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Unabhängigkeit erwünscht

Ein Streichquartett als Umrahmung: die 200-Jahrfeier der Humboldt-Universität bot den Rektoren Anlass, sich in der traditionsreichen Berliner Mitte zu versammeln – doch so richtig zum Feiern ist ihnen angesichts möglicher Streichungen in den öffentlichen Haushalten nicht zumute.

Von Jacqueline Boysen |
    Kein Wunder, dass die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel, den Gründungsmythos des Universitätsstifters Humboldt beschwört.

    "Dies ist mehr als die Einheit von Forschung und Lehre. Die Universität sollte der Ort sein, an dem autonome Individuen, Weltbürger gebildet werden. Humboldts Denken zielte auf akademische Freiheit der Universität, und Unabhängigkeit von staatlichen und wirtschaftlichen Einflüssen ab."

    Diese Unabhängigkeit wünschen sich viele Universitätspräsidenten auch heute – da sprach ihnen der Festredner Horst Köhler offensichtlich aus der Seele: Der Bundespräsident appellierte an Bund und Länder, die finanziellen Defizite zu beheben und an gegebenen Zusagen festzuhalten.

    "Ich erwarte, dass Bund und Länder an dem in Dresden beschlossenen Zehn-Prozent-Ziel auch dann festhalten, wenn die Schuldenbremse greift."

    Gleichzeitig lobte Köhler, dass die Universitäten heute auf die Förderinstrumente Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und den Forschungspakt bauen könnten. Der Schwerpunkt der Einlassung des Bundespräsidenten lag ausdrücklich bei der mangelhaften Situation in der universitären Lehre, der eigentlichen Kernaufgabe der Hochschulen

    "Es ist gut, dass mit Hinblick auf die steigenden Studierendenzahlen mit dem Hochschulpakt Vorsorge getroffen worden ist. Es kann aber nicht darum gehen, diesen Berg abzutragen, um danach wieder den Gang ins Tal niedriger Studienanfängerquoten anzutreten. Sondern es muss gelingen, die Studierendenzahlen langfristig, um im Bild zu bleiben, auf einer Hochebene zu halten."

    Man müsse schließlich auch die Wirkung der Föderalismusreform prüfen. Dieser Empfehlung des Staatsoberhaupts bedurfte es nicht, schließlich widmen sich die Hochschulrektoren auf ihrer Jahresversammlung eben genau dieser Frage – ebenso wie sie sich in Vorbereitung des Bologna-Gipfels am Montag auch mit den Protesten gegen die Reformen befassen. Auch dazu gibt ihnen der Bundespräsident Rat:

    "Ich hoffe sehr, dass die zur Zeit laufenden Gespräche von Politik, Hochschulleitungen und Studierenden konstruktiv geführt werden und zu guten Ergebnissen führen. Ich finde, die – sagen wir – kritischen Demonstrationen müssen schon ernst genommen werden! "
    Optimismus beschwört trotz aller Klagen der scheidende Präsident der Humboldt-Universität Christoph Markschies. Der Akademische Senat seiner Hochschule hatte gestern ausdrücklich zur Revision der Bologna-Reform aufgerufen. Auch der Präsident sieht zum Beispiel bei der Lehrerbildung oder dem neuen Akkreditierungssystem ungelöste Aufgaben – vom Geldmangel in der Hochschullandschaft ganz zu schweigen. Doch versuchte Markschies sich an einem ermutigenden Grundton

    " Wir wissen doch alle, dass wirkliche Reformen einen entschlossenen, fröhlichen Reformgeist und Leidenschaft voraussetzen – Leidenschaft für die Sache der Wissenschaft, Leidenschaft für die Sache der Lehre und der Forschung jenseits der üblichen Parolen und Formeln. "