufgefallen?

    Christian Döring: Ich sperre mich immer energisch gegen Trends und Tendenzen. Ich kann sie auch dieses Jahr in Klagenfurt in überhaupt keiner Weise sehen. Einschränkend das, was Iso Camartin sagt: ich sehe diese Breite an Textformen nicht so in diesem Jahr. Wenn ich das Stichwort des experimentellen - vielleicht sollte man es gar nicht benutzen - in den Raum werfe, das schien in früheren Jahren sehr viel stärker ausgeprägt zu sein. Mir ist da so ein erzählerischer Mittelklang in diesem Jahr viel ausgeprägter vorgekommen, und die großen Höhen, die habe ich nicht gesehen, die habe ich nicht entdeckt, aber das werde ich vielleicht noch revidieren, wenn ich mir viele Texte noch einmal anschauen werde. Ein Lamento ist ja immer auch das erste, was wir in Klagenfurt von uns selber gewohnt sind.

    Scheck: Uwe Held, ein Lamento auch aus Ihrem Munde, weniger Raum für Experimentelles?

    Uwe Held: Ja, und ich muß gestehen, daß mich das gar nicht so stört, sondern daß mich das durchaus freut. Ich habe eines festgestellt, wenn auch nicht immer in der Qualität, wie ich es mir gewünscht hätte: Ich habe doch mehr Texte gehört, die, ich möchte jetzt nicht sagen: eine "realistische" Schreibweise bevorzugen, sondern sagen wir mal eine "realitätsnähere", die sich mehr mit den Realitäten beschäftigen als mit den Hervorbringungen, die der Autor aus sich selber herausholt. Das interessiert mich sehr, und es hat mich gefreut, daß es hier doch häufiger zu erleben war Auf der anderen Seite erlebt man schon, und das sehe ich mit einem gewissen Bedauern, daß diese Autoren manchmal einer gewissen Ungelenkigkeit nicht entbehren. Das ist eben einfach eine Tradition, die meinem Gefühl nach in unserem Literaturbetrieb nicht so geliebt ist. Aber ich sehe hier mal keinen Trend, sondern eine Tendenz zum Besseren, und die hat mich eigentlich positiv erfreut.

    Scheck: Um dies zu konterkarieren, hören wir nun mal zwei kurze Auszüge aus den Texten von zwei Autorinnen, die hier im Umfeld auf den Fluren im ORF-Landesstudio als heiße Favoritinnen auf den Bachmann-Preis gehandelt werden: Kathrin Schmidt und Sybille Lewitscharoff, beide aus Berlin.

    Kathrin Schmidt, aus: "Die Gunnar-Lennefsen-Expedition":

    um schließlich von der familie der trichterspinnen zu reden: tegenaria meine langsam ins lieben geratende winkelspinne litt nicht an zuckendem herzen eher an langen spinnwarzen die ich umging wenn ich hineinschauen wollte, ihre innerhalb unseres hauses lebende art webte die bekannten dreieckigen netzdecken die in eine kurze röhre übergehen ich mußt immer wieder während der hoffnungslosen paarungszeiten ihr maskulines pendant abends herumlaufen sehen ratlos gespannt. zwar legte sie eier doch starb nicht daran wie die meisten spinnen sie hatte ja mich. ich beschloß hinüberzualtem zu ihr und ihr abzunehmen die sorge um ei und pendant dabei vergaß ich dem männlichen teil der verziehung ins herze zu schauen ich war immer so auf die weiblichen spinnentiere beschränkt in meinem spiel daß der satz des lehrers spinnen haben kein herz mir vollkommen herzlos erschien und ich niemals versuchte männlichen tieren unter die häute zu dringen stöbernd als hasimaus bis ich ihm viel zu seltsam war dem lüdekinghans mit meinem alten gesicht und dem leib einer neunjährigen springspinne."

    Sybille Lewitscharoff, aus "Pong":

    Einem Verrückten gefällt die Welt wie sie ist, weil er in ihrer Mitte wohnt. Nicht irgendwo in irgendeiner Mitte, sondern in der gefährlich inschüssigen Mittemitte, im Zwing-Ei. Ein unbedacht aus diesem Heikelraum weggerücktes Haar brächte die Welt ins Wanken und dann auf Schlingerkurs Mond Sonne Milchstraße ade systemwärts e'- e'. Das alles weiß der Verrückte genau und hütet sich, zum Beispiel seinen Arm in eine zu hohe Grußstellung zu heben, damit nicht Unglücke geschehen, Felsbrocken herabstürzen, große Brocken auf kleine, noch größere auf schon stattliche, und die zarten Angeln zerbrechen, in denen die Welt hängt. Ihm, das versteht man ja leicht, sind nur winzige Bewegungen erlaubt, und es schmerzt ihn, wenn man ihn von einem Bett ins andre trägt oder in ein schiefes Zimmer stellt, denn er liebt die Welt wie sie ist, er liebt sie, er liebt sie. Und sonst? Noch irgendwelche Sorgen? Ja. Leider Sorgen die Menge.

    Die Sorge, daß ein Knopf abspringt.

    Die Sorge, daß man ihn bloß hingekritzelt hat.

    Die Sorge, daß seine himmlischen Verbindungen verlorengehen.

    Die Sorge, daß man durch seinen Nabel Frost einbläst.

    Die Sorge, daß falsche Gemahlinnen ihn bei Gericht verklagen."

    Scheck: Sorgen haben beide Texte von Katrin Schmidt und Sybille Lewitscharoff der Jury überhaupt nicht gemacht , im Gegenteil, die Jury fand sich dadurch in Entzücken versetzt. Das kann jetzt auch nur ein ganz oberflächlicher Eindruck sein, den wir aus den kurzen Zitaten, aus den Lesungen bekomen haben. Gleichwohl die Frage an meine Studiogäste Iso Camartin, Christian Döring und Uwe Held: "Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar", ein Satz von Ingeborg Bachmann, dieser Satz diente in diesem Jahr in Form einer Computergrafik als Studiodekoration. Lassen Sie uns diesen Satz doch ruhig mal beim Wort nehmen - welche Wahrheiten haben Sie denn aus den Texten von Kathrin Schmidt oder Sybille Lewitscharoff erfahren?

    Döring: Kathrin Schmidts Text favorisiere ich vor diesem anderen Text durch den Sprachreichtum, durch dieses Zusammenführen von Sprachtraditionen. Diese Frauen- und Familiengeschichte durch einen langen historischen Zeitraum hindurch hat mich beeindruckt. Ich habe auch eine Neigung, mich von Historie beeindrucken zu lassen, weil ich in ihr etwas erkennen oder lernen kann. Natürlich hat der andere Text eine großé Virtuosität in der Sprache, ich bin mir über seine Qualitäten noch nicht ganz im klaren. Es gibt ja auch immer so eine Klagenfurter Dynamik, wie wir wissen, und wenn diese Autorin vielleicht als erste gelesen hätte, wäre vielleicht geschehen, was vielleicht ja Iso Camartin damals zu dem anderen Autor gesagt hat: "Ich weiß nicht, wie lange ich das aushalten kann oder wie lange ich da zuhören kann". Damit hatte ich so meine Probleme.

    Scheck: Uwe Held, Sie haben vorhin gesagt, daß Experimentelles eher im Rückzug begriffen sei beim diesjährigen Wettbewerb. Da bin ich mir nicht ganz sicher, wenn ich diese beiden Texte höre, das sind doch sprachexperimentelle Texte.

    Held: Ja, wobei ich Christian Döring schon auch zustimmen würde - der Text von Kathrin Schmidt hat natürlich den einen großen Reiz und Charme, daß er schon einen sehr großen Reichtum an Historie bringt, daß er sich ja auch einmischt mit einer Interpretation deutscher Geschichte, es ist der Versuch einer Wahrnehmung deutscher Geschichte aus einer bestimmten Perspektive. Aber zu Ihrer Frage zurück: Als Lektor ist man durchaus mit zwei Seelen in der Brust hier. Ich bin Angestellter eines Verlages, der davon lebt, Bücher zu verkaufen. Da ist natürlich die experimentelle Literatur nicht immer das, was die Verleger und vor allen Dingen die Herzen der Vertriebsleute höher springen läßt. Ich bin natürlich gehalten hier auch nach Dingen zu sehen, die auch verwertbar sind. Zum anderen ist es natürlich so, ein Text wie der von Lewitscharoff, ich habe den einfach genossen. Das ist einfach ein wunderbares Capriccio. Ich frage mich da auch, will ich das als Buch lesen? Das frage ich mich übrigens auch bei Schmidt: Will ich wirklich den ganzen Roman lesen? Das ist eine andere Frage.

    Scheck: Iso Camartin, in den Jurydiskussionen kam immer wieder der Punkt - wie in den Vorjahren auch -, die Schwierigkeit, über einen Texte zu urteilen, einen längeren Text, von dem man nur einen Auszug kennt. Besteht da nicht auch die Gefahr, nur einen Sound zu prämieren?

