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Ukraine-Konflikt
Wachstum der russischen Wirtschaft im ersten Quartal halbiert

Während der Chef der russischen Staatsbahn, der Putin-Vertraute Wladimir Jakunin, in Berlin den Westen scharf attackierte, nutzte die Führung in Moskau einen internationalen Kongress, um Warnungen im Bereich der Energie- und der Rüstungspolitik zu platzieren. Ökonomisch aber wird Moskau zunehmend verletzlich.

Von Robert Baag | 15.05.2014
    Container werden im Hafen von Wladiwostok verladen.
    Die russische Wirtschaft hat im 1. Quartal rapide abgenommen. (dpa / Vitaliy Ankov)
    Die Anspannung war Dmitrij Medvedev, dem russischen Ministerpräsidenten, anzusehen. Denn die heute veröffentlichten Zahlen des Staatlichen Statistik-Amtes klingen alles andere als beruhigend: Das Wachstum der russischen Wirtschaft habe sich demnach im ersten Quartal dieses Jahres halbiert – und das bei der anhaltenden Krise um die Ukraine. Eine Rezession steht nach Ansicht vieler Experten sehr bald ins Haus. Die Diskussionen um mögliche weitere Sanktionen des Westens halten an, könnten am Ende die wichtigsten Einnahmequellen Russlands berühren, den Export von Erdöl und Erdgas in Richtung Europa. Pläne des Westens, sich nicht zuletzt wegen dieser Krise künftig unabhängiger von russischen Energie-Lieferungen zu machen, sind Moskau nicht entgangen. Auf einem Internationalen Energieforum heute in der russischen Hauptstadt reagierte Medvedev verärgert. Doch auch Verunsicherung war zu spüren:
    "Fragen rund um Energielieferungen zu politisieren, schafft ernsthafte Risiken, was die Energiesicherheit angeht. Eine künstliche Diversifizierung von Energieströmen könnte dazu führen, dass traditionelle Wirtschaftsbeziehungen abreißen - mit gigantischen, ich wiederhole, gigantischen Verlusten sowie zu dann bald unrentablen Industrieunternehmen. Nimmt man noch die aktuelle wirtschaftliche Instabilität hinzu, kann sich all das auf die weitere Entwicklung der Nationalökonomien auswirken."
    Einmal mehr forderte Medvedev die Ukraine auf, ihre Gasschulden zu begleichen. Spielregeln seien einzuhalten und könnten nicht nach Belieben geändert werden. Zuvor noch hatte Kiew sich bereit erklärt bis Ende des Monats entsprechend vier Milliarden Dollar zu überweisen. Allerdings müsse Moskau den nach ukrainischer Ansicht bislang überhöhten Preis von weit über vierhundert Dollar auf dann 268 Dollar 50 pro tausend Kubikmeter Gas absenken. Moskau hat bereits vor einiger Zeit angekündigt, der Ukraine ab Juni Gas nur noch gegen Vorkasse zu liefern.
    Um den seit langem anhaltenden massiven Kapitalabfluss, vor allem aber die Abwertung des Rubel in den Griff zu bekommen, überlegt die russische Regierung offenbar, künftig die Rechnungen für Energielieferungen in ihrer eigenen Landeswährung zu stellen, um so den Rubel zu stützen. Experten warnen allerdings bereits, dass ein derartiger Schritt für die Wettbewerbsfähigkeit Russlands wohl eher kontraproduktiv sei. – zuvor hatte auch noch Russlands Präsident Putin mit einem Vorschlag für Aufsehen gesorgt, den nicht wenige Beobachter als vorbeugende Reaktion auf mögliche weitere Sanktionen sowie als nächsten Schritt Russlands hin zu einer einkalkulierten Selbstisolation werten. An die Rüstungsindustrie des Landes, zugleich eine der größten Waffenexporteure weltweit, appellierte Putin:
    "Wir müssen alles tun, damit sämtliche Bau- und Ersatzteile in der Rüstungsindustrie Russlands nur noch auf unserem eigenen Staatsgebiet hergestellt werden, damit wir von niemandem abhängen, wenn wir unsere Armee und Marine auf neue Waffensysteme umstellen. "