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Unerwünscht!

Deutschlands Bildungssystem muss sich öffnen für ausländische Studenten! Wettbewerb belebt das Geschäft! Wer ganz oben mitmischen will, braucht den internationalen Vergleich! Bildungspolitiker aller politischen Lager wiederholen zu jeder Gelegenheit solche Forderungen. Zurecht, denn der Anteil ausländischer Studierender ist vergleichsweise gering. Noch geringer sind die Zahlen ausländischer Praktikanten, die im Rahmen ihres Studiums in deutschen Behörden oder Firmen arbeiten wollen. Hier ist die Situation fast schon bizarr: Viele Studenten könnten Praktikumsplätze haben, wenn es den deutschen Gesetzgeber nicht gäbe.

    Barbara Lozar ist 19 Jahre alt, sie studiert Jura an der Universität Ljubljana in Slowenien - also einem EU-Beitrittsland - und sie spricht fast perfekt Deutsch:

    Mein erster längerer Aufenthalt in Deutschland dauert drei Wochen, da war ich 14, und ich habe auch einen Sprachkurs im Goethe-Institut gemacht. Seitdem bin ich eigentlich jedes Jahr in Deutschland.

    Mittlerweile möchte sie in Deutschland aber nicht nur Urlaub machen, sie möchte auch arbeiten. Aus diesem Grund suchte sie in diesem Sommer eine Praktikumsstelle, um erste Einblicke in die juristischen Feinheiten des deutschen Umweltrechtes zu bekommen. Tatsächlich bot ihr auch die Verwaltung des Rheinisch-Bergischen Kreises eine Praktikum an. Die Freude war groß, leider aber verfrüht. Nach einigen Telefonaten und einem Besuch in der Deutschen Botschaft Ljubljana war klar: Barbara Lozar kann das Praktikum nicht machen.

    Es gab Probleme, gerade, weil die Unternehmen, die ausländische Praktikanten nehmen wollen, sie bezahlen müssen, und das macht man eigentlich nicht. Deswegen ist es für ausländische Praktikanten ganz schwierig ein Praktikum hier zu machen.

    Vordergründig geht es um Geld, dahinter verbirgt sich aber ein ganz anderes Problem. Ausländische Studenten durchlaufen zunächst einmal ein Genehmigungsverfahren. Zuständig ist die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung, Bonn, der internationalen Zweig der Bundesanstalt für Arbeit. Svenja Deters.

    Was derjenige aus ordnungspolitischen Gründen braucht, ist eine Freistellung von der Arbeitsgenehmigungspflicht. Er kann hier auf jeden Fall das Praktikum machen, wenn er vorher mit dem Betrieb und der ZAV eine Freistellung von der Arbeitsgenehmigungspflicht auch bekommen hat.

    Diese Freistellung erfordert etwas Papierkram: Der Student muss nachweisen, dass er an einer Universität eingeschrieben ist; die Firma oder Behörde erstellt einen Arbeitsplan, außerdem muss sie eine "Entlohnung" garantieren, die sich am BAföG-Satz orientiert - also etwa 580 Euro. Genau das ist der Knackpunkt: Es gibt kaum Firmen oder Behörden, die Praktikanten bezahlen. Die Firma finanziert die Ausbildung, der Student seinen Lebensunterhalt - so lautet das unausgesprochene Agreement! Dass dies nicht für ausländische Studenten gilt, hat politische Gründe.

    Dies ist ein Instrument - eines der wenigen, die man hat - um Missbrauch vorzubeugen, um zu verhindern, dass Leute geködert werden, um hier Arbeit zu machen, die eigentlich nicht mehr dem Praktikantenstatus entspricht, sondern anderweitig ist, die richtige Arbeitsleistung ist - unentgeltlich oder gegen sehr viel Geld. Das sind immer die Grenzen, zwischen denen man laviert.

    Wirklich gemildert wird das Problem auch nicht durch geldwerte Vorteile, die Unternehmen durchaus akzeptieren würden. Svenja Deters:

    Wenn ein Unternehmen die Möglichkeit hat, bei der Unterkunft behilflich zu sein, oder das Jobticket finanziert, also die Anreise zum Arbeitsplatz, oder den Aufenthalt in der Kantine, dann ist das für uns ein Zeichen, dass man dem Student versucht zu helfen, bei der Deckung der Lebenshaltung behilflich zu sein.

    Die Zahl ausländischer Praktikanten ließe sich schlagartig erhöhen, würde der Zwang zur Bezