Zunächst die Ausgangslage: Zweifellos waren es sehr oft die Vorstellungen und die Sehnsüchte nach einer idealen Gesellschaft, die die Kunst der klassischen Moderne und auch schon der Romantik geprägt haben. Insgesamt neun signifikante Positionen führt diese Ausstellung der Deutschen Guggenheim-Filiale in Berlin auf: Die Nazarener aus Wien oder die Primitiven aus Paris, die Präraffaeliten oder die Neoimpressionisten. Schließlich als bedeutende Akteure der Klassischen Moderne die Arts and Crafts-Bewegung des William Morris, die russischen Konstruktivisten, De Stijl aus den Niederlanden und das Bauhaus. Mit dessen Schließung 1933 durch die Nationalsozialisten endet die Geschichte der Utopien für Vivien Greene, die New Yorker Kuratorin dieser Ausstellung.
Denn was wäre das auch für ein Skandal, den Nationalsozialismus selbst in die Liste der Utopien der Moderne aufzunehmen und, sagen wir, eine Plastik von Arno Breker zu zeigen! In den Bilanzausstellungen des 20. Jahrhunderts rund um das Jahr 2000 haben sich so manche Kuratoren an genau dieser Problematik verhoben. Man bleibt also besser vorsichtig, um nicht zu sagen politisch korrekt. Nicht einmal den Futurismus mit seinen offenkundigen Schnittmengen mit dem italienischen Faschismus möchte man hier sehen. Die Frage, was sie eigentlich mit der Verwendung des Begriffs "Utopie" genau meint, bleibt die Ausstellung weitgehend schuldig.
Es muss irgendetwas mit Künstlergemeinschaften zu tun haben, mit Abspaltungen vom zeitgenössischen Kunstbetrieb, die ihre ganz eigenen Gesellschaftslehren zum Ausgangspunkt ihrer Kunst machten. Es reicht also nicht aus, wie etwa die Schule von Barbizon, nur einen neuen Begriff von Malerei zu prägen, wie er dann für die Impressionisten gültig wurde. Nazarener und Präraffaeliten, Les Primitifs oder auch die Mitglieder der Cornish Art Colony im US-Bundesstaat New Hampshire verband die Sehnsucht nach einer Zivilisation der Unschuld, die sie in künstlerischen Bruderschaften zu beschwören suchten, nach Prinzipien, wie sie die Antike oder das frühe Christentum oder das Leben nach den Regeln der Natur zu bieten schienen – eine unerreichbare Vergangenheit als Modell für die Gegenwart, die als profan und geistlos empfunden wurde.
Als in die Zukunft gerichtet werden dagegen die Vorstellungen der Konstruktivisten, de Stijl oder des Bauhauses präsentiert. Auf jeweils ihre Weise suchten sie mithilfe der Abstraktion nach Möglichkeiten einer internationalen Kunst-Sprache, die nationale, gesellschaftliche und kulturelle Grenzen überwinden sollte.
Das ist zwar alles richtig, aber auch hier operiert diese Ausstellung vor allem mit Schlagzeilen, die durch ihre berühmten und hochklassigen Exponate eher noch verstärkt werden. Historische Differenzierung wäre allerdings da und dort angebracht. Das Bauhaus beispielsweise, insbesondere sein Begründer Walter Gropius, bewahrte von den utopischen Grundsätzen des Arbeitsrates für Kunst oder der Gläsernen Kette, die so etwas wie die geistigen Keimzellen des Bauhauses waren, nur noch Zitate und gegen Ende reichlich verdünnte Prinzipien, die immer stärker dem Pragmatismus des realen Erfolges geopfert wurden. Und auch ein Walter Gropius zeichnete Idealansichten gotischer Kathedralen als Muster für architektonische Gesamtkunstwerke, wie sie ihm vorschwebten.
Schließlich stellt sich auch die Frage, ob diese sogenannten Utopien nicht auch immer reale Bezüge hatten und ob sie tatsächlich so rein künstlerisch waren, wie es hier erscheint. Oft genug standen sie einer realen Umsetzung neuer Lebenswelten sehr nah, wie bei William Morris Design-Studien und den überaus real gedachten sozialistischen Stadtplanungen der Konstruktivisten.
