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Überraschend Nützliches

Zum 60. Male öffnet heute Deutschlands größte Erfindermesse ihre Tore. Fachbesucher aus achtzig Ländern werden bis zum Wochenende mehr als 800 Produktneuheiten und Erfindungen aus 34 Nationen sehen, begutachten und sich für einige, der in Nürnberg ausgestellten Produkte entscheiden, diese zu produzieren.

Von Wolfgang Noelke |
    Die in Nürnberg vorgestellten Produktneuheiten der vergangenen Jahrzehnte gehören mittlerweile selbstverständlich zu unserem Alltag, wie beispielsweise das Dixi-Klo, der 1967 von einem Australier in Nürnberg vorgestellte Sicherheitsgurt, rollende Koffer, die elektronische Briefwaage, das Skateboard, die Kindersicherung für Steckdosen, das Klappfahrrad oder der Putzeimer mit dem kleinen Einsatz zum Auswringen des Scheuerlappens. Lydia Zetl, langjährige Betreuerin der IENA:

    "Die Kofferrollen, das war natürlich eine der wichtigsten Erfindungen, die wir auf der IENA hatten, auch Tipp Ex war eine Sache, die auf der IENA vorgestellt wurde, die Schwimmflügel für Kinder, die Hundeleine, die sich da ein- und auszieht. Das sind lauter so Erfindungen, die man wirklich belächelt hat und die man jetzt ganz natürlich findet."

    Der Gurtabschneider, den Manuel Vogel und Tobias Weidner so entwickelten, dass er nachträglich in jedes Auto eingebaut werden kann, dürfte für kommende Generationen zu den, erstmals in Nürnberg vorgestellten Selbstverständlichkeiten des täglichen Lebens gehören. Sollte nach einem Verkehrsunfall ein Auto auf dem Dach liegenbleiben, können sich Insassen damit aus den Gurten befreien:

    "Wir sind beide bei der Feuerwehr und haben schon einige solche Unfälle erlebt, bei denen die Personen nicht rausgekommen sind, von alleine. Die haben halt dort gewartet, bis die Feuerwehr kommt. Und wenn jetzt so ein Fahrzeug in Brand gerät, kann das schon zu lang sein, bis die Feuerwehr da ist."

    Die Gurtschere ist eine Metallschiene, die man auch nachträglich montieren kann, ein paar Zentimeter über der Befestigung des Sicherheitsgurts, unten, am Türholm. Diese Stelle erreicht man immer, selbst wenn man kopfüber im Gurt hängen sollte. Im Notfall ertastet man dort eine, an der Metallschiene baumelnde dicke Kugel. Mit der Kugel zieht man an einem kurzen Drahtseil eine scharfe Klinge durch die Schiene und zerschneidet dabei den Sicherheitsgurt. Mieter von Dachwohnungen werden sich freuen, über die Erfindung von Michael Schilling aus Brühl, dessen Dach-Klappfenster selbst bei Unwetter auf Kipp stehen. Während eines warmen Sommerregens überlegte der Frischluftfanatiker...

    "...was machen wir da jetzt? Es regnet rechts und links rein. Da habe ich gesagt: Okay, am einfachsten ist es, in die Öffnung an den Seiten passende Dreiecke einzusetzen. Und da die Fenster alle Normgrößen haben, denk ich mal, ein Fenster, 08/15 hat genau das Maß - und dann wird's eben drauf passen."

    In die, im aufgeklappten Fenster links und rechts entstehenden Lücken passen diese Dreiecke immer - und sie fliegen selbst bei Sturm nicht vom Dach. Selbst wenn der Wind von vorne unter das Fenster bläst, verhindert ein Riegel, dass das Fenster aufklappt. Die Zeit der unerträglichen Sommerhitze unterm Dach, ist damit Vergangenheit, weil Michael Schilling für Kippfenster auch passende Fliegengitter und eine Einbruchsicherung entwickelte. Damit dürfte er kaum Schwierigkeiten haben, einen Produzenten zu finden, ebenso wenig, wie Ewald Bender, an dessen Gürtel, Werkzeuge absturzsicher einrasten, sowie eine Krefelder Stewardess, aus deren Doppelkammer- Kanne sie gleichzeitig oder abwechselnd Kaffee und Tee in zwei nebeneinander stehende Tassen gießt.

    Wörtlich genommen; der "Music-Box-Star" der diesjährigen IENA ist jedoch Alfred Schönfelder, ein ehemaliger Boxer der Leichtgewichtklasse und leidenschaftlicher Musiker. Die "Tasten" seines Musikinstruments sind 36 runde Lederkissen, jeweils im Durchmesser eines Tischtennisschlägers, die er in einem halbrunden, zwei Meter hohen Aluminiumgestell montierte, aus dessen Zentrum er mit seinen Fäusten buchstäblich "in die Tasten haut": Für ihn, gleichzeitig Instrument und Trainingsgerät:

    "Da die linke Hand meine Führhand ist, habe ich den Ton E in die Mitte gelegt. Mit meiner Linken kann ich jetzt den Ton E spielen. Ich kann mit dieser Linken auch drei oder viermal spielen, ich kann mit der Linken auch einen Rhythmus spielen. So, jetzt bringe ich meine rechte Hand ins Spiel. Das A, das G und wieder das E. Und so haben wir schon einen wunderschönen Blues."