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Und ... Toooor!

Eine Forscherin der Universität Bonn hat die Sprache der Radioreporter aus mehr als 50 Jahren Fußballgeschichte unter die Lupe genommen und unter anderem die Geschwindigkeit der Kommentatoren untersucht. Als schnellster Sprecher erwies sich dabei Heribert Faßbender. Im Schnitt ist die Geschwindigkeit über die Jahre gleich geblieben.

Von Florian Peter | 05.06.2006
    Das berühmte Tor von Wembley war es, das Natascha Blotzki auf die Idee zu ihrer Magisterarbeit an der Universität Bonn brachte. Im Rahmen ihres Studiums der Phonetik hat sich die 28-Jährige schon intensiv mit dem Thema Sprache beschäftigt, die Sprache der Radioreporter war aber auch für sie Neuland. Ihr größtes Problem dabei: Wie kann man die verschiedenen Reporter wissenschaftlich miteinander vergleichen? Die Lösung: Nur die wichtigsten Spiele von Welt- und Europameisterschaften und auch die Endrundenspiele der europäischen Vereinswettbewerbe hat Natascha Blotzki untersucht.

    " Und dann auch eine Spielsituation, die vielleicht ähnlich ist und dann habe ich mir überlegt: Solche Torszenen, die sind vom Aufbau immer sehr ähnlich, zumindest kommt am Ende immer der Torschrei. Die Emotionalität wird bei allen dann relativ hoch sein und dann nehme ich am besten auch nur deutsche Tore, damit die Parteiischkeit bei allen Spielen gegeben ist."

    Die Ergebnisse haben die Forscherin doch etwas überrascht: Die Sprache der Radioreporter ist im Laufe der Jahre grundsätzlich weder schneller noch emotionaler geworden. Für Natascha Blotzki gibt es aufgrund eines zusätzlichen Tests, bei dem einige Probanden ihren Höreindruck bei den kommentierten Toren beschreiben sollten, dennoch einige Tendenzen, die dafür sprechen, dass die Reporter im Laufe der Jahre schneller und emotionaler geworden sind.

    " Das konnte ich zwar leider aufgrund der Datenqualität nicht messtechnisch nachweisen, sondern nur durch diesen Probandeneindruck. Aber da war es eben so, dass die heutigen Sprecher - oder sagen wir mal so - seit den 90er Jahren die Sprecher emotionaler geworden sind als früher. Wenn man das Spiel von 1954 ausnimmt, aber das war ja auch ein Wunder."

    Einige interessante Besonderheiten hat die Untersuchung von Natascha Blotzki auch hervorgebracht. So war der langsamste Reporter ausgerechnet Heinz Eil, der 1960 das Halbfinale im Pokal der Landesmeister zwischen Eintracht Frankfurt und den Glasgow Rangers kommentierte.

    Allerdings muss man dazu sagen, dass der Reporter vorher schon fünf Tore für die Frankfurter hat herausschreien müssen und beim sechsten dann schon hörbar heiser und erschöpft war.

    Der schnellste Kommentar stammt aus dem Jahr 1974. Heribert Fassbender berichtete hier vom WM-Endspiel zwischen Deutschland und Holland und brauchte für die Beschreibung des Tors durch Gerd Müller gerade einmal 2,2 Sekunden.

    26,8 Laute pro Sekunde brachten Fassbender in der Untersuchung von Natascha Blotzki den Geschwindigkeitsrekord. Bei Fassbender sind alle Laute eindeutig erkennbar, bei vielen heutigen Kommentatoren nicht - die sind sehr viel undeutlicher in ihrer Aussprache sagt die Bonner Forscherin.

    " Und wenn jemand wie Heribert Fassbender zum Beispiel beim 2:1: "Da kommt der Ball auf Müller, der dreht sich um die eigen Achse, schießt und Tor". Wenn er das ganze in einer hohen Geschwindigkeit spricht, aber trotzdem jeden Laut spricht, dann muss er natürlich schneller artikulieren als jemand der schnell spricht, aber dafür den einen oder anderen Laut einfach verschludert. "

    Allerdings sind auch diese Erkenntnisse nur Tendenzen und nur für die untersuchten Kommentatoren aussagekräftig - und damit auch keine allgemein gültigen Wahrheiten. Wohl auch deshalb hat sich noch kein Radioreporter selbst bei Natascha Blotzki über ihre Untersuchung beschwert.