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Umpflanzen im XXL-Format

Wer schon mal versucht hat, eine ausladende Agave oder eine große Zimmerlinde umzupflanzen, weiß, dass das ziemlich mühsam ist. Wie machen das Gärtner in Botanischen Gärten oder Orangerien, wo meterhohe Palmen, Lorbeerbäume und Bananenstauden in riesigen Töpfen wachsen?

Von Verena Kemna |
    Es sind nur noch wenige Wochen, bis die kälteempfindlichen exotischen Pflanzen endlich wieder unter freiem Himmel stehen. Bevor die Besucher Orangenbäume, Pomeranzen, Palmen, Oleander und andere exotische Pflanzen auf den Terrassen und Wegen im Park von Sanssouci bewundern können, haben die Schlossgärtner viel zu tun. Sie beschneiden Orangenbäume und Lorbeer, machen die Pflanzen fertig zum Umtopfen. Chefgärtner Hartmut Hiller steht vor einem lindgrün gestrichenen kniehohen Holzkübel. Zwei fingerdicke Metallringe halten die daumenstarken Holzleisten. Gut abgelagerte Eiche hat sich am besten bewährt.
    Ein Böttcher aus Pirna fertigt jedes Jahr eigens für Sanssouci etwa hundert neue Kübel. Holz von Linde, Lärche oder gar Pappel würde viel zu schnell verrotten. Hartmut Hiller streicht liebevoll mit der Hand über die glatte abgeschrägte Innenseite des Eichenkübels, deutet auf einen schwarzen fettigen Film am Zeigefinger. Genau richtig, sagt er. Jeder Kübel wird ausgebrannt, ein natürlicher Holzschutz.

    "Aus dem einfachen Grund, wenn ich Holz ankohle, hat es eine bestimmte Reinheit, und die Feuchtigkeit von Wurzeln und Erde geht nicht so schnell ins Holz rein."

    Seit fast fünf Jahrzehnten wacht Schlossgärtner Hiller über die Gesundheit der imposanten Kübelpflanzen. Einige Palmgewächse sind meterhoch und tonnenschwer. Ob die Kübel einen halben oder über einen Meter Durchmesser haben, Augenmaß ist gefordert. Die Optik der Pflanze bestimmt die Größe des Kübels. Auf dem Boden liegt ein Haufen Tonscherben. Sie werden beim Umtopfen zuerst eingefüllt.

    "Das sind kaputte Tonscherben, also alte Töpfe, die wir kaputt machen, die nehmen wir als Drainage unten in den neuen Kübel rein. Viele nehmen Flies und machen dann Tongranulat rein, das finden wir nicht so gut, weil die Tongranulate unten die Löcher im Kübel verstopfen können. Das heißt, der Kübel wird dann eventuell doch zum Schwimmbecken."

    Er kratzt mit dem Zeigefinger über die feste, feuchte Erde einer meterhohen Palme. Die Fingerprobe, meint er, hat sich bestens bewährt. Die meisten gießen viel zu viel.

    "Und das Wichtige ist noch, düngen sie nicht zu viel. Wenn die Pflanze grün ist, ist sie grün. Grüner als grün geht´s nicht."

    In einer Schubkarre liegt ockerfarbener feuchter Kies. Was für den Laien aussieht wie Sand, kommt als Schicht über die Topfscherben. Dann folgt ein spezielles Erdgemisch vom Gärtner, nicht etwa fertig verpackt aus dem Pflanzenmarkt. Was sich in der Orangerie bewährt hat, gilt auch für den Privatgärtner.

    "Das Erdgemisch besteht aus Lehmerde, Kompost, Rasenerde, Sand, das ist das Wichtigste. Dazu sind Hornspäne beigemischt, ja, das ist unsere Erdmischung, und die muss zehn Jahre halten, etwa so lange, wie auch der Holzkübel hält."

    Er nimmt das Außenmaß des alten Kübels als Innenmaß für den neuen. Nach dem Herausheben der Pflanzen wird die Wurzelscheibe um etwa zehn Zentimeter gekürzt. Dann wird das Wurzelwerk aufgerissen, lose Enden müssen ab.

    "Das ist ganz wichtig, dass die Wurzeln glatt weggeschnitten werden weil sie sonst in Fäulnis gehen. Dann wird kräftig angestopft, das ist wichtig, damit keine Hohlräume entstehen, weil es sonst wieder zu Fäulnisbildung an den Wurzeln kommen kann, kräftig angießen und hinstellen."

    Feste Regeln fürs Umtopfen gibt es nicht. Acht bis zwölf Jahre lang können Pflanzen in einem guten Holzkübel überdauern. Gießen, ja, aber nicht zu viel, und mit jeder Pflanze sprechen, nach diesen goldenen Regeln arbeitet Schlossgärtner Hartmut Hiller seit Jahrzehnten.

    "Wenn der Kübel kaputt ist oder die Pflanze wirklich so schwächelt, dass sie gelb aussieht, also mit Blaukorn, wir düngen mit Blaukorn, das ist für mich das Beste, dann muss ich damit hinkommen."