Was bleibt, ist eine publikumsträchtige Schau mit prächtiger Kunst von den Nazarenern bis zu Kandinsky und Mondrian. Mehr zu bieten, lag wohl auch gar nicht in der Absicht des Hauses.
Denn was wäre das auch für ein Skandal, den Nationalsozialismus selbst in die Liste der Utopien der Moderne aufzunehmen und, sagen wir, eine Plastik von Arno Breker zu zeigen! In den Bilanzausstellungen des 20. Jahrhunderts rund um das Jahr 2000 haben sich so manche Kuratoren an genau dieser Problematik verhoben. Man bleibt also besser vorsichtig, um nicht zu sagen politisch korrekt. Nicht einmal den Futurismus mit seinen offenkundigen Schnittmengen mit dem italienischen Faschismus möchte man hier sehen. Die Frage, was sie eigentlich mit der Verwendung des Begriffs "Utopie" genau meint, bleibt die Ausstellung weitgehend schuldig.
Es muss irgendetwas mit Künstlergemeinschaften zu tun haben, mit Abspaltungen vom zeitgenössischen Kunstbetrieb, die ihre ganz eigenen Gesellschaftslehren zum Ausgangspunkt ihrer Kunst machten. Es reicht also nicht aus, wie etwa die Schule von Barbizon, nur einen neuen Begriff von Malerei zu prägen, wie er dann für die Impressionisten gültig wurde. Nazarener und Präraffaeliten, Les Primitifs oder auch die Mitglieder der Cornish Art Colony im US-Bundesstaat New Hampshire verband die Sehnsucht nach einer Zivilisation der Unschuld, die sie in künstlerischen Bruderschaften zu beschwören suchten, nach Prinzipien, wie sie die Antike oder das frühe Christentum oder das Leben nach den Regeln der Natur zu bieten schienen – eine unerreichbare Vergangenheit als Modell für die Gegenwart, die als profan und geistlos empfunden wurde.
Als in die Zukunft gerichtet werden dagegen die Vorstellungen der Konstruktivisten, de Stijl oder des Bauhauses präsentiert. Auf jeweils ihre Weise suchten sie mithilfe der Abstraktion nach Möglichkeiten einer internationalen Kunst-Sprache, die nationale, gesellschaftliche und kulturelle Grenzen überwinden sollte.
Das ist zwar alles richtig, aber auch hier operiert diese Ausstellung vor allem mit Schlagzeilen, die durch ihre berühmten und hochklassigen Exponate eher noch verstärkt werden. Historische Differenzierung wäre allerdings da und dort angebracht. Das Bauhaus beispielsweise, insbesondere sein Begründer Walter Gropius, bewahrte von den utopischen Grundsätzen des Arbeitsrates für Kunst oder der Gläsernen Kette, die so etwas wie die geistigen Keimzellen des Bauhauses waren, nur noch Zitate und gegen Ende reichlich verdünnte Prinzipien, die immer stärker dem Pragmatismus des realen Erfolges geopfert wurden. Und auch ein Walter Gropius zeichnete Idealansichten gotischer Kathedralen als Muster für architektonische Gesamtkunstwerke, wie sie ihm vorschwebten.
Schließlich stellt sich auch die Frage, ob diese sogenannten Utopien nicht auch immer reale Bezüge hatten und ob sie tatsächlich so rein künstlerisch waren, wie es hier erscheint. Oft genug standen sie einer realen Umsetzung neuer Lebenswelten sehr nah, wie bei William Morris Design-Studien und den überaus real gedachten sozialistischen Stadtplanungen der Konstruktivisten.
Was bleibt, ist eine publikumsträchtige Schau mit prächtiger Kunst von den Nazarenern bis zu Kandinsky und Mondrian. Mehr zu bieten, lag wohl auch gar nicht in der Absicht des Hauses.