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Undurchlässig und umstritten

Für die fünf Regionalligen gibt es nur drei Aufstiegsplätze in die dritte Liga. Also müssen die besten Mannschaften eine Ausscheidungsrunde spielen. Bei einigen Vereinen herrscht Kopfschütteln über diesen Modus.

Von Bastian Rudde |
    Der 2. Juni dieses Jahres hätte für die Sportfreunde Lotte aus der Regionalliga West zum Tag ihres größten Erfolgs werden können. Doch er wurde zum Tag einer großen Enttäuschung. In der Aufstiegsrunde zur dritten Liga gescheitert an RB Leipzig aus der Regionalliga Nordost…

    "Jetzt pfeift der Schiedsrichter ab. Die Leipziger Spieler laufen jubelnd auf den Platz. Die, die noch stehen können, stehen. Der Rest kniet, umarmt sich. Leipzig hat’s geschafft! Man hat die Verlängerung gebraucht gegen die tapferen Sportfreunde aus Lotte…"

    Die hatten in dieser Saison 86 Punkte geholt – so viele wie kein anderer Verein aus den fünf Regionalligen. Dass die Sportfreunde trotzdem nicht aufstiegen, findet Lottes Spieler Henning Grieneisen noch heute ungerecht.

    "Wir sind souveräner Meister geworden und mussten uns dann damit zufrieden geben, noch mal Entscheidungsspiele zu machen. Und dann, als wir es nicht geschafft hatten, war’s eigentlich so ein Gefühl wie ein Abstieg."

    Erster werden – doch eventuell nichts davon haben. Das widerspricht auch dem Kicker-Ethos von Uwe Koschinat, Trainer von Fortuna Köln.

    "Das ist aus meiner Sicht eine total unbefriedigende Regelung, die ja nicht nur dazu führt, dass dein Erfolg nahezu nichtig wird. Sondern auch in Sachen Planungssicherheit ist es natürlich ganz, ganz schwierig, dich für die kommende Saison dann vernünftig auszurichten. Auf der anderen Seite leben wir in einer Demokratie!"

    Und die Demokratie der deutschen Vereine wollte, dass zur Saison 2012/13 aus drei Regionalligen fünf werden – die Ursache für die umstrittenen Aufstiegsspiele. Denn in der dritten Liga werden jedes Jahr nur drei Plätze frei. Idee hinter der Aufstockung war, weniger Nachwuchsmannschaften der Vereine aus den bundesweiten Ligen in den Regionalligen zu haben und generell mehr Klubs mitspielen zu lassen. Ziel erreicht, sagt Walter Desch vom Regionalverband Südwest. Er sieht wenig Anlass für die aktuelle Debatte.

    "Im Regionalverband bei uns, kann ich sagen, oder im Südwesten ist eine gewisse Ruhe. Wie es in anderen Regionalligen aussieht kann ich nicht beurteilen."

    Anders! Zum Beispiel in der Regionalliga West. Spitzenspiel vor kurzem zwischen Fortuna Köln und den Sportfreunden Lotte. Eine umkämpfte Partie.

    So wie die Spieler auf dem Platz kämpfen Vereine Fortuna oder Lotte, ihr Ziel vom Aufstieg finanziell zu meistern. Beide leisten sich reine Profi-Kader. Bei der Fortuna geht das nur, weil ein regionaler Mäzen mit seinem Geld aushilft, sagt Trainer Uwe Koschinat. Ihn treibt eine grundsätzliche Frage um:

    "Ist die Regionalliga in dieser Form tatsächlich ein Zukunftsprojekt, was tragbar ist?"

    Daran gibt es Zweifel – nicht nur wegen der Aufstiegsregelung. Grund ist eher eine generelle, schleichende Entwertung der Regionalligen. Sie begann im Jahr 2008. Bis dahin gab es zwei Regionalligen, sie waren direkt unterhalb der beiden Bundesligen angesiedelt. Dann zog der Deutsche Fußball-Bund die dritte bundesweite Spielklasse dazwischen. Sie ist seitdem das mediale Premium-Produkt des DFB. Rund 800.000 Euro Fernsehgeld bekommt ein Drittligist vom Verband pro Saison im Schnitt. An einen Regionalligisten zahlte der DFB bis vor anderthalb Jahren rund 100.000 Euro. Die wurden dann mit der Aufstockung zur letzten Saison gestrichen. Nachvollziehbar, findet Hermann Korfmacher, bis vor kurzem Vizepräsident des DFB.
    "TV-Geld muss man sich verdienen! Die Spiele der vierten Liga sind im Fernsehen nicht gezeigt worden. Es war also ein subventionierter Bereich."

    Mittlerweile sind zwar wieder einige Spiele live im Fernsehen zu sehen. Doch für die Übertragungsrechte bekommen nach eigenen Angaben weder Verbände noch Vereine Geld. Umso größer ist bei den Klubs der Wunsch, an die volleren Töpfe der dritten Liga zu kommen. Deswegen wird die Kritik an der Undurchlässigkeit der Regionalligen bleiben – Wirkung zeigt sie schon jetzt. DFB-Mann Korfmacher kündigt an, dass es zumindest über den Aufstiegsmodus nach der laufenden Saison Gespräche geben soll.

    "Wir haben den Vereinen gesagt: ‚Nun lasst zwei Spielzeiten ins Land gehen, dann werden wir uns zusammensetzen und schauen, ob es eine andere denkbare Alternative geben kann.' Ich weiß aber keine, das will ich zugeben. Aber das Versprechen steht: Wir werden reden, wir werden prüfen."