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Unbekannte Risiken

Soja hat ein gutes Image. Immer mehr Produkte auf Basis der eiweißhaltigen Bohnen kommen auch als pflanzliche Alternative für Säuglinge und Kleinkinder auf den Markt. Doch Soja enthält viele Isoflavone. Das sind Pflanzenstoffe, die ähnlich wirken wie weibliche Geschlechtshormone. Deshalb hat sich das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin jetzt entschlossen, eine Warnung herauszugeben.

Von William Vorsatz: |
    Auf dem Tisch steht ein Dutzend verschiedener Fläschchen. Alles Babynahrung auf der Basis von Sojaeiweiß. Professorin Sabine Kulling und ihre Team an der Potsdamer Universität schauen sich die Produkte genauer an und untersuchen, wie viele so genannte Isoflavone darin sind.

    " Die Dosis, die die Säuglinge bei einem Gebrauch, so, wie es der Hersteller vorschreibt, abbekommen, ist extrem hoch. Sie ist um ein vielfaches höher, als die Dosis, also auf das Kilogramm Körpergewicht bezogen, die beispielsweise bei Frauen helfen soll, Menopausenbeschwerden zu reduzieren. "

    Der Verdacht: Diese pflanzlichen Östrogene könnten den Hormonhaushalt der Kinder durcheinander bringen. Mit dramatischen Folgen wie beispielsweise einem erhöhten Krebsrisiko. Bisher ist das zwar noch nicht bewiesen. Aber Experimente mit Zellkulturen und Tierversuche legen die Vermutung nahe. Mit der Warnung des Bundesinstituts für Risikobewertung lässt sich vielleicht vermeiden, dass Deutschland irgendwann Verhältnisse wie in den USA bekommt, wo Soja nicht allzu kritisch hinterfragt wird. Ein großer Teil der amerikanischen Säuglinge bekommt Soja-Nahrung. Vor Muttermilch wird dagegen häufig gewarnt, weil Kleinkinder mit dem Stillen auch Umweltgifte aufnehmen könnten.

    " Bisher haben wir, muss ich sagen, eigentlich das größte Humanexperiment, denke ich, in der Geschichte in den USA laufen, weil, wir haben ungefähr vie Millionen Kleinkinder und Säuglinge, und 25 Prozent davon, also eine Millionen, wird mit dieser Sojanahrung ernährt. Und man muss es leider so sagen, man wird sehen, zu was das letztendlich führt."

    Es gibt keine Studien, die dokumentieren, wie hoch der Sojaverbrauch bei der Säuglingsnahrung hierzulande ist. In den seltensten Fällen ist er jedoch wirklich sinnvoll und nötig. Das Bundesinstitut für Risikobewertung rät, dem Säugling Sojaeiweiß lediglich zu geben, wenn medizinische Gründe vorliegen. Für Soja sprechen lediglich zwei selten auftretende Stoffwechselkrankheiten, bei denen der Körper den Kuhmilchzucker nicht verwerten kann. Risikobewerter Jürgen Kundke:

    "Eine so genannte Galaktosämie, das heißt eine Störung des Stoffwechsels, den Zucker Galaktose kann der Körper nicht verarbeiten und nicht aufarbeiten, und dann sollte eben tatsächlich Eiweißsäuglingsnahrung gegeben werden. Das ist der eine Punkt, der andere so zusagen eine angeborener Laktasemangel, d.h., da fehlt ein bestimmtes Enzym, um den Zucker aufzuspalten, und das ist auch ein Grund, dieses Eiweispräparatdem Säugling dann zu geben. "

    Soja-Eiweiß wird also nur in diesen Einzelfällen empfohlen. Bei anderen wie einer Milchzuckerunverträglichkeit oder einer Kuhmilchallergie hingegen gibt es inzwischen speziell bearbeitete Milchprodukte, die der Säugling gut verträgt. Wenn Eltern aus ethischen oder religiösen Gründen trotzdem Sojaeiweiß geben wollen, sollte immer ein Arzt konsultiert werden.

    Die Hersteller könnten die pflanzlichen Hormone übrigens in einem zusätzlichen Produktionsprozess weitgehend entfernen. Dafür sehen sie aber bisher offenbar noch keinen Handlungsbedarf gesehen.