Speiseeis aus Eisdielen enthält offenbar häufig Rückstände von Desinfektionsmitteln. Bei Analysen des Landeslabors Berlin-Brandenburg erwies sich die Hälfte aller Proben im vergangenen Jahr als belastet. In jedem dritten Fall übertraf die Konzentration der Keim-Killer sogar den gesetzlichen Grenzwert.
Die Messergebnisse stellt Untersuchungsleiterin Jutta Weißig jetzt im Detail auf dem Deutschen Lebensmittelchemikertag in Berlin vor. Ihr Interesse galt den beiden gebräuchlichsten Mitteln zur Desinfektion in Eisdielen:
Gründliche Reinigung der Eismaschine sehr wichtig
"Das sind sogenannte quartäre Ammoniumverbindungen, die ursprünglich mal als Pestizide eingesetzt wurden, aber wegen ihrer bioziden Wirkung auch als Desinfektionsmittel eingesetzt werden und inzwischen nur noch als Desinfektionsmittel. Als Pestizide sind sie schon gar nicht mehr zugelassen."
Speiseeis würde schnell verkeimen, wenn man Portionierer und Bottiche nicht regelmäßig reinigte. Diese Utensilien lassen sich auch ohne weiteres in die Spülmaschine packen.
Speiseeis würde schnell verkeimen, wenn man Portionierer und Bottiche nicht regelmäßig reinigte. Diese Utensilien lassen sich auch ohne weiteres in die Spülmaschine packen.
"Was man natürlich nicht in den Geschirrspüler tun kann, ist die große Eismaschine. Da drin wird das Eis tatsächlich hergestellt. Das ist so ein Metallzylinder mit Kunststoffschabern an der Innenseite. Und in dieser Maschine hat man natürlich viele Ecken, Kanten, jede Menge Ritzen, wo sich die kleinen Bakterien verstecken können. Und da ist eine gründliche Reinigung sehr, sehr wichtig. Und dafür braucht man dann auch die Desinfektionsmittel. Das ist schon üblich, die einzusetzen."
Üblich sollte es aber auch sein, die Eismaschine anschließend gründlich durchzuspülen. Denn bei Tests von bayerischen Lebensmittelchemikern habe sich gezeigt, "dass man die Desinfektionsmittel durchaus so gut wie komplett ablösen kann, wenn man denn einfach mehr heißes Wasser nimmt als das wenige kalte, was sonst häufig benutzt wird zum Spülen."
Zulässiger Grenzwert um mehr als das 50-fache überschritten
Macht man es nicht gründlich genug, bleiben Reste der Desinfektionsmittel haften. Später wandern sie dann ins Speiseeis, in das sie leichter übergehen, weil es Fett enthält. Julia Weißig ermittelte eine Spitzenkonzentrationen von über fünf Milligramm Biozid pro Kilogramm Eis – in diesem Fall wurde der zulässige Grenzwert mehr als 50-fach überschritten.
Selbst dann verderben die Stoffe das Eis aber nicht, denn man kann sie nicht schmecken. Wichtig ist auch, was Christiane Zoost sagt, Leiterin der Abteilung "Lebensmittel und Arzneimittel" im Berlin-Brandenburger Landeslabor:
"Interessant für den Verbraucher ist, dass die Ergebnisse darauf hindeuten, dass keine gesundheitliche Gefahr für ihn besteht. Dass man aber auch erkannt hat, dass es an mancher Stelle Verbesserungsbedarf gibt. Und dass aufgrund unserer Untersuchungsergebnisse die Überwachungsbehörden vermehrt auch zum Teil Kontrollen durchführen."
Es gibt eine Unbedenklichkeitsschwelle für die tägliche Aufnahmemenge der Desinfektionsmittel. Laut Julia Weißig liegt sie bei einem Zehntel Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht:
"Bei den höchsten Konzentrationen, die wir gefunden haben, da hätte ein Kind von 20 Kilogramm Körpergewicht ein halbes Kilo Eis essen müssen, um überhaupt da ranzukommen. Das dann nicht nur einmal, sondern vielleicht auch mehrere Tage hintereinander. Also, das ist sehr, sehr unwahrscheinlich."
Kontrollen zeigen erste Wirkung
Die Kontrollen der Lebensmittelchemikerinnen zeigen erste Wirkung. Am Anfang ihrer Messungen vor über einem Jahr entdeckten sie die Biozid-Rückstände noch in vier von fünf untersuchten Speiseeis-Proben, zuletzt war nur noch jede zweite belastet. Weil aber auch diese Zahl noch immer zu hoch ist, wurden die Desinfektionsmittel in den Bundesüberwachungplan aufgenommen. Das bedeutet: Auch andere Bundesländer nehmen jetzt Proben in Eisdielen.
"Wir haben hier einfach eine hohe Rückstandsrate. Die ist noch nicht gesundheitsgefährdend. Soll sie aber auch nicht werden, sondern wir wollen vorher reagieren. Es geht ja nicht nur darum, dass wir erst tätig werden, wenn es gesundheitsrelevant ist, sondern möglichst auch vorher schon."
Die Ergebnisse der Untersuchungen in weiteren deutschen Eisdielen sollen Ende des Jahres vorliegen.