    Camartin: Das ist richtig. Die Gefahr gehört zu dieser Veranstaltung hier, daß wir nie ganze Texte, sondern nur Ausschnitte oder kurze Texte eben nur hören können. Ich möchte noch einmal auf den Satz "Die Waheit ist dem Menschen zumutbar" zurückkommen. Sie haben ja gefragt, welche Wahrheit kommt aus diesen Texten. Und da würde ich sagen, Wahrheiten sind vielleicht ein Grundbestandteil von Texten, aber nicht unbedingt der wichtigste. Ich denke beispielsweise jetzt, daß es schwer ist, Geschichte, äußere Realtität so aus den Texten herausholen zu wollen, daß man sagt, hier ist gleichsam etwas Solides, während wenn jemand über das Innenleben eines verrückten Menschen schreibt, dann sei das weniger solide, weniger Wahrheit sich dort verkörpere. Es geht um das ästhetische Verfahren, um Darstellungsverfahren, um Welterfahrung, und a sind die Texte entweder reich oder arm. Und selbst Armut kann manchmal so eine ästhetische Qualität haben, die aus den Texten herauskommt. Und dieses experimentelle Stück - Herr Döring hat vorhin gesagt, ihm habe ein bißchen das Sprachexperimentelle gefehlt -, ich muß jetzt sagen, daß Michael Lentz beispielsweise für mich mit einem großartigen Furioso angefangen hat, nämlich eine Art Sprachschule, Sprachspiele, Sprachklangmagie zu entwickeln, diese Spiele zwischen Laut und Sinn vor unseren Ohren sich abspielen zu lassen. Ich denke, daß das doch auch ein wesentliches Stück dessen ist, was man mit Sprache anstellen kann. Und das meinte ich mit der Varietät, die wir hatten. Weil wir auf der einen Seite hatten die, die in einem beinahe naiven Sinn schon Wirklichkeit abzubilden versuchten, und andere, die Wirklichkeit zu gestalten versuchten durch die Sprache. Das sind auch ganz legitime, wenn auch unterschiedliche Verfahren.

    Döring: Ich habe das nur im Vergleich zu früheren Jahren anders gewichtet. Ich würde jetzt auch nicht sagen, ich vermisse es, und Klagenfurt ist schlecht, weil es zu wenige von diesen Texten gibt. Sie müssen ja auch gelingen, und vielleicht sind bei Ihnen ja auch noch die Fehlgriffe furios, und vielleicht gehört da auch dieser Autor dazu.

    Scheck: Christian Döring, Sie starten in diesem Herbst mit dem DuMont Buchverlag ein ganz anspruchsvolles Literaturprogramm, ein Programm, das im Grunde genau das macht, was fast jeder neugegründete Verlag ankündigt, ohne es dann freilich einlösen zu können, nämlich stark auf die deutsche Gegenwartsliteratur zu setzen. Was veranlaßt Sie dazu - ist es diese Bandbreite an deutschen Texten, die wir jetzt gehört haben?

    Döring: Es ist meine Herkunft, nämlich deutschsprachige Literatur zu lektorieren über viele Jahre hindurch. Ich einfach auch, es gehört ins Zentrum eines Programmes eines Verlages in Deutschland. Das hat wirklich nichts mit Nationalismus zu tun, daß dieser Verlag sich sehr stark und intensiv um die eigene Literatur kümmert. Aus diesem Grund gibt es diese vier Romane und drei Debüts, mit denen ich das Publikum zu überraschen suche.

    Scheck: Uwe Held, Sie sprachen vorhin die Verwertbarkeit der Texte an, die wir hier hören. Beim Ullstein Verlag gibt es natürlich auch deutsche Literatur, man spricht hier ja allgemein von einer Renaissance der deutschen Literatur - lassen Sie mich ein paar Namen nennen: Ingo Schulze natürlich, aber auch Marcel Beyer, Schlink oder Burkhard Spinnen, alles gut verkäufliche Autoren. Was hat sich denn im Vergleich zu früher geändert, wie konnte es zu dieser Renaissance kommen - hat sich die Literatur verändert oder hat sich die Leseerwartung des Publikums verändert?

