"Für das, was hier schiefgelaufen ist, trägt meiner Meinung nach die Regierung von Utah die Verantwortung. Sie ist am Umweltschutz nicht interessiert und wollte ihn nicht zum offenkundigen Teil der Spiele machen. Das IOC hatte den Umweltschutz zwar zu einem der drei wichtigen Bestandteile einer Olympiade erklärt hat, aber Utah konnte sich dafür nicht begeistern. Deshalb wurden Umweltprojekte abgewertet. Ihre Bedeutung wurde geschmälert, Mittel dafür gestrichen.
Sechs Millionen US-Dollar waren ursprünglich für den Umweltschutz und Umweltprojekte veranschlagt worden. Anfang 1999 wude diese Summe dann auf eineinhalb Millionen reduziert - ein winziger Bruchteil des Gesamtbudgets der Olympischen Spiele, das auf zwei Milliarden US-Dollar geschätzt wird. Das Organisationskommitte richtete zwar ein Beratungskommittee für Umweltfragen ein, aber es hatte keine Weisungsbefugnisse und wenig Einfluss. Wie Ivan Weber verließen viele Vertreter von Umweltschutzorganisationen das Komittee unter Protest, nachdem sie festgestellt hatten, dass ihr Input nicht gefragt war. Unterdessen gelang es dem Ölmilliardär Earl Holding unter Berufung auf die Olympiade ein äusserst lukratives Tauschgeschäft zu machen. Die Forstverwaltung trat ihm ein Gebiet unberührter Wildnis ab, das er unter Missachtung bestehender Umweltgesetze erschließen durfte.
"Es gab diesen fürchterlichen Landaustausch. der Besitzer des Snow Basin Skiresorsts konnte über fünf Quadratkilometer äusserst wertvollen Grund erwerben. Das ist dort, wo jetzt die alpinen Skiwettbewerbe stattfinden. Es geschah mit der Zustimmung des Kongresses, damit Umweltschutzbestimmungen umgangen werden konnten. So etwas ist keine nachhaltige Entwicklung."
Auch eine Bauweise nach ökologischen Grundsätzen hatte für die Planer keine hohe Priorität. Als sich Salt Lake City um die Spiele bewarb, hieß es, Teilnehmer und Besucher würden überwiegend in öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Veranstaltungsorten gebracht werden. Jetzt überwiegt auf den Zufahrtswegen der private Autoverkehr.
"Anstatt Massenverkehrsmittel zur Verfügung zu stellen, setzen sie auf den privaten Autoverkehr und bauen riesige Parkplätze in den Bergen. Ein Pendelverkehr mit Shuttlebussen wird nur für kurze Strecken von den Parkplätzen zu den Veranstaltungsorten angeboten. Viele Quadratkilometer Land sind für Parkplätze zubetoniert worden. Das waren zum Teil hochempfindliche Landschaften und Feuchtgebiete. Für mich ist das zusammen mit dem Landtausch in Snow Basin die größte Umweltzerstörung."
Die Zugeständnisse der Veranstalter an den Umweltschutz sind nach Meinung von Umweltschützern zu wenig und zu unbedeutend. Eine internationale Kampagne zum Anpflanzen von Bäumen wurde initiiert, Videos und Vorträge über Energiesparmaßnahmen und ökologische Prinzipien wurden erstellt und das Recycling wird gefördert - allerdings nur mit zwei Sorten von Containern. Die weitere Sortierung des Mülls übernimmt ein Privatunternehmen. Für Ivan Weber ist die Enttäuschung groß.
"Dies war eine einmalige Gelegenheit, ein Umweltbewusstsein zu fördern. Leider wird es jedoch weitgehend das Gegenteil bewirken. Was der Zuschauer vor Ort oder daheim am Fernsehgerät sieht, ist keine nachhaltige Entwicklung. Wir haben selbst noch sehr viel zu lernen. Ich gehe davon aus, dass die Spiele in Peking eher ein Beispiel für den Umweltschutz geben werden."