Samstag, 04. Mai 2024

Archiv


Überrumpelung an der Discounter-Kasse

Verbraucherschützer haben Klage gegen die Handelskette famila eingereicht, weil diese von Kunden mit EC-Kartenzahlung zweifelhafte Einwilligungen zur Weitergabe von Kontodaten einfordere. Als Reaktion hat famila jetzt das Zahlungssystem umgestellt, das gab eine Unternehmenssprecherin heute Mittag bekannt. Kunden, die mit EC-Karte zahlen, bestätigen dies künftig mit ihrer PIN-Nummer. Jürgen Webermann erklärt, worum es bei dieser Auseinandersetzung geht.

Von Jürgen Webermann | 07.05.2010
    Ein Supermarkt in Norddeutschland. An der Kasse packen Kunden hektisch ihre Waren auf die Bänder. Möglichst schnell, denn sonst gibt's böse Blicke. Genau so schnell unterschreiben die meisten den Kassenbon, wenn sie mit EC-Karte zahlen. Keine Chance, das Kleingedruckte auf dem Zettel auch noch durchzulesen.

    "Letztendlich guckt man da nicht wirklich drauf." - "Nein, da hab ich noch nicht so drauf geachtet." - "Ich muss auch gestehen, ich habe mir das noch nie durchgelesen, das sind immer sehr lange Zettel, ich achte nur drauf, was abgebucht wird, und das ist alles" - "Das können die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sein, aber durchgelesen habe ich es mir noch nie."

    Statt allgemeiner Geschäftsbedingungen setzen die Kunden ihre Unterschrift unter eine Einwilligungserklärung. Das galt zum Beispiel in den Märkten der Handelskette famila. Der Text auf dem Kassenzettel war 35 Zeilen lang. famila verlangte darin, dass die Kunden die Weitergabe ihrer Kontodaten absegnen. Jana Brockfeld vom Verbraucherzentrale Bundesverband:

    "Laut Einwilligungserklärung dürfen diese Daten an die angeschlossenen Vertragspartner weitergegeben werden, also unklar ist, wer tatsächlich hier Vertragspartner ist. Das können Händler sein, Groß- und Einzelhandel, das weiß man gar nicht."

    Konkret handelt es sich nach Angaben von famila um die Firma TeleCash, einen Zahlungsdienstleister. TeleCash baue eine Sperrliste auf, an die mehrere Vertragspartner angeschlossen seien. Auf der Sperrliste landen Kunden, deren Konten zum Beispiel nicht gedeckt sind. Dadurch sollen Zahlungsausfälle verhindert werden. Ähnlich gehen auch die Supermarktketten Rewe und Penny vor, die mit dem Dienstleister easycash zusammenarbeiten. Verbraucherschützer werfen den Märkten vor, sie würden ihre Kunden quasi zwingen, die Einwilligungserklärung zu unterschreiben. Ein Vorwurf, den famila zurückweist, Zitat:

    "Kein Karteninhaber ist verpflichtet, die Einwilligung zu erteilen. Er kann den Bezahlvorgang problemlos abbrechen und ein anderes Verfahren wählen, zum Beispiel mit Kreditkarte."

    Außerdem, betont famila, würden Namen und Adressen der Kunden nicht weiter geleitet. Datenschützer sagen dagegen, die Praxis der Handelsketten sei ein mögliches "Einfallstor" für die unkontrollierte Weitergabe sensibler Informationen. Verbraucherschützerin Jana Brockfeld weist zudem darauf hin, dass es Alternativen gibt: ein Bezahlsystem, bei dem Kunden nur ihre PIN-Nummern eintippen müssen. Dieses System ist für Händler teurer, für Kunden aber sicherer: Ihre Daten werden nicht an andere Firmen weiter geleitet.

    "Es ist daher überhaupt nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Kunde die Daten preisgeben muss. Im Vordergrund steht nur das Interesse des Händlers, und die Rechte des Verbrauchers finden überhaupt keine Berücksichtigung."