    Held: Es ist natürlich sehr schwer. Es ist einer der liebsten Diskussionspunkte, zu fragen, weshalb ist die deutsche Literatur - zumindest doch aus unserer Wahrnehmung - doch so anders als die Literaturen der anderen Länder, vergleichsweise der angelsächsischen. Woher kommt diese Abwehr des Erzählenden und so weiter? Ich glaube einfach, es haben sich bei den Autoren andere Interessen ausgebildet, auch das Bedürfnis, sich anders zu artikulieren. Das hat sich einfach auch darauf ausgewirkt, daß das erzählende Element wieder stärker geworden ist, daß es einen höheren Stellenwert gewonnen hat. Und wie gesagt, das freut mich als jemanden, der doch vom wohlausstaffierten Roman herkommt. Das ist eigentlich das, was ich am liebsten habe, so einen Roman, wo man doch ab und zu auch mal in fünfhundert Seiten versaufen kann und wirklich so schnell nicht mehr rausfindet. Und ich bin sehr froh, und das ist etwas, was wir bei Ullstein auch versuchen werden, daß wir sozusagen auch mit einem Trend mitgehen können. Ich denke, wir werden mit den künftigen Programmen gerade hier das eine oder andere auch beizutragen wissen.

    Scheck: Davon lebt Klagenfurt ja auch - von dem prickelnden Gefühl der Erwartung, hier vielleicht den nächsten Bestsellerautor, den nächsten Süskind zu erleben, vielleicht sogar noch, bevor die Agenten oder andere Kollegen zuschlagen, unter Vertrag zu nehmen. Iso Camartin, vor vier Jahren haben Sie geschrieben, Klagenfurt sei "weder ein Wettlesen unter arrivierten Schriftstellern noch ein eigentlicher Nachwuchswettbewerb." Aber genau das ist Klagenfurt doch inzwischen geworden - ein Nachwuchswettbewerb.

    Camartin: Ja, es ist ein bißchen so, daß es immer mehr das geworden ist. Und das hängt mit Erfahrungen zusammen, die die etablierten Schriftsteller hier zum Teil gemacht haben, zum Teil auch nur befürchten. Ich denke immer, man müßte vielleicht eine neue Formel finden, um dies nicht gegeneinander ausspielen zu müssen. Beispielsweise einen Teil des Wettbewerbs eindeutig als Nachwuchswettbewerb auch zu deklarieren, Entdecken junger neuer Stimmen auf der einen Seite - übrigens, jung heißt nur in Bezug auf ihre Neuheit, nicht in Bezug auf ihr Lebensalter -, und daneben vielleicht so etwas wie auf Filmfestivals, wo es große Stars gibt, die außer Konkurrenz laufen, aber mit nicht bekannten Texten antreten. Ob man dadurch vielleicht nicht auch neue Maßstäbe finden könnte. Das ist jetzt aber schon ein bißchen Zukunftsmusik. Was mir in diesem Jahr vor allem trotz dieser wie soll ich sagen, vielleicht nicht Nichtrepräsentativität im Buchgeschäft der hier anwesenden Autoren aufgefallen ist, ist etwas für mich Erfreuliches. Es sind alles Leute, ob jung oder älter, ob aus einer Szene, die nun wirklich auch mit er Rock- und Popszene oder mit der Dealerszene zu tun hat, das sind Leute, die sich nicht mit ästhetischen Spielen zufriedengeben. Sie wollen ein Stück Welt, ihre Welt, auch vermitteln. Inhalte sind ganz wichtig geworden.

    Scheck: Das klingt sehr optimistisch. Lassen Sie mich abschließend noch ganz kurz nach den Favoriten fragen. Uwe Held, wer hat Sie während der letzten zweieinhalb Tagen hier in Klagenfurt am meisten beeindruckt?

    Held: Werde ich jetzt nach dem Favoriten gefragt oder wer mich am meisten beeindruckt hat?

    Scheck: Nach beidem. Dann differenzieren Sie.

    Held: Dann muß ich differenzieren. Ich glaube, einfach vom Hörgenuß war der Text von Sybille Lewitscharoff eigentlich der, wo ich am ruhigsten in meinem Sessel gesessen bin und am vergnügtesten vor mich hingeschmunzelt habe. Ich glaube aber, wenn ich den Favoritentip abgebe, daß es Kathrin Schmidt eher schaffen wird.

    Scheck: Christian Döring?

    Döring: Kathrin Schmidt hat mir gut gefallen, John von Düffel natürlich auch besonders gut.

    Scheck: Iso Camartin, Sie geben morgen in der Jury Ihr Votum ab, Ihnen will ich daher diese Frage ersparen. Lassen Sie mich statt dessen einen für mich ebenso wahren wie einleuchtenden Satz von Ihnen zum Abschluß zitieren: "Das Klagenfurter Spiel ist freiwillig, wer nicht verlieren kann, darf nicht antreten."

    Link: Texte des Ingeborg-Bachmann-Preises 1998