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Umstrittene Umweltschutztechnologie

In den nächsten Wochen will die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur unterirdischen Lagerung von Kohlendioxid verabschieden. Denn mehrere Energiekonzerne wollen diese sogenannte CCS-Technologie möglichst bald in Kohlekraftwerken anwenden. Umweltverbände kritisieren den Gesetzentwurf als "Wahlgeschenk für die großen Kohleverstromer".

Von Claudia van Laak |
    Seit einem halben Jahr läuft es nun, das 30 Megawatt-Kraftwerk im brandenburgischen Schwarze Pumpe. An diesem vergleichsweise kleinen Kohlekraftwerk erproben die Kraftwerksbauer das sogenannte Oxyfuel-Verfahren, bei dem die Kohle mit zurückgeführtem Rauchgas und reinem Sauerstoff verbrannt wird. Vattenfall-Ingenieur Daniel Kosel:

    "Wir haben zumindest geschafft nachzuweisen, dass all das, was wir uns vorgenommen haben, funktioniert. Wir haben die Oxyfuel-Technologie gefahren, wir haben das CO2 abgeschieden. Das hat alles funktioniert. Und jetzt zurzeit sind wir dabei, die Anlage zu stabilisieren; also so zu stabilisieren, dass man damit später auch ein Großkraftwerk betreiben kann."

    Ein erster Erfolg der CCS-Technologie - doch mit dem Kraftwerk allein wird das Klima nicht geschützt. Vattenfall fehlt eine Genehmigung zur Verpressung und unterirdischen Lagerung des klimaschädlichen Gases. Vorgesehen ist eine Lagerstätte in Sachsen-Anhalt, doch das dortige Wirtschaftsministerium hat das Genehmigungsverfahren auf Eis gelegt. Es wartet auf das CCS-Gesetz aus Berlin. Reinhardt Hassa, Vorstandschef der Vattenfall-Sparte Bergbau und Energieerzeugung:

    "Ich gehe davon aus, dass wir die Genehmigung zur Speicherung der maximal 100.000 Tonnen aus der Pilotanlage noch erhalten und dann etwas verspätet, aber letztendlich doch noch Teile aus der Pilotanlage einspeichern können."

    Bis dahin pustet das Pilotkraftwerk in Schwarze Pumpe den Großteil des abgeschiedenen CO2s in die Luft. Die Koalitionäre in Berlin diskutieren derweil über Einzelheiten des CCS-Gesetzes. Umstritten ist nach wie vor die Haftungsregelung.

    Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Betreiber des unterirdischen Kohlendioxid-Speichers 20 Jahre lang für eventuelle Schäden haften müssen, danach sind die Länder zuständig. Einzelne Bundesländer, Umweltpolitiker aus der SPD-Fraktion und auch Umweltverbände möchten, dass die Unternehmen länger haften. Axel Kruschat, Landesgeschäftsführer des Umweltverbandes BUND in Brandenburg:

    "Also, man muss sich vorstellen, dass die Wissenschaft, also das Geoforschungszentrum in Potsdam zum Beispiel, in Ketzin gerade die prinzipielle Möglichkeit der CO2-Lagerung erforscht - und die Erforschung noch gar nicht abgeschlossen ist. Es wird aber, ohne auf diese wissenschaftlichen Kenntnisse zu fußen, ein Gesetz gemacht, das die Haftungszeiträume sehr stark begrenzt. Das kann meiner Ansicht nach nicht zielführend sein."

    Umweltverbände wie der WWF fordern außerdem, dass die Kraftwerksbetreiber verpflichtet werden sollen, die CCS-Technologie anzuwenden, wenn sie sich als machbar herausstellt. Der aktuelle Gesetzentwurf zur CO2-Speicherung sieht nur einen freiwilligen Einsatz vor. Die deutsche Umwelthilfe ist der Ansicht, das Papier werde den EU-Vorgaben nicht gerecht.

    Klimaschützer bezeichnen das CCS-Gesetz als "Wahlgeschenk der Bundesregierung für die großen Kohleverstromer", der BUND hält es schlicht für überflüssig - die CCS-Technologie komme sowieso zu spät, sagt Axel Kruschat.

    "Man sagt, wir bleiben in dem Technologieentwicklungspfad, den wir sowieso haben, und wir werden ja dann, wenn es möglich ist, Klimaschutz machen. Das ist aber der Denkfehler. Wir müssen jetzt Klimaschutz machen, wir brauchen bis 2020 Ergebnisse, die werden wir mit CCS-Technologie definitiv nicht erreichen, und dann nützt es auch nichts, wenn wir den CCS-Gesetzentwurf mit großen Mängeln durchpeitschen. Das bringt gar nichts."