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Umweltpolitik der USA

Odessa liegt in Texas. In Odessa lebten die Bushs. In Odessa ist es manchmal Nacht, obwohl es Tag ist. Dann nämlich, wenn der große Petrochemie-Konzern Huntsman, gigantische Mengen an Giftmüll verbrennt. Pro Jahr qualmen die giftigen Gase von mindestens 1000 Tonnen Müll aus den Firmenschloten: An solchen Tagen liegen Odessas Abgaswerte 200fach über dem Normalwert. Das verdanken Odessas Bürger ihrem Präsidenten George W. Bush. Sechs Tage nach der Proklamation seiner Präsidentschaftskandidatur befreite Bush die Umweltsünder seines Öl- und Chemie-Staates von aller Verantwortung, indem er sie per Gesetz zur "freiwilligen Selbstkontrolle" verpflichtete. Mit diesem Freischein zur Umweltverschmutzung dankte Bush für die millionenschweren Parteispenden, mit denen die Branche seine Kandidatur finanziert hatte. Bushs Absage an das Kyoto-Protokoll vom vergangenen März reiht sich nur logisch in diese Reihe ein.

von Ingrid Kölle |
    Diese Regierung hatte von Anfang an die Absicht, umweltpolitische Fortschritte unter Clinton wieder rückgängig zu machen. Nach den Ereignissen vom 11. September tun sie das jetzt ganz still und leise und unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit.

    Solche scharfen Worte waren von Umweltschutzorganisationen seit längerem nicht mehr zu hören. In den ersten Wochen nach den Terrorattacken war erst mal jede Kritik verstummt. Opportunisten im Kongress versuchten jedoch sogleich, die Gelegenheit zu nutzen, um die umstrittenen Ölbohrungen in Alaska durchzudrücken. An jedes Gesetz, das verabschiedet wurde, drohten sie, einen entsprechenden Zusatz anzubringen. Aber trotz der patriotischen Einheit im Kampf gegen den Terrorismus sind diese Vorstöße bisher fehlgeschlagen.

    Die Ölbohrungen in Alaska sind eines der ungeheuerlichsten Themen, die die Bush-Regierung im Namen der inneren Sicherheit verfolgt. Es wird also jetzt versucht, in einem unberührten Naturschutzgebiet nach Öl zu bohren, weil das der Energie-Sicherheit dienen und uns von Ölimporten unabhängiger machen soll. Das stimmt so einfach nicht. Die einzige Art wie wir unabhängiger werden können, ist unseren Ölverbrauch einzuschränken.

    Das ist allerdings im neuen Energie-Gesetz, das jetzt dem Senat zur Abstimmung vorliegt, nicht vorgesehen. Das Gesetz, das vom Haus bereits angenommen wurde, soll den Weg für Ölbohrungen in Alaska und anderen Naturschutzgebieten ebnen. Vor dem 11. September hätte sich im Senat dafür keine Mehrheit gefunden. Im momentanen Klima ist alles wieder offen. In den vergangenen zwei Monaten hat die US-Regierung auch Bestrebungen fortgesetzt, das Verbot von Schneemobilen in Nationalparks wieder aufzuheben und die Wiedervereinführung von Grizzlybären im Nordwesten zu verhindern. Der Bergbauindustrie wurde der Abbau von Gold, Kupfer, Zink und Blei auf öffentlichem Land erleichtert. In geschützten Staatsforsten wird der Straßenbau wieder genehmigt.

    Die Clinton-Regierung hat sieben Jahre lang an einem neuen Standard für Klimaanlagen gearbeitet. Sie sollten die gleiche Leistung bringen, aber weniger Strom verbrauchen. Das ist rückgängig gemacht worden. Jetzt hören wir auch, dass sie einige Bestimmungen des Gesetzes zur Reinerhaltung der Luft aufheben wollen. Wenn die Industrie gegen Umweltgesetze klagt, die von Clinton verabschiedet wurden, setzt sich diese Regierung nicht dafür ein. Der Umweltschutz habe in den vergangenen Jahren eine zu große Rolle gespielt, heißt es aus Regierungskreisen. Das müsse jetzt wieder ausgeglichen werden. Debbie Reed hält dagegen, dass viele dieser Gesetze erst nach langen öffentlichen Debatten und Anhörungen verabschiedet wurden.

    Wir müssen sehr vorsichtig sein, wie wir der amerikanischen Öffentlichkeit klarmachen, was hier vor sich geht und dass das Thema Umweltschutz wichtig ist. Denn Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, haben Auswirkungen auf unsere Lebensqualität und die unserer Kinder in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren. Die Folgen werden länger zu spüren sein als die der Terrorattacken vom 11. September. Das müssen wir der Bevölkerung verdeutlichen und ich denke wir müssen auch wieder kritischer gegenüber unserer Regierung werden.