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Ukraine-Konflikt
Poroschenko gibt Debalzewe auf

Nach wochenlangen Kämpfen um die strategisch wichtige Stadt Debalzewe gibt sich das ukrainische Militär geschlagen. Berlin wirft den Rebellen eine grobe Verletzung der Waffenruhe vor. Ob das Minsker Abkommen noch zu retten ist, bleibt offen.

18.02.2015
    Ein Panzer mit ukrainischer Fahne und Soldaten zieht sich aus Debalzewe zurück.
    Die ukrainische Armee zieht sich zurück. (AFP / VOLODYMYR SHUVAYEV)
    Mit dem Eingeständnis der militärischen Niederlage im Kampf um den wichtigen Verkehrsknotenpunkt Debalzewe hat die ukrainische Führung den geordneten Rückzug unter Mitnahme der Waffen angeordnet. Der prowestliche Präsident Petro Poroschenko befahl am Mittwoch den Abzug der Regierungstruppen aus dem Ort. Die prorussischen Separatisten hatten gestern weite Teile von Debalzewe trotz einer vereinbarten Waffenruhe eingenommen und damit den Friedensplan gefährdet. Tausende ukrainische Soldaten waren dort von schwer bewaffneten Aufständischen in die Enge getrieben worden. Die Rebellen hatten mit der Eroberung eine Verbindung zwischen ihren Hochburgen Donezk und Lugansk geschaffen.
    "Truppen vollständig herausgekommen"
    Poroschenko meinte, der Truppenabzug widerlege Behauptungen der Aufständischen, die Soldaten eingekesselt zu haben. "Unsere Truppen sind vollständig mit Kampftechnik herausgekommen: mit Panzern, Schützenpanzern, selbstfahrenden Artilleriegeschützen und Transportern", sagte er. Kremlchef Wladimir Putin hatte bei einem Besuch in Ungarn am Dienstag eine Kapitulation der ukrainischen Truppen in Debalzewe verlangt.
    Der Westen forderte erneut eine Umsetzung des im weißrussischen Minsk beschlossenen Aktionsplans, der auch den Abzug schwerer Waffen vorsieht. Die Gewalt belaste die Friedenshoffnungen schwer, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Die Bundesregierung schloss weitere Strafen gegen Russland nicht aus, will aber an den Minsker Vereinbarungen festhalten. Die nächsten Schritte zur Einhaltung der Abmachung müssten gegangen werden, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
    Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini rief die moskautreuen Separatisten und Russland auf, das Minsker Abkommen unverzüglich umzusetzen. Auch sie drohte damit, die EU könnte neue Sanktionen verhängen, sollte die am Sonntag ausgerufene Waffenruhe nicht halten.
    Poroschenko bittet um Waffenlieferungen
    Poroschenko reiste am Mittwoch ins Konfliktgebiet Donbass, um den Debalzewe-Veteranen Orden zu verleihen und einen Kommandeur zum Helden der Ukraine zu ernennen. Am Abend wollte der Staatschef in Kiew mit dem Nationalen Sicherheitsrat die nächsten Schritte abstimmen. Zudem war eine erneute Telefonkonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel, Kremlchef Wladimir Putin, Frankreichs Staatspräsident François Hollande und mit Poroschenko geplant, wie aus Paris und Moskau bekannt wurde.
    Mit der einstimmigen Verabschiedung einer Resolution zur Ukraine verlieh der UN-Sicherheitsrat dem Friedensplan Nachdruck. Russland hatte den Entwurf eingebracht. Der ukrainische UN-Botschafter Juri Sergejew warnte dennoch, sein Land gleite in einen Krieg ab. Er warf Russland vor, sich als Unterstützer des Friedensplans darzustellen, aber in Wirklichkeit sei es ganz anders.
    Angesichts der Gewalteskalation bat Poroschenko nach Angaben aus Kiew in einem Telefonat mit US-Vizepräsident Joe Biden erneut um Waffenlieferungen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow warnte den Westen vor einem solchen Schritt. Die Lage in Debalzewe dürfe nicht zu einem Vorwand werden, den Friedensprozess scheitern zu lassen, meinte er in Moskau.
    (pg/stfr)