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Ukraine-Konflikt
Russisches Militär ist zurück an der Grenze

Russland hat seine Truppen an der Grenze zur Ukraine nach Darstellung der NATO wieder erheblich verstärkt. Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach von einer "neuen militärischen Aufrüstung Russlands". Nun fürchten einige einen Einmarsch in die Ukraine.

Von Gesine Dornblüth | 20.06.2014
    Das Bild zeigt russische Soldaten mit einem Panzer.
    Es sollen sich wieder mehr russische Soldaten an der Grenze zum Osten der Ukraine aufhalten. (dpa/picture alliance/Stanislav Krasilnikov)
    Dieses Mal soll es sich um Panzer, Armee-LKW und militärische Sanitätsfahrzeuge handeln, die Russland an die Grenze zur Ukraine verlegt hat. Entsprechende Amateuraufnahmen erschienen bereits Anfang der Woche im Internet. Die Bilder von den Militärkolonnen sollen in den russischen Gebieten Belgorod und Rostow am Don aufgenommen worden sein. Beide grenzen an die umkämpften Gebiete der Südostukraine. Nun haben gleich zwei namentlich nicht genannte Quellen der russischen Zeitung "RBK-Daily" die Rückkehr des Militärs an die Grenze bestätigt.
    Ein Angehöriger des Generalstabs sagte dem Blatt, die Attacke auf die russische Botschaft in Kiew sowie die Tatsache, dass die Armee der Ukraine das Feuer nach wie vor nicht eingestellt habe, hätten dazu geführt, dass man den Truppenabzug von der Grenze rückgängig gemacht habe. Es soll sich um mehrere tausend Soldaten handeln. Ein Duma-Abgeordneter berichtete von einer nicht öffentlichen Parlamentssitzung mit Verteidigungsminister Schojgu. Der Minister habe die Truppenverlegung damit begründet, dass die NATO ihre Aktivitäten in der Region verstärke.
    Nun erhalten Spekulationen über einen möglicherweise bevorstehenden Einmarsch der regulären russischen Armee in die Ukraine neuen Auftrieb. Am Mittwoch hatten einzelne Senatoren im Föderationsrat unter dem Eindruck des gewaltsamen Todes von zwei Mitarbeitern des russischen Staatsfernsehens in der Ostukraine einen Militäreinsatz erneut ins Spiel gebracht. Walentina Matwienko, Vorsitzende des Föderationsrates, beteuerte jedoch, Russland sei für eine politische Lösung des Konflikts. Und auch der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Staatsduma, Wladimir Komojedow, sagte, es gebe keine Pläne für einen Einmarsch in die Ukraine.
    Pavel Felgenhauer, Militärexperte der kremlkritischen Zeitung "Novaja Gazeta", glaubt den Beteuerungen der Politiker nicht. Dem Internetsender Doschd-TV sagte er:
    "Der Abzug der Truppen Ende Mai war lediglich eine militärisch-technische Notwendigkeit. Einige Bataillone mussten abgezogen werden, um Wehrpflichtige zu entlassen, deren Dienstzeit abgelaufen war, und um Technik zu warten. Russland wird nächsten Monat so weit sein, ernsthaft in der Ukraine einzugreifen. Nach der Fußball-Weltmeisterschaft. Danach ist fast alles möglich."
    Unterdessen sorgen die Entwicklungen in der Südostukraine auch auf der russischen Seite für Unruhe. Zum Beispiel in der Grenzstadt Gukowo. Anwohner hatten dort Panzer gesehen. Über das Internet verbreiteten sich Gerüchte: Die Stadt werde evakuiert. Die Stadtverwaltung sah sich genötigt, zu dementieren. In einer Erklärung hieß es, jemand wolle Panik verbreiten und die Lage auch auf der russischen Seite destabilisieren.
    Parallel zu den Truppenbewegungen reisen weiterhin Freiwillige aus Russland zum Kämpfen in die Ukraine. Sie organisieren sich über das Internet. So wurde zum Beispiel dazu aufgerufen, sich zu einer bestimmten Zeit am Bahnhof von Rostow zu versammeln, in Zivil, mit Camouflage, Stiefeln, Wäsche zu Wechseln und Lebensmitteln für drei Tage im Gepäck. Journalisten beobachteten, wie sich eine Handvoll Männer zum angegebenen Zeitpunkt einfanden.