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Umweltfreundliches Innenleben für Apparate

Technik. - Leiterplatten befinden sich inzwischen in nahezu jedem Elektrogerät oder Automobil. Sie dienen dazu, elektronische Bauteile miteinander zu verbinden. Die Platinen bestehen bisher aus Kunststoffen, die nicht recyclingfähig sind und deshalb als Sondermüll entsorgt werden müssen. Doch neue EU-Richtlinien mit strengeren Umweltauflagen haben dafür gesorgt, dass die Forschung in diesem Bereich jetzt auch in Deutschland in Bewegung gekommen ist: Die "Leiterplatte der Zukunft" ist das Ergebnis eines Forschungsverbundes aus fünf Unternehmen sowie der Universität Bayreuth.

Von Ludger Fittkau |
    Bisher werden die meist grünen Leiterplatten aus einem Gemisch aus Glasfaser und Harz hergestellt. Darauf befestigt man dann Kupfer als Leiterbahn. Während das Metall abgetrennt und wiederverwertet werden kann, konnte die Platte aus dem Materialmix bisher nicht ein zweites Mal verwendet werden. Ökologisch und ökonomisch ein entscheidender Nachteil, so Carl-Otto Gensch, Koordinator im Bereich "Produkte und Stoffströme" des Freiburger Ökoinstitut, das den Forschungsverbund leitet:

    Nach Aushärtung dieses Gemisches aus Glasfaser und Harz hat die Platte eben dann diese flächige Struktur und ist aber am Ende des Lebensweges nicht mehr sinnvoll werkstofflich recycelbar. Also einmal ausgehärtet, haben sie dieses Gebilde, sie können das zwar noch schreddern und sie können die Metallanteile und die Edelmetalle zurückgewinnen, aber der Kunststoffanteil, das Polymer, das können sie nur noch entsorgen.

    Deshalb wurde nun ein anderer Kunststoff als Basis für die neuen Leiterplatten gewählt. Statt so genannten "duroplastischen Kunststoffen", die sich nach dem Aushärten nicht mehr verformen lassen und auch nicht eingeschmolzen werden können, besteht die neue Leiterplatte aus einem Kunststoff, der unter dem Einfluss von Wärme verformt werden kann. Dieser so genannte "thermoplastische Kunststoff" kann wieder eingeschmolzen und als Werkstoff verwertet werden -- zum Beispiel im Flugzeugbau. Damit wird die Leiterplattenherstellung nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch preisgünstiger, erläutert Carl-Otto Gensch. Außerdem müsse kein zusätzlicher, giftiger Flammschutz mehr auf die Platten aufgebracht werden:

    In unserem Fall handelt es sich um einen Hochtemperatur-Thermoplasten, der über so genannte intrinsische, flammhemmende Eigenschaften verfügt. Und die bisher durchgeführten Tests, was Entflammbarkeit angeht, deuten alle darauf hin, dass dies hier ohne additiven Flammschutz möglich ist - im Gegensatz zu konventionellen Leiterplatten, wo sie in erheblichem Umfang zum Teil hochtoxische Flammschutzmittel einsetzen müssen, zum Beispiel Antimontrioxid, ein krebserzeugender Arbeitsstoff.

    Ein weiteres Merkmal des neuen Herstellungsverfahrens ist die Möglichkeit, den Kern der Leiterplatte aufzuschäumen, um damit Gewicht zu sparen. Ein geschichteter Aufbau der Platte mit Schaumkern im Inneren und härteren Außenschichten aus demselben Kunststoff bietet zusätzliche Vorteile des neuen Produkts gegenüber der bisher verwendeten Leiterplatte:

    Es ist wirklich die besondere Eigenschaft unseres Systems, dass wir ohne Einbringen von Fremdmaterial durch diese geschäumte Innenlage mit ungeschäumten Deckschichten eine relativ hohe mechanische Steifigkeit erreichen und uns dadurch aber nicht Nachteile erkaufen müssen wie bei konventionellen Materialien durch unterschiedliche Materialverbunde, die dann am Ende des Lebensweges wieder, wenn überhaupt möglich, aufwändig getrennt werden müssen.

    Nachdem nun die Entwicklung der neuen Leiterplatte abgeschlossen ist, wird jetzt in einer Testphase ermittelt, ob eine Serienproduktion möglich ist. Sind diese Tests erfolgreich, soll die Leiterplatte spätestens 2006 in die Massenproduktion gehen.