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"Übertrieben und nicht wahr"

Die Leiterin der Berliner Rainer Werner Fassbinder Foundation, Juliane Lorenz, hat Vorwürfe von Fassbinders ehemaliger Ehefrau Ingrid Caven zurückgewiesen. Caven hatte unter anderem behauptet, Lorenz habe Mitarbeiter und Freunde des Regisseurs aus dessen Geschichte getilgt. Die Geschäftsführerin der nach dem Tod von Fassbinder gegründeten Stiftung sagte, sie würde sich wünschen, alle, die sich von ihr unterschlagen fühlen, würden sich mal bei ihr melden und mitarbeiten.

25.05.2007
    Burkhard Müller-Ullrich: Es sind noch gut zwei Wochen bis zum 25. Todestag von Rainer Werner Fassbinder, aber das Datum wirft schon Schatten voraus, Schatten auf die Fassbinder Foundation, deren wichtigste Aufgabe es ist, Fassbinders Werk "zu erhalten und zu entfalten", wie es auf der Website der Stiftung heißt. Dass sie das tadellos tut, wird ihr von vielen Seiten attestiert, bloß die Chefin der Stiftung, Juliane Lorenz, wird in der neuesten Ausgabe der "Zeit" als "moralisch ungeeignet" bezeichnet. Der Vorwurf kommt aus dem Mund von Ingrid Caven, die mit Fassbinder zwei Jahre lang verheiratet war und sich von der Stiftung, das heißt von Juliane Lorenz, geschnitten und gedemütigt fühlt. Caven behauptet nun im Gegenzug, Lorenz habe ihre Hochzeit mit Fassbinder bloß erfunden.

    Frau Lorenz, zunächst mal danke, dass Sie sich bereit erklärt haben, in dieser Sendung auf die Angriffe zu antworten, und ist es zumindest richtig, wenn man ganz einfach man feststellt: Frau Caven mag Sie nicht, und Sie mögen Frau Caven nicht?

    Lorenz: Nein, ich mag sie sehr, sie mag mich nicht.

    Müller-Ullrich: Sie mögen sie immer noch, auch nach den Angriffen in der "Zeit"?

    Lorenz: Die redet so, und ich bin eher der Meinung, dass man da über die Form der "Zeit" nachdenken muss, die so ein Forum bietet und die so was ungeprüft einfach abdruckt. Da sind ja riesige Fehler. Ich meine, wir sind dabei gerade, das alles ordnungsgemäß aufzuschlüsseln, das macht mein Rechtsanwalt. Ich habe ja alle Unterlagen, man kann das alles belegen. Und ich hoffe, dass die "Zeit" die Zeit findet und auch die Größe hat, wenn sie schon so was abdruckt, auch die beschuldigte Seite doch zu Wort kommen zu lassen.

    Müller-Ullrich: Aber wenn Sie sagen, so viele Fehler, ein paar müssten Sie mal nennen.

    Lorenz: Na ja, das sieht man ja ziemlich genau. Jetzt fange ich mal von einer Beschreibung von Caven an, da merke ich schon, dass man sich ja gar nicht beschäftigt mit demjenigen, um den man hier streitet. Es geht ja hier immer um Rainer, Rainer, wem gehört er oder wer vertritt den oder wie auch immer? Ich kann nur sagen, wenn Frau Caven bezeichnet wird als Ex-Frau, finde ich zum Beispiel auch idiotisch. Gut, sie war mal mit ihm verheiratet.

    Müller-Ullrich: War Sie es nicht?

    Lorenz: Ja, aber dieses Ex, das sind so diese journalistischen Sachen. Die war mit ihm verheiratet, aber sie habe in über 50 Filmen als Darstellerin und Produktionsleiterin mitgewirkt. Also erst einmal hat Herr Fassbinder 43 Filme gemacht, und wenn man einfach mal eine Biografie und eine Filmografie lesen würde, die auch bei uns in der Webseite ganz genau drin ist, dann guckt man da nach. Und dann stellt man fest, dass sie bei einem Film als Produktionsleiterin fungierte unter dem Namen Ingrid Fassbinder, und das war bei "Händler der vier Jahreszeiten", und dass sie exakt bei zwölf Filmen mitgespielt hat. Nur mal das so zu sagen, so über 50 Filme, so diese.

