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Unberechtigt eingezogene Gebühren

In den letzten 17 Jahren haben viele Berliner Studenten jedes Semester 50 Euro zusätzlich zu Semestergebühren gezahlt. Wozu der Beitrag erhoben wurde, war unklar. Deswegen hat jetzt das Verfassungsgericht geurteilt: Die Gebühren wurden unberechtigt eingezogen und können zurückgefordert werden.

Von Sandra Pfister | 28.02.2013
    Beim Asta der Freien Universität Berlin klingelt das Telefon seit Tagen im Minutentakt. Bei 95 Prozent der Anrufer geht es um das gleiche Thema: die Rückzahlung der früher gezahlten Rückmeldegebühren. Miriam Zimmermann von der Studierendenvertretung beantwortet geduldig alle Fragen:

    "…ne, ne, ne, in welchem Zeitraum zwischen 1996 und 2004 du studiert hast, ist egal, aber es verjährt Ende diesen Jahres, der Anspruch. Ja gerne, tschüß."

    130.000 ehemalige Studenten der Berliner Universitäten sind betroffen. Zwischen 1996 und 2004 haben sie pro Semester jeweils 50 Euro oder damals 100 DM sogenannte Rückmeldegebühr bezahlt. Die könnten sie jetzt zurückbekommen, weil damals nicht klar war, warum die Gebühren in dieser Höhe erhoben wurden. Sie lagen weit über den Kosten, die eine Bearbeitung der Semesterrückmeldung eigentlich verursacht. Das hat im November das Verfassungsgericht entschieden. Bei Helge Christiansen, ehemaliger Student an der FU, geht es da immerhin um über 700 Euro und die möchte er jetzt zurückhaben:

    "Ich habe Verpackungsingenieurwesen studiert, dann war ich drei, vier Jahre selbstständig und dann habe ich noch einen Bachelor nachgemacht und habe dann eine Masterarbeit geschrieben und so komme ich dann auf meine 13 Semester, wo ich diese Gebühren bezahlt habe und freue mich jetzt, dass ich die vielleicht zurückbekomme, wo ich jetzt auch aktuell arbeitssuchend bin, dann kommt das Geld ja nicht gerade ungelegen, sage ich mal."

    Wer über die gesamten 13 Semester immatrikuliert war, könnte sogar 870 Euro erhalten. Allein 6000 Betroffene haben sich bereits bei der FU gemeldet, sagt Miriam Zimmermann:

    "Es sind die unterschiedlichsten Menschen, also Menschen, die immer noch studieren teilweise, es sind Leute, die vor zehn, 15 Jahren studiert haben, Leute die für ihre Kinder anrufen sogar. Es gibt allerdings auch Leute, die sagen, gut ich habe einen Job, ich arbeite, ich würde es zurückfordern, gibt es denn die Möglichkeit zu spenden. Sehr große Nachfrage."

    Aufgrund der großen Nachfrage veröffentlichet die FU nun auf ihrer Website ein eigenes Antragsformular. Wenn alle Berechtigen ihr Geld zurückfordern würden, ginge es um bis zu 100 Millionen Euro. Viel Geld für die Universitäten, die das Geld erstmal bezahlen müssen. Der Senat will die Kosten später erstatten. Wann das sein wird und wann die Antragsteller mit Geld rechnen können, ist bis jetzt unklar.
    2006 hatte Berlin das Hochschulgesetz geändert. Seitdem sind die Gebühren verfassungskonform. 280 Euro muss jeder Berliner Student zur Zeit pro Semester bezahlen. Darin ist ein Ticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel enthalten – und wieder 50 Euro Rückmeldegebühr. Weil aber offengelegt wird, für welche Leistungen die 50 Euro verlangt werden, sind sie jetzt legal.

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