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Umweltschutz und nachhaltige Landwirtschaft

Die Geschichte mit den Briefmarken darf nie fehlen, wenn man von Jacob von Uexküll spricht: Der Begründer des Alternativen Nobelpreises war einst in den 70er Jahren mit dem Handel von Briefmarken reich geworden, ehe ihm klar wurde, dass Geld allein die bittere Armut der Dritten Welt, die Menschenrechtsverletzungen oder die Umweltverschmutzung nicht aufhalten kann. 25 Jahre sind seit seinem erfolglosen Gespräch mit dem Nobelpreiskomitee vergangen, doch einen Preis für Umwelt und nachhaltige Entwicklung zu stiften. Also gründete Jacob von Uexküll die Right Livelihood Stiftung und schrieb den "Preis für die richtige Lebensführung" aus.

Von Susanne Lettenbauer |
    Dass man ihn heute den "Alternativen Nobelpreis" nennt, ist nicht die Idee des Stifters, sondern ein indirektes Lob der Öffentlichkeit, die ihn längst mit dem wichtigsten Wissenschaftspreis vergleicht. Und tatsächlich umfasst der "Right Livelihood Award" (RLA) heute ein so breites Spektrum, dass man ihn getrost mit seinem großen Bruder vergleichen kann: Mit dem Alternativen Nobelpreis werden Friedens-, Umwelt- und soziale Projekte ausgezeichnet, Konzepte alternativer und nachhaltiger Entwicklung in der ersten und der Dritten Welt, mit den jährlich 200.000 Euro wird die Nutzung regenerativer Energien unterstützt und die Entwicklung entsprechender Technologien, die biologische Landwirtschaft und ganzheitliche Gesundheitsversorgung.

    Wie Projekte seiner "alternativen Nobelpreisträger" derzeit aussehen und wie die Elite des ökologischen Denkens heute die Welt sieht, das wird derzeit anlässlich des 25-jährigen Jubiläums in München im Goethe-Forum des Goethe-Instituts vorgestellt. Auf einem ihrer seltenen Treffen beraten bis Samstag 15 der mittlerweile über 65 Träger des Alternativen Nobelpreises Möglichkeiten der Nachhaltigkeit einer humaneren Zivilgesellschaften und ethische Fragen.


    "Die Ecksteine für eine bessere Welt können in wenigen Jahren gelegt werden, wenn wir es nur wollen - das ist ganz zentral zu wissen. "

    Jacob von Uexküll, der Begründer des Alternativen Nobelpreises, hat das Hoffen nicht aufgegeben, nicht angesichts der Gigatonnen von Treibhausgasen die jährlich in die Atmosphäre gelangen, nicht angesichts des schleichenden Anbaus von Genpflanzen mittlerweile auch auf deutschen Feldern, auch nicht angesichts der aberwitzigen Rüstungsausgaben der USA:

    "Es gab nach dem ersten Golfkrieg eine erste Untersuchung der Uno, bei der man feststellte, mit den Mitteln des Krieges hätte man in drei bis fünf Jahren sauberes Trinkwasser für alle weltweit liefern können. "

    Jacob von Uexküll und seine Riege von gut 65 Trägern des Alternativen Nobelpreises konnten und können zeigen, dass alternative Wirtschaftsmodelle, Lebensentwürfe und Weltsichten heute nicht mehr zwangsläufig einhergehen mit Biolatschen, Rastazöpfen oder esoterisch-pseudoreligiösen Feldkommunen. 25 Jahre nach Begründung des "Right Livelihood Award" haben die Preisträger und ihre Projekte schwergewichtige Außenwirkung. Wie sonst hätte die indische Preisträgerin von 1993 Vandana Shiva just zum diesjährigen Frauentag das seit 10 Jahren bekämpfte Patent auf den heilkräftigen Nehmbaum endgültig kippen können?

