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Ultraleichtes Edelmetall
Schweizer Forscher entwickeln schwammartiges Gold

Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie Gold in Form eines Schwamms herstellen. Der Vorteil: Es ist viel leichter als gewöhnliche Goldlegierungen. Damit wäre es für verschiedene Anwendungsgebiete praktisch. Nun soll das neue Material zum kommerziellen Produkt werden.

Von Frank Grotelüschen | 20.01.2020
Das Bild zeigt ein goldenfarbenes, rundes Scheibchen, das in einer transparenten Plastik-Schale liegt.
Das neue Material ist echtes Gold, hat aber die mechanischen Eigenschaften von Plastik (ETH Zürich)
In seinem Labor hält Raffaele Mezzenga ein Metallplättchen in den Fingern und dreht es vor der Kamera hin und her. Sieht aus wie ein Knopf aus purem Gold. Doch dann lässt er es auf die Tischplatte fallen, und es ertönt kein metallenes "Pling", sondern ein Geräusch, als würde ein Plastik-Chip runterfallen. Ist es Falschgold? Nein, beteuert Mezzenga, Professor für Lebensmittel und weiche Materialien an der ETH Zürich:
"Es sieht aus wie ein Nugget aus 18-karätigem Gold, weil es ein Nugget aus 18-karätigem Gold ist! Allerdings ist seine Dichte viel kleiner, fünf bis zehn mal geringer als die von Gold. Es ist also sehr leicht."
Superkritisches CO2
18-karätiges Gold – für gewöhnlich ist das eine Legierung aus drei Vierteln Gold und einem Viertel Kupfer. Der 18-Karäter aus Zürich dagegen besteht aus 75 Gewichtsprozent Gold und 25 Prozent Plastik – und dazwischen jede Menge Luft, denn das Labor-Nugget hat die Struktur eines Schwamms. Seine Herstellung folgt einer raffinierten Prozedur:
"Als Erstes stellen wir Proteinfasern aus Milch her. Diese Fasern binden sehr gut Metalle an sich, auch Gold. Dann setzen wir eine Lösung an, geben erst Gold dazu und dann Latex, und zwar in Form von Nanopartikeln."
Diese Lösung wandelt das Team mit Hilfe eines Salzes in ein Gel um. Nach weiteren Zwischenschritten landet das Gel in einer Druckkammer. Dort spült eine spezielle Form von CO2, superkritisches CO2 genannt, alles Flüssige aus dem Gel heraus:
"Was übrig bleibt, ist ein fester Stoff aus Protein, Gold und Plastik. Er lässt sich bearbeiten, schneiden und auch polieren. Es ist echtes Gold, aber seine mechanischen Eigenschaften sind die von Plastik."
Gold mit Schwammstruktur durch Lufteinschlüsse
Echtes Gold, das leicht ist wie Plastik – dafür sorgt die mikroskopische Schwammstruktur: Das Material enthält unzählige Lufteinschlüsse, so winzig, dass sie mit bloßem Auge nicht sichtbar sind. Für Raffaele Mezzenga hat das neue Leichtgold jede Menge Potenzial:
"Es gibt unzählige Möglichkeiten: Zum einen natürlich die Schmuckindustrie und die Herstellung von Armbanduhren. Aber Gold wird auch in der Elektronik verwendet, beim Strahlenschutz und als Katalysator in der chemischen Industrie. Und wir denken, wir können alle Anwendungen in Angriff nehmen, die man für Gold kennt.
Maßnahmen vor möglicher Massenproduktion
Doch bevor sich das neue Leichtgold industriell herstellen lässt, gibt es noch einige Hürden zu nehmen:
"Man müsste noch herausfinden, wie es um die Langzeitstabilität bestellt ist. Offen ist auch, wie eine Massenproduktion aussehen kann. Bisher haben wir keine 10 Nuggets in unserem Labor hergestellt. Um daraus ein kommerzielles Produkt zu machen, muss man in der Lage sein, es in großen Stückzahlen herzustellen."
Herausforderungen, die sich meistern lassen sollten, meint Mezzenga. Ein Patent jedenfalls sei schon erteilt. Und als sein Team die Erfindung kürzlich in einer Fachzeitschrift vorstellte, sei die Zahl der Anfragen schlicht überwältigend gewesen.