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Umweltgutachten 2012 vorgestellt

Das Themenspektrum des diesjährigen Umweltgutachtens ist breit: Es geht um Wachstum und Wald, um Rohstoffe und Mobilität und um die Frage, was Umweltpolitik leisten kann und was darüber hinaus notwendig ist.

Von Anja Nehls | 04.06.2012
    Der wichtigste Punkt für den Umweltrat in diesem Gutachten ist, dass man sich die ökologischen Grenzen der Welt deutlicher klarmachen soll. Es gibt keine Rohstoffe, die in unbegrenzter Menge vorhanden sind, egal ob es sich dabei um Wasser, fossile oder mineralischer Rohstoffe oder zum Beispiel Metalle handelt und die Aufnahmefähigkeit der Atmosphäre für CO2 ist ebenfalls begrenzt. Insofern muss man sich einfach mal von dem Gedanken verabschieden, dass es uns immer besser geht, dass wir immer mehr verdienen und die Wirtschaft einfach immer weiter wächst und das auf Kosten der Umwelt, meint Professor Dr. Martin Faulstich von der TU München, der derzeitige Vorsitzende des Sachverständigenrates für Umweltfragen:

    "Man muss darüber nachdenken, wie man vielleicht zukünftig auch soziale und gesellschaftliche Randbedingungen schafft, die auch mit wenig Wachstum auskommen."

    Dennoch gibt es aber nicht nur weltweit, sondern auch bei uns noch riesige Potenziale, umweltverträglicher zu leben und zu wirtschaften. Dazu gibt der Sachverständigenrat viele sehr konkrete Empfehlungen an die Politik. Von der Einführung von Mindeststandards für die Entsorgung von Elektronikschrott, über ein Pfandsystem für Mobiltelefon und Computer bis zu einer Primärbaustoffsteuer, um den Einsatz von recycelten Rohstoffen in der Bauindustrie zu fördern. Ein ganz wichtiger Punkt ist für den Rat auch der Verkehr. Der Güterverkehr nimmt zum Beispiel immer mehr zu und es reicht einfach nicht, nur sparsamere Motoren zu entwickeln, und die Verlagerung auf die Schiene hat auch ihre Grenzen:

    "Eine maßgebliche Option, Güterverkehr und Klimaschutz in die gleiche Richtung laufen zu lassen, wäre zum Beispiel, zunächst die großen Autobahnen A1 bis A9 zu elektrifizieren, das heißt, die dritte Spur mit Oberleitungen auszurüsten und wenn man diesel-elektrische Lkw hätte, die würden dann mit klassischem Dieselmotor bis zur Autobahn fahren, würden sich dann in die Oberleitung einklinken, würden beispielsweise von München bis nach Hamburg fahren und würden sich wieder ausklinken. Voraussetzung ist natürlich, dass der Strom für diese Elektrifizierung aus erneuerbaren Quellen kommt."

    Und damit zum Klimaschutz beiträgt. Das kann aber laut Umweltrat nicht nur der Verkehr, sondern auch unsere Ernährung. Deshalb gibt es in diesem Gutachten auch Empfehlungen an die Politik, wie sie in Zukunft unser Essverhalten beeinflussen könnte, sagt Martin Faulstich:

    "Man muss einfach einräumen, dass Fleischkonsum mit massiven Umweltbelastungen verbunden ist. Jetzt ist das eine Extrem gleich Vegetarier zu werden, das andere wäre aber einfach, den Fleischkonsum, auch den Konsum von Milchprodukten, zu reduzieren. Und wir haben zum Beispiel eine Lösung mal vorgeschlagen, die es gilt zu prüfen, die in Dänemark schon erfolgreich derzeit untersucht wird und zwar eine Fettsteuer oder eine Steuer auf gesättigte Fettsäuren zu erheben, so dass die Ernährungsgewohnheiten in die richtige Richtung gelenkt werden."

    Auf breite Zustimmung stoßen die Vorschläge oder Gesetzesinitiativen des Sachverständigenrates nicht immer und vor allem nicht bei allen, wenn man an die Interessen der großen Lobbyverbände in Deutschland denkt, wie zum Beispiel die Automobilindustrie oder die Landwirtschaft. Andererseits hat es auch durch die Vorschläge des Rates in den vergangenen 40 Jahren - solange gibt es Umweltrat bereits - große Fortschritte beim Umweltschutz und beim nachhaltigen Wirtschaften gegeben.

    Ein Gutachten zur Abfallwirtschaft in den 80er-Jahren führte irgendwann zum Kreislaufwirtschaftsgesetz, oder ein Gutachten zu erneuerbaren Energien wurde jüngst zum Drehbuch für die beschlossene Energiewende. Und von moderner Umwelttechnologie leben inzwischen wiederum in Deutschland auch wieder ganze Industriebereiche. Nun ruhen die Hoffnungen des Umweltrates auf dem neuen Umweltminister Peter Altmaier, möglichst viele der im Gutachten gemachten Vorschläge politisch auch umzusetzen.