    "Das wird die Landwirtschaft und Bauern natürlich stärken, denn das Monopol auf den Nehmbaum durch das Patent verhinderte, dass diese heilbringende Pflanze angebaut wurde. Jetzt ist das wieder möglich, sogar hier in diesem furchtbar kalten Klima. "

    Sehr schnell ist in München aber klar geworden, dass die globalen Probleme überwiegen: Wenn zum Beispiel dem IWF, dem Internationalen Währungsfond, die zerstörten Shrimpsfarmen auf Sri Lanka wichtiger sind als die Tsunami-Opfer. Wenn Dritte-Welt-Länder nur noch ungern finanzielle Hilfen von den Industrieländern annehmen, weil daran Bedingungen geknüpft sind, wie zum Beispiel in Argentinien, wo die Privatisierung des Wassers erpresst werden soll. Oder wenn als aktuelles Gerücht die USA den Irak unter Druck setzt seine Getreidevorräte zu verbrennen um nur noch US-amerikanisches Saatgut zu kaufen.

    "Heute wird eigentlich nur noch gefragt wie viel Kultur, Solidarität, Mitmenschlichkeit, Ehrfurcht vor dem Leben, Ökologie usw. wir uns wirtschaftlich leisten können wir uns leisten können. Aber die eigentliche Frage muss doch im Gegenteil lauten: Welches Wirtschaftssystem wir uns kulturell, ökologisch und sozial leisten können. "

    Jacob von Uexküll, der unermüdliche Förderer alternativer Projekte, weiß, die große Wende hat er in den 25 Jahren seines Alternativen Nobelpreises nicht geschafft. Aber einen Stein ins Rollen brachte er damals - 1980.

    Dass er bis heute seinen Preis kurz vor dem eigentlichen Nobelpreis im schwedischen Parlament verleihen kann, lässt ihn hoffen und das ist sehr viel, sagt er. Dass seine Stiftung unterfinanziert ist, das verheimlicht Uexküll nicht. Es kommt weniger Geld herein, als ausgegeben wird. In den letzten Jahren wurden die regionalen Probleme weltweit immer größer, die dringend notwendigen globalen Aktionen fehlten. Die Zukunft seines Preises kann er außerdem nur noch für die nächsten fünf Jahre garantieren, selbst ein Umzug der Stiftung nach Deutschland ist angedacht, da die schwedische Regierung die Gemeinnützigkeit der Stiftung neuerdings in Frage stellt.

    Doch Uexküll wäre nicht der "Possibilist", wenn ich nicht zum 25-jährigen Jubiläum seiner Stiftung eine alternative Lösung anbieten würde: den "Weltzukunftsrat" mit Sitz wahrscheinlich in Hamburg, aufgeteilt in 24 Kommissionen mit insgesamt 50 -100 Mitgliedern. Regelmäßig soll dieser tagen und Vorschläge für Gesetze und Abkommen erarbeiten. Die Einwände kennt Uexküll: Zu breit global gefächert, zu viele Mitglieder, zu unflexibel. Doch er sieht die Lösung nicht im Herausgreifen einzelner Problemfelder, die Reform der Energieversorgung zum Beispiel muss einhergehen mit einer Finanzreform und dem Umbau der Megacities, also ganzheitlich. Gut fünf Millionen müssten reichen, den Weltzukunftsrat zu finanzieren, wenn die Menschen nur wollten:

    Deshalb hat sich Uexküll auf die Fahnen geschrieben, in Zukunft mehr an die Öffentlichkeit zu gehen mit den Preisträger-Projekten, zu zeigen, dass ökologisches Denken bei den Regierungen ankommt, sobald ausreichend Publicity geboten wird. Das beste Beispiel: Erst vor einigen Monaten wurden fünf Teilnehmer am ägyptischen Sekem-Projekt zu Ministern ernannt, unter anderen im Umweltressort.

    Wenn das kein Geburtstaggeschenk ist.