Man kann auch mit wenigen, mit 20 Bildern viel erzählen. Die kleine Ausstellung, die der Kurator Klaus Gallwitz jetzt im Museum Frieder Burda veranstaltet, will die Beziehung Max Beckmanns zu Baden-Baden beleuchten und markiert dabei einen Bruchpunkt: gesellschaftlich die Endphase der Weimarer Republik und den Beginn der Naziherrschaft, persönlich, für Beckmann, Depression und körperliche Leiden sowie die Flucht ins Exil. Der lokale Bezug zum mondänen Kurort Baden-Baden und Beckmanns Blick auf Schauplätze, die sich dem Betrachter heute noch ganz ähnlich präsentieren, lässt auf einmal Geschichte naherücken: Der skurrile Ort der Superreichen, heute eher von SWR-Redakteuren und Damen mit Pudel dominiert, wird zur dunklen Kulisse.
Beckmann war in den zwanziger Jahren und dann von 1935-37 insgesamt fünfmal in Baden-Baden, zunächst, um Freunde zu treffen, am Ende, um als Kurgast Schwermut, Schlaflosigkeit und anderes zu lindern. Da hatten ihm die Nazis seine Stelle als Lehrer an der Frankfurter Städelschule schon weggenommen. Die Ausstellung geht von zwei Bildern aus, die Burda selber besitzt, "Stourdza-Kapelle" und "Blick aus dem Fenster", und gruppiert Baden-Badener Eindrücke, die Beckmann dann im Berliner Atelier ausgearbeitet hat: unfassbar leere, manchmal von winzigen Menschlein bevölkerte Kurgärten, Golfplätze, Wiesen und Wege im Schwarzwald in holzschnittartiger Aufsicht, fahle Perspektiven aus Hotels heraus, kulissenhaft zusammen geschobene nächtliche Parks, wo ein bleicher Mond den Rhododendron anleuchtet und die Häuser nur noch Spielzeugformat erreichen.
Das sind schon die dreißiger Jahre: Der Kurgast Beckmann sonderte sich ab, ging allein spazieren inmitten einer wohlhabenden, etwas gleichgültigen internationalen Gesellschaft, sah das nebendran heraufziehende braune Unglück und schwieg. Schon 1923 hatte er das für die Ausstellung zentrale Bild gemalt: "Tanz in Baden-Baden", eine Studie kühler, kalter, posenhafter Vergnügungssucht, eine Art Sinnbild für den beginnenden Todestanz der Weimarer Republik in der Wirtschaftskrise. Zu diesem Bild sind auch einige großartige Skizzen zu sehen, und auch zu der schrillen Spielbank-Szene "Traum von Monte Carlo" kann man die Vorarbeiten studieren.
Gallwitz hat dieses wichtige Bild natürlich wegen der motivischen Nähe zur Baden-Badener Spielbank in die Ausstellung aufgenommen, obwohl es schon im Exil begonnen und erst 1943 vollendet wurde: eine wüste Mixtur aus Geld und schwüler Erotik. Eine kartenspielende Frau liegt wie der Hauptpreis gespreizt auf dem Spieltisch, im Hintergrund haben die Croupiers Schwerter in den Händen, Portalfiguren für das Ende der Geschichte: les jeux sont faits. Stilistisch ist hier, neben der grellen, zirkushaften Farbigkeit, die voluminöse Kompaktheit der Figuren das Wesentliche – wie übrigens auch bei Beckmanns statuarischem, resignierten Selbstportrait von 1941 mit der Ehefrau Quappi; die Zeiten waren brachial.
Klaus Gallwitz hat also um die Baden-Baden-Bilder das motivisch Naheliegende gruppiert: ein bräunlicher Ochsenstall von 1933 zeigt die nazistische Verdüsterung, eine mit groben Gliedmaßen im Trapez hängende Artistin spinnt die Zirkushaftigkeit der Zeit fort, ein starrer Zeitungleser sitzt im Exil. Zwei helle italienische Landschaften stehen für die verlorene Freiheit.
