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Überraschungscoup beendet Dauerstreit um Ferrostaal

Vor fast drei Jahren verkaufte der MAN-Konzern seine Tochter Ferrostaal an den arabischen Investor IPIC. Doc ein Schmiergeldskandal flog auf und entfesselte zwischen IPIC und MAN erbitterten Streit. MAN weigerte sich die Anteile zurückzunehmen - bis jetzt.

Von Michael Watzke |
    Die Kuh ist endlich vom Eis, heißt es heute inoffiziell bei MAN. Tatsächlich ist die Einigung zwischen dem Münchner LKW-Bauer und dem arabischen Staatsfonds IPIC ein klassischer Kuhhandel, wie man ihn auch auf einem bayerischen Viehmarkt oder einem Kamel-Bazar in Dubai beobachten könnte.

    Die Kuh - das ist Ferrostaal, die einstige MAN-Tochter. Der Industrie-Dienstleister aus Essen ist nach einer schweren Korruptions-Affäre ein etwas abgemagertes Stück Vieh. Deshalb wollte der Käufer IPIC das Unternehmen seit zwei Jahren an den Verkäufer MAN zurückgeben.

    Denn als IPIC Anfang 2009 einen 70-prozentigen Anteil an Ferrostaal kaufte, wussten die Araber nichts von dem Korruptions-Skandal. IPIC bezahlte damals 450 Millionen Euro an MAN. Nun kaufen die Münchner die Anteile für 350 Millionen zurück.

    "Ein klassischer Kompromiss, den wir absolut begrüßen,"

    sagt MAN-Sprecher Stefan Straub.

    Dass MAN sich nach jahrelangem Zögern auf den Kuhhandel einlässt, hat aus Sicht der Münchner mit einem dritten Spieler zu tun, den man erst mühsam finden musste: die Hamburger MPC-Gruppe. Der norddeutsche Investor übernimmt die Ferrostaal-Anteile für 160 Millionen Euro. MPC war schon im Jahr 2009 an Ferrostaal interessiert, hatte aber damals gegen IPIC den Kürzeren gezogen. Nun müssen die Hamburger nur noch knapp ein Drittel der damaligen Summe zahlen. Allerdings ist der Wert von Ferrostaal seitdem auch deutlich gesunken. MAN selbst wollte die Ferrostaal-Anteile auf keinen Fall behalten, denn das Essener Unternehmen, so MAN-Sprecher Straub, passe nicht ins Portfolio der Münchner.

    MPC dagegen betreibt mit Ferrostaal schon jetzt ein Joint Venture im Stahlhandelsgeschäft. Daher sei die Verbindung ideal, heißt es aus Hamburg, man könne Synergien schaffen. Allerdings betonen sowohl MAN als auch MPC, der Deal solle keine Arbeitsplätze kosten, man wolle die Kerngeschäftsfelder von Ferrostaal erhalten. Das sind vor allem der Industrienanlagenbau und der Automotive-Bereich.

    Die jahrelangen Streitigkeiten zwischen MAN und IPIC hatten zuletzt die operativen Geschäfte von Ferrostaal belastet. Die Firma schreibt rote Zahlen und will im nächsten Jahr den Turnaround schaffen. Auch MAN litt unter den stockenden Verhandlungen - vor allem beim Image. Das dürfte dem neuen Mehrheitseigentümer, der Volkswagen-Gruppe, nicht gefallen haben. Die Wolfsburger halten nach Reuters-Informationen mittlerweile 56 Prozent der MAN-Anteile. Sowohl MAN als auch VW-Aktien stiegen heute sprunghaft an, als die Einigung mit IPIC bekannt wurde. Allerdings bestreiten die Münchner, dass es Druck von Volkswagen gab. Dafür, so heißt es, seien die Beträge einfach zu niedrig.