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Umstrittene Ausbildungs-Initiative

Spanien und Deutschland wollen bei der beruflichen Bildung enger zusammenarbeiten. Die Arbeitsministerinnen haben eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Kritiker werfen den beiden Regierungen jedoch vor, bei der Partnerschaft rein politisch motiviert zu handeln.

Von Reinhard Spiegelhauer | 21.05.2013
    Es klingt sehr schön, was die spanische Arbeitsministerin Fátima Báñez und ihre deutsche Amtskollegin Ursula von der Leyen heute unterschrieben haben: Im Geiste einer freundschaftlichen Partnerschaft sollten die gegenseitigen Kenntnisse verbessert, das voneinander Lernen gefördert werden. Mit dem Ziel, Jugendliche in Jobs zu bringen.

    Und die spanische Arbeitsministerin rückte dementsprechend auch die Jugendlichen in den Mittelpunkt, nachdem die gemeinsame Absichtserklärung unterschrieben war:

    "Ich denke, sie eröffnet spanischen Jugendlichen viele Möglichkeiten, die sie in diesen Krisenzeiten in Spanien nicht haben. Daher meinen Dank der Ministerin für ihr Engagement und ihre Sensibilität. Danke dafür, dass sie jedes Jahr 5000 spanischen Jugendlichen eine Chance in Deutschland geben, in der Ausbildung oder als Fachkräfte."

    Ziemlich illusionslos klingt dagegen die Analyse, der spanischen Tageszeitung El Mundo - es gehe vor allem darum, aus der tragischen Lage eine "Win-win-Situation" für die Regierungen zu machen, schreibt sie, und der sarkastische Unterton ist nicht zu überlesen: Spanische Jugendliche sollten deutsche Renten zahlen und die Rajoy-Regierung sei vor allem froh über jeden Arbeitslosen, der aus der Statistik getilgt werde.

    In der Rahmenvereinbarung zwischen dem spanischen und dem deutschen Arbeitsministerium werden sieben Punkte genannt, in denen es einen intensiven Erfahrungs- und Meinungsaustausch geben soll. Wichtige Stichworte sind Mobilität und betriebliche Berufsausbildung. Arbeitsministerin von der Leyen warb in Madrid mit den Vorteilen des dualen Ausbildungssystems in Deutschland:

    "Die Betriebe sind in der Lage, genau das auch beizubringen, oder den Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen, der auch Zukunft hat, und die Techniken den jungen Menschen nahe zu bringen, die nachhaltig sind."

    Schon seit Jahren ist die Rede davon, dass Spaniens Ausbildung zu verschult sei - und bereits seit knapp einem Jahr gibt es eine Vereinbarung zwischen den beiden Bildungsministerien, mit der der Austausch über Ausbildungssysteme gefördert werden sollte. Dennoch gibt es praxisnahe Ausbildung bisher vor allem in Modellprojekten. Dass man jetzt auch miteinander über sinnvolle gesetzliche Rahmenbedingungen reden will, zum Beispiel, was Ausbildungsverträge angeht, könnte einen neuen Impuls geben.

    Und Ursula von der Leyen bemühte sich in Madrid, dem Eindruck entgegenzuwirken, dass Deutschland nur aus eigenem Interesse an qualifizierten Arbeitskräften handle. Es gehe auch um den europäischen Gedanken, so die Arbeitsministerin:

    "Dass wir innerhalb Europas freies Studieren, freies Reisen, aber eben auch freies Arbeiten, freie Ausbildung haben, und dass die Mobilität innerhalb Europas, also die guten Erfahrungen auch in verschiedenen Ländern, die wir miteinander machen, Freundschaften begründen, aber auch Vorurteile abbauen, die auf die Dauer dann auch den europäischen Gedanken in die nächste Generation tragen."

    Die meisten Spanier allerdings sähen den europäischen Gedanken besser gefördert, wenn die Bankenunion stärker vorangetrieben würde und Deutschland, statt weiter einseitig an der Spardoktrin festzuhalten, die Rufe nach mehr EU-Impulsen für die Wirtschaft erhören würde. Denn angesichts von gut zwei Millionen Jugendlichen, die in Spanien keinen Job finden, sind 5000 Chancen in Deutschland bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.