Unten in der großen Halle hängen nun, in der Wechsel-Präsentation der Burda-Sammlung, drei riesige gespachtelte Farborgien (und anderes) von Gerhard Richter – das schließt schön an die Gewalttätigkeit mancher Beckmann-Bilder an. Die nebenan gelegene Staatliche Kunsthalle Baden-Baden zeigt eine Ausstellung zum Thema Parklandschaften – und auch das schlägt eine Brücke zu Beckmanns Kuraufenthalten. Zuguterletzt: die Beckmann-Ausstellung wandert im September weiter ins Museum für Neue Kunst nach Freiburg – und so hat auch diese Stadt, die kein ihrer Größe angemessenes Museum für die Klassische Moderne besitzt, einen kleinen Vorteil vom Burda-Museum.
Beckmann war in den zwanziger Jahren und dann von 1935-37 insgesamt fünfmal in Baden-Baden, zunächst, um Freunde zu treffen, am Ende, um als Kurgast Schwermut, Schlaflosigkeit und anderes zu lindern. Da hatten ihm die Nazis seine Stelle als Lehrer an der Frankfurter Städelschule schon weggenommen. Die Ausstellung geht von zwei Bildern aus, die Burda selber besitzt, "Stourdza-Kapelle" und "Blick aus dem Fenster", und gruppiert Baden-Badener Eindrücke, die Beckmann dann im Berliner Atelier ausgearbeitet hat: unfassbar leere, manchmal von winzigen Menschlein bevölkerte Kurgärten, Golfplätze, Wiesen und Wege im Schwarzwald in holzschnittartiger Aufsicht, fahle Perspektiven aus Hotels heraus, kulissenhaft zusammen geschobene nächtliche Parks, wo ein bleicher Mond den Rhododendron anleuchtet und die Häuser nur noch Spielzeugformat erreichen.
Das sind schon die dreißiger Jahre: Der Kurgast Beckmann sonderte sich ab, ging allein spazieren inmitten einer wohlhabenden, etwas gleichgültigen internationalen Gesellschaft, sah das nebendran heraufziehende braune Unglück und schwieg. Schon 1923 hatte er das für die Ausstellung zentrale Bild gemalt: "Tanz in Baden-Baden", eine Studie kühler, kalter, posenhafter Vergnügungssucht, eine Art Sinnbild für den beginnenden Todestanz der Weimarer Republik in der Wirtschaftskrise. Zu diesem Bild sind auch einige großartige Skizzen zu sehen, und auch zu der schrillen Spielbank-Szene "Traum von Monte Carlo" kann man die Vorarbeiten studieren.
Gallwitz hat dieses wichtige Bild natürlich wegen der motivischen Nähe zur Baden-Badener Spielbank in die Ausstellung aufgenommen, obwohl es schon im Exil begonnen und erst 1943 vollendet wurde: eine wüste Mixtur aus Geld und schwüler Erotik. Eine kartenspielende Frau liegt wie der Hauptpreis gespreizt auf dem Spieltisch, im Hintergrund haben die Croupiers Schwerter in den Händen, Portalfiguren für das Ende der Geschichte: les jeux sont faits. Stilistisch ist hier, neben der grellen, zirkushaften Farbigkeit, die voluminöse Kompaktheit der Figuren das Wesentliche – wie übrigens auch bei Beckmanns statuarischem, resignierten Selbstportrait von 1941 mit der Ehefrau Quappi; die Zeiten waren brachial.
Klaus Gallwitz hat also um die Baden-Baden-Bilder das motivisch Naheliegende gruppiert: ein bräunlicher Ochsenstall von 1933 zeigt die nazistische Verdüsterung, eine mit groben Gliedmaßen im Trapez hängende Artistin spinnt die Zirkushaftigkeit der Zeit fort, ein starrer Zeitungleser sitzt im Exil. Zwei helle italienische Landschaften stehen für die verlorene Freiheit.
Unten in der großen Halle hängen nun, in der Wechsel-Präsentation der Burda-Sammlung, drei riesige gespachtelte Farborgien (und anderes) von Gerhard Richter – das schließt schön an die Gewalttätigkeit mancher Beckmann-Bilder an. Die nebenan gelegene Staatliche Kunsthalle Baden-Baden zeigt eine Ausstellung zum Thema Parklandschaften – und auch das schlägt eine Brücke zu Beckmanns Kuraufenthalten. Zuguterletzt: die Beckmann-Ausstellung wandert im September weiter ins Museum für Neue Kunst nach Freiburg – und so hat auch diese Stadt, die kein ihrer Größe angemessenes Museum für die Klassische Moderne besitzt, einen kleinen Vorteil vom Burda-Museum.