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Umweltpolitisch umstritten

Der umstrittene Alqueva-Staudamm in Südportugal wurde 2002 in Betrieb genommen. Er wurde als Hoffnungsträger einer ganzen Region verkauft, weil nun reichlich Wasser für die Landwirtschaft und die Energieerzeugung vorhanden sei. Doch mittlerweile häufen sich wieder die kritischen Stimmen, die den Sinn dieser Großinvestition bezweifeln.

Von Jochen Faget |
    Irgendwie haben sich alle das ganz anders vorgestellt: Da erstreckt sich jetzt in den fast unendlichen Weiten Portugals armer Südprovinz Alentejo Europas größter Stausee, aber niemand weiß genau, wozu. 85 Kilometer lang ist er, 250 Quadratkilometer groß und eigentlich ziemlich unnütz. Das meint zumindest José Paulo Martins von der Umweltschutzorganisation Quercus:

    "Was mit all dem Wasser geschehen soll, ist weiter unklar. Ein bisschen wird zur Trinkwasserversorgung dienen, einige Zeit wird ein anderer Teil zur Bewässerung verwendet werden. Es wird wohl auch ein bisschen Tourismus geben. Niemand kann die Zukunft voraussagen, aber unsere Bedenken, die wir schon vor zehn Jahren geäußert haben, bestehen weiter."

    Schon damals warnten die Umweltschützer, das 2,6 Milliarden teure Prestigeprojekt sei eine unsinnige Mammutanlage, die sich nie rentieren würde. Als die Rettung der unterentwickelten Landwirtschaft sollte der See die trockene Region in blühende Landschaften verwandeln. Doch jetzt gebe die Realität den Umweltschützern leider Recht:

    "Vor zehn, 15 Jahren, als die Umweltstudien für den Stausee gemacht wurden, hat trotz unserer Warnungen niemand die Klimaveränderungen ernst genommen. Dabei existieren Szenarien, nach denen der Alqueva-Stausee nicht mehr funktioniert, wenn die Wassermenge sich um nur zehn Prozent verringert. Das heißt, vielleicht werden 110.000 Hektar zu bewässernde Flächen angelegt, für die es dann nicht ausreichend Wasser gibt. Die Niederschläge werden jährlich weniger! Und wenn es nicht genug Wasser gibt, haben wir diese Milliarden für nichts ausgegeben. Die Klimaveränderung kann das ganze Projekt zunichte machen."

    Gleichzeitig verändert sich der Alentejo beim Stausee immer stärker: Riesige Pflanzungen zum intensiven Anbau von Oliven entstehen. Die könnten erstens die Böden nachhaltig schädigen, warnen die Umweltschützer. Und schaffen zweitens böses Blut, weil sie von kapitalkräftigen Unternehmen aus dem Nachbarland Spanien betrieben werden.

    "Das verletzt uns Portugiesen natürlich," schimpft der Bauer João Correia. "Wieso müssen die Spanier in Portugal intensive Landwirtschaft betreiben? Warum machen wir Portugiesen das nicht selbst?"

    João Correia lebt in dem neu gebauten Dorf Aldeia da Luz. Der alte Ort mit gleichem Namen ist im Stausee versunken, die Bewohner mussten umziehen. Alles mögliche sei ihnen versprochen worden, geschehen sei nichts, klagt Senhor Correias Freund Paulo:

    "Bis jetzt hat sich nichts verbessert. Es gibt keinen Tourismus, einfach gar nichts. Unserem Dorf hat der Stausee nur geschadet. Das gilt für die ganze Region. Vielleicht ändert sich das noch in der Zukunft. Aber bis jetzt ist nichts geschehen."

    Immerhin: Rund um den Stausee wurden Bootsanlegestege errichtet, inzwischen verkehren an den Wochenenden auch Ausflugsschiffe auf dem Alqueva. Der Tourismus soll jetzt die Rettung für das Projekt werden.

    Doch selbst da ist Ärger vorprogrammiert: Die großen Hotelanlagen sind für den empfindlichen Uferbereich des Alqueva-Stausees geplant. Und das wollen die Umweltschützer auf keinen Fall zulassen.