    Und so ungefähr ist das. Da wird eine kleine Maus aufgebauscht. Es ist durchweg, alles, was Ingrid sagt, a) zum ersten Mal übertrieben, und zweitens sind alle Sachen falsch und nicht wahr. Und ich kenne ja Ingrids Ton, das ist der Plappermaulton. Rainer nannte das sehr unflätig, und ich will ihn jetzt nicht auch noch zitieren müssen. Ich finde, das hätte eine Frau eigentlich von diesem Format, das sie vorgibt zu haben oder was sie da durch dieses Forum da bekommt, ja eigentlich nicht nötig.

    Ingrid Caven ist eine wunderbare Sängerin, und ich wünschte, man würde sie viel mehr im Radio hören, ehrlich gesagt. Alles, ihre ganze Wertigkeit, die da so durch ihre eigene Arbeit, das macht sie ja sehr toll, und ich bewundere sie, wie sie auf was aufsteigt. Ich hatte einen großen Erfolg mit "Berlin Alexanderplatz", wir haben weltweit Erfolge mit der Arbeit der Foundation. Und das ist das Einzige, was mich interessiert, muss ich Ihnen sagen, dass die Filme von Rainer ein junges, ein neues Publikum bekommen. Das ist eine sehr, sehr, sehr umfangreiche Arbeit, die so komplex ist, dass ich mir wünschen würde, die, die sich alle sozusagen unterschlagen von mir fühlen, würden sich mal bei mir melden und würden mal mitmachen, mitarbeiten. Es ist nämlich Arbeit, viel, viel Arbeit, ganz konkrete Arbeit.

    Und das hat mit Geld zu tun, das hat mit, ich habe so lange gebraucht, bis ich überhaupt in Deutschland eine Unterstützung gefunden habe. Schauen Sie, das interessiert mich. Und ich kann mich doch jetzt nicht mit lauter, ich tue es, ich muss es tun, deswegen bin ich auch hier mit diesen Anschuldigungen, die ich ja alle kenne, das rauscht immer so. Man weiß, es gibt die Gruppe vor Fassbinder und die Gruppe nach Fassbinder, ich gehöre jedenfalls zur Mitte. Ich habe Rainer kennen gelernt '76 und habe ihn die letzten Jahre begleitet, arbeitender Weise vor allem, auch liebender Weise. Man darf es mir vielleicht verzeihen, dass ich diesen Mann sehr geliebt habe und ihn auch in vielerlei Hinsicht in Schutz nehme, tue ich immer noch. Das sind Generationsfronten, wenn man das mal so will.

    Müller-Ullrich: Also in der Tat, wer wen mehr liebt oder nicht, können wir und wollen wir übrigens auch gar nicht ermitteln hier. Wem Fassbinder gehört, ist auch streng genommen nur eine juristische Frage, die bereits beantwortet ist. Dann gibt es aber noch so einen Zwischenbereich, bei dem Ihnen, und Sie haben das ja jetzt auch der Frau Caven vorgeworfen, Unwahrheit nachgesagt wird. Unwahrheit zum Beispiel jetzt im Hinblick auf Heirat. Vor welchem Standesamt haben Sie denn geheiratet?

    Lorenz: Ich habe nie gesagt, dass ich nach deutschen Gesetzen verheiratet war mit Rainer. Ich weiß auch gar nicht, wo das herkommt. Das habe ich nie gesagt.

    Müller-Ullrich: Aha, der Vorwurf geht also vollkommen ins Leere?

    Lorenz: Vollkommen.