Freitag, 03. Mai 2024

Archiv


Umweltfreundlicher auf zwei Rädern

Umwelt. - Der Individualverkehr setzt nicht nur auf vier, sondern oft auch auf zwei Räder. Auch für diese gibt es Bestrebungen, vom konventionellen Verbrennungsmotor hin zu emissionsärmeren Antriebsarten zu kommen. Auf der "Motorradwelt" in Friedrichshafen wurden Wege aufgezeigt.

Von Thomas Wagner | 23.01.2009
    Das umweltfreundliche Motorrad- Beispiel 1:

    "Das Motorrad ist ja komplett alltagstauglich. Es wird sich aber nicht vom Klang einer ganz normalen BMW unterscheiden."

    Wenn sich Andreas Dornhöfer vom Lehrstuhl Konstruktionslehre/CAD der Universität Bayreuth aufs Motorrad schwingt, dann tut er dies im Auftrag der Wissenschaft: Denn die 130 PS starke Maschine, in den Bayreuther Hochschullabors umgebaut, gilt als europaweit erstes Erdgas-Motorrad der oberen Leistungsklasse – eine Entwicklung, die der Umwelt zugute kommen soll. Dornhöfer:

    "Die Schadstoffbilanz sieht deutlich besser aus als im Benzinbetrieb. Wir haben also eine komplette Abgasuntersuchung machen lassen. Man kann zum Beispiel sehen, dass im Betrieb mit Erdgas der CO2-Ausstoß sich um insgesamt 28 Prozent verringert."

    Im Prinzip haben die Bayreuther Ingenieure die Erdgas-Technik aus dem Automobilbau genutzt. Eine 1:1-Adaptierung fürs Motorrad war allerdings nicht möglich. Die Platzverhältnisse am Motorrad sind deutlich beengter. Beispiel: Wo die Tanks für das Flüssiggas integrieren? Dornhöfer:

    "Das Problem ist ja, dass Erdgas, Flüssiggas bei 200 bar Druck gelagert werden muss. Die muss man im Motorrad so integrieren, dass es auch einigermaßen sicher auf diesem Motorrad integriert ist."

    Der Flüssiggas-Tank muss, um dem hohen Druck standzuhalten, aus einem mindestens 7 Millimeter dicken Stahlkörper gefertigt sein. Außerdem darf er bei einem Umkippen des Motorrades nicht aufreißen und platzen, was bei einem Druck von 200 bar eine Explosion zur Folge hätte. Und schließlich ist das Erdgas-Motorrad so konstruiert, dass der Fahrer vom Benzin- auf den Gastank umschalten kann. Das bedeutet: Der Gastank muss zusätzlich zum Benzintank angebracht sein. Das haben die Bayreuther Ingenieure so gelöst:

    "Die beiden Tanks mit Erdgas sind hintendran integriert anstelle der originalen Seitenkoffer und sind getarnt als zusätzliche Auspuffanlage. Das bedeutet, wir haben jetzt drei Auspuff-Endrohre an diesem Motorrad. Aber zwei sind die getarnten Tanks links und rechts."

    Hinzu kommen weitere Anpassungen: So mussten die Bayreuther Tüftler ein komplett neues Gasdruck-Minderungssystem und ein neues elektronisches Motormanagement-System für Erdgas konstruieren. Die entsprechenden Geräte für Erdgas-Autos hätten beim Motorrad viel zu viel Platz beansprucht. Insgesamt passen in beide Tanks gerade mal 14 Liter Erdgas. Das ist nicht besonders viel und reicht gerade mal für etwa 80 Kilometer. Schon alleine deshalb ist die Umschaltmöglichkeit auf Benzinbetrieb unentbehrlich.

    Das zweite Beispiel für ein umweltfreundliches Motorrad:

    "Wir sind hier im Fahrbetrieb, hören nichts, drehen am Gasgriff wie bei einem normalen Motorrad."

    Erst wenn Peter Würtele an seinem Motorrad Gas gibt, heult der Motor auf. Das Geräusch erinnert irgendwie an eine Kreissage – ein Eindruck, der in die richtige Richtung führt. Denn Peter Würtele aus Memmingen stellt auf der Messe in Friedrichshafen ein "e-Krad" vor, also ein vollständig elektrobetriebenes Motorrad, das mit seinen 40 PS etwa 120 Stundenkilometer Spitze macht. "Herz" seines e-Krads ist eine neuer Elektromotor, die von ganz niederen bis ganz hohen Drehzahlbereichen konstant hohe Drehmomente ermöglicht. Beides zusammen ergibt eine ebenso hohe Beschleunigung. Bei diesem so genannten "Synchronmotor" steuert ein Rechner die Elektromagneten, die den Anker der Motorwelle bewegen. Peter Würtele:

    "Der Kreis, der 360-Grad-Kreis, wird in 36 Felder eingeteilt. Und jedes Feld für sich bildet dann eine Einheit. Und wir müssen in einer schnellen Abfolge in diesen 36 Einheiten den Magneten anziehen. Ist er in dem einen Feld angekommen, muss er schon zum nächsten kommen. Das heißt: Es ist viel mehr Rechenleistung als bei den konventionellen Motoren."

    Hohe Drehzahl und hohes Drehmoment bedeuten in diesem Fall: hohe Leistung bei relativ kleinem Volumen. Und: Durch das konstant hohe Drehmoment wird die Kraft des Motors direkt auf den Antrieb übersetzt, was zur Gewichtseinsparung beiträgt: Das Motorrad benötigt kein Getriebe mehr, Gespeist wird der Motor durch Lithium-Polymer-Akkus, wie sie von Handys oder Notebooks bekannt sind. Bei mittlerer Reisegeschwindigkeit kann ein Motorrad-Fan auf dem "e-Krad" schon bis zu zwei Stunden unterwegs sein. Dann muss er das Fahrzeug aber rund fünf Stunden an die Steckdose hängen, um die Akkus wieder aufzuladen. Ein zweiter Gasgriff links an der Lenkstange dient allerdings dazu, energiesparend zu fahren, erklärt Peter Würtele:

    "Dieser Gasgriff ist jetzt nicht zur Beschleunigung da. Sondern dieser Gasgriff sagt dem Motor: jetzt bremst Du bitte. Das heißt: Das ist eine Motorbremse. Und in diesem Moment wird der Motor umfunktioniert zum Generator und lädt somit wieder den Akku. Es ist zwar nicht so, dass dies unendlich viel Strom gibt. Aber es trägt wieder dazu bei, Energie zu sparen. Wir haben sozusagen ein Hybrid-Motorrad."