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Überleben in der Kälte

Der Gesang der Rotbauchunke ist unverkennbar: In Schleswig Holstein wird sie die Nachtigal von Fehmarn genannt. Denn auf dieser Ostseeinsel gab es früher jede Menge Rotbauchunken. Doch das gehört längst der Vergangenheit an, die Rotbauchunke ist auch hier vom Aussterben bedroht. Doch ein Schutzprojekt soll die Unke retten, mit zwei Millionen Euro fördert die EU eine grenzüberschreitende Maßnahme. Unter der Federführung der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, sind Unkenschützer aus Schweden, Dänemark und Lettland beteiligt.

Von Frauke Schäfer |
    Unbeirrbar gräbt sich die Schaufel des gelben Baggers in die Erde, auf einer Weidefläche auf der Kührener Halbinsel entsteht ein neues Laichgewässer für Rotbauchunken.

    Die bevorzugen warmes Wasser bereits im April, das heißt Gewässer müssen flach sein und sollten große Flachwasserzonen haben und entsprechend sind die dann auch sehr großflächig angelegt mit sehr viel flachen Uferzonen, so dass sicher ist, dass schon im Frühjahr warmes Wasser da ist. Und damit im Sommer auch ein Gewässerlebensraum für die Art da ist.
    Diplombiologe Hauke Drews von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein betreut die Anlage neuer Laichgewässer und Winterquartiere. Denn die Rotbauchunke hat es in Schleswig-Holstein nicht leicht. Sie siedelt vor allem in Ackerlandschaften, wird dort der Boden bearbeitet, werden viele Tiere getötet. Diesen Verlust können die Rotbauchunken nicht mehr ausgleichen, seit 40 Jahren sinkt der Bestand dramatisch:

    Ja es gibt nur eine Population, die relativ gut ist. Die ist auch bezeichnenderweise auf einem Truppenübungsplatz, wo es keine landwirtschaftliche Nutzung gibt. Da ist ganz viel Grasland um die Teiche rum, da rufen auch so 200 bis 300 Männchen pro Saison, das ist eine Population wo man sagen würde, das ist schon gut. Wir haben aber auch Populationen auf der Ostseeinsel Fehmarn, die bestehen nur aus zehn Tieren.

    Da reicht es nicht, nur neue Laichgewässer anzulegen, Populationsmanagement ist gefragt. Der Laich wird im Frühjahr eingesammelt und künstlich aufgezogen. In der Natur überstehen nur rund zehn Prozent der Unken das Laichstadium, bei der künstlichen Aufzucht sind es 80 bis 90 Prozent. Die Dänen haben es vorgemacht, bringen ihre Erfahrungen in das EU-Schutzprojekt ein und profitieren ihrerseits von der Arbeit der Schleswig-Holsteiner.

    Die Dänen haben gesehen, dass sie eigentlich nur durch ein Management für auch der Gewässerumgebung eine längerfristige Sicherheit in die Populationsentwicklung bekommen können. Und wir von der Stiftung Naturschutz haben Weideprojekte und haben auch gute Erfahrungen was das Gewässermanagement für grade Wärme liebende Amphibien durch Beweidung angeht.

    Und die Schweden steuern ihr Wissen über die Wiederansiedlung der bedrohten Unken zum Projekt bei. Hier waren diese Amphibien bereits ausgestorben, bevor Tiere aus Dänemark neue Populationen bildeten. Das Beispiel Schweden machte vor allem eines deutlich. Man kann nicht beliebig Unken von einem Teich in den nächsten oder von einem Land in das andere setzen, entscheidend für den Erfolg ist nicht zuletzt die genetische Zusammensetzung:

    Zu dem Zweck ist die Uni Potsdam mit dem Lehrstuhl Evolutionsbiologe eingebunden und die machen eine genaue Untersuchung der Verwandtschaftsverhältnisse, stellen fest, welches sind überhaupt die einheimischen Gene, die sozusagen in einer lokalen Population drin sind und klären die Frage ob eine Population von Inzucht betroffen ist, weil sie möglicherweise in der Vergangenheit schon sehr klein war und jetzt sozusagen nur noch Brüder und Schwestern dort leben. Ja, all diese Fragestellungen werden von Potsdam bewegt und sollen dann in das Populationsmanagement einfließen.

    Ein großer Aufwand für ein kleines Tier, doch ohne diese grenzüberschreitenden Anstrengungen hat die Rotbauchunke keine Chance. Nur so kann erreicht werden, das dort wo heute noch Bagger brummen, im Frühjahr wieder die Unken ihr Konzert geben können.