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Ukraine
Janukowitsch bekräftigt Machtanspruch

Der gestürzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch will nach eigenen Worten den Kampf um die Zukunft des Landes fortsetzen. Niemand habe ihn abgesetzt, sagte er vor Journalisten in der russischen Stadt Rostow am Don. Janukowitsch warnt vor einem Blutvergießen auf der Krim.

28.02.2014
    "Ich bin bereit, den Kampf um die Zukunft der Ukraine aufzunehmen gegen Leute, die durch Angst und Terror die Macht an sich gerissen haben", beginnt der für abgesetzt erklärte Präsident seine Rede, nachdem er eine Woche untergetaucht war. "Niemand hat mich abgesetzt. Ich war gezwungen die Ukraine zu verlassen, wegen unmittelbarer Gefahr für mich und meine Angehörigen." Er sei weiter der rechtmäßige Staatschef des Landes.
    Er sprach von einer nationalistischen und profaschistischen Minderheit, die die Macht an sich gerissen habe. Zugleich stellte Janukowitsch Wahlen und eine Verfassungsreform für das Jahr 2015 in Aussicht, die eine Balance schaffen würde zwischen Befugnissen des Präsidenten und des Parlaments. An den Präsidentenwahlen im Mai wolle er nicht teilnehmen. Diese seien "illegal".
    Die Staatsanwaltschaft in Kiew hat angekündigt, sie werde von Russland die Auslieferung Janukowitschs verlangen. Er bestritt jedoch, die Polizei angeordnet zu haben, auf Demonstranten zu schießen. Mehrere ausländische Konten von Janukowitsch und mindestens 17 Vertrauten wurden gesperrt. Der gestürzte Präsident erklärte, er besitze keine ausländische Konten.
    "Westen für Krise verantwortlich"
    Janukowitsch macht den Westen für die Krise in der Ukraine verantwortlich. Vertreter einiger westeuropäischer Länder hätten der Opposition auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew nachgegeben, sagt Janukowitsch auf der Pressekonferenz. Er habe auf den Anstand der Vermittler vertraut, als er das Abkommen mit der Opposition unterschrieben habe. "Gesetzlosigkeit, Terror, Anarchie und Chaos" seien die Folge. Das Abkommen zwischen Janukowitsch und Regierungsgegnern war unter Vermittlung Deutschlands, Frankreichs und Polens zustande gekommen. Es sah unter anderem vorgezogene Wahlen in diesem Jahr und eine Beschneidung der Rechte des Staatsoberhauptes vor. Noch am selben Tag floh Janukowitsch aus Kiew.
    Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch schüttelt dem polnischen Außenminister Radoslav Sikorski die Hand, dahinter steht der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
    Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch (li.), Frank-Walter Steinmeier und Radoslav Sikorski - hier auf einem älteren Bild - haben offenbar eine Einigung erzielt. (picture alliance / dpa / Pawel Supernak)
    Janunkowitsch erklärte weiter: "Ich bin nicht aus Kiew geflüchtet." Er sei beim Verlassen von Kiew angeschossen worden. Sein Reiseziel sei Charkow gewesen, wo er an einem Forum teilnehmen wollte. Berichten zufolge wurde Janunkowitsch am dortigen Flughafen gehindert, in einem Privatjet abzuheben. Er werde in die Ukraine zurückkehren, sobald seine persönliche Sicherheit gewährleistet sei. Andererseits überrasche ihn, dass Russlands Präsident Wladimir Putin sich derart ruhig verhält und nicht öffentlich äußert. Moskau könne nicht einfach zuschauen. "Russland solle alle Möglichkeiten nutzen, um Chaos und Terror zu unterbinden, die es heute gibt in der Ukraine."
    Putin warnt vor Eskalation
    Nach Janukowitschs Pressekonferenz äußerte sich auch Putin nach langer Zeit wieder zur Lage in der Ukraine: Der russische Präsident warnt vor einer weiteren Eskalation. Dies habe er in Telefongesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem britischen Premierminister David Cameron und EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso deutlich gemacht, teilte das Präsidialamt in Moskau mit.
    Die Bundesregierung erklärte, Merkel habe in dem Gespräch ihrer Sorge Ausdruck verliehen, dass sich die Lage in der Ukraine destabilisieren könnte. Jeden Schritt, der zu einer Eskalation beitragen könnte, gelte es zu vermeiden. Auch mit Blick auf die ukrainische Halbinsel Krim habe Merkel um Zurückhaltung geworben. Merkel und Putin hätten vereinbart, in der Ukraine-Krise eng in Kontakt zu bleiben. Die Bundeskanzlerin gratulierte unterdessen dem neuen Premier zur Ernennung und sicherte ihm Unterstützung zu.
    Warnung vor Blutvergießen
    Janukowitsch warnte unterdessen vor einem Blutvergießen auf der Halbinsel Krim. Was jetzt auf dem autonomen Gebiet passiere, sei eine "natürliche Reaktion" auf die Machtergreifung durch Banditen in Kiew. "Die Krim-Bewohner werden sich natürlich nicht den Nationalisten beugen", sagte Janukowitsch. Dort gebe es jetzt eine Selbstverteidigung. Die Krim-Bewohner schützten ihren Grund und Boden. Die Krim solle aber mit einer erweiterten Autonomie im Bestand der Ukraine bleiben, mahnte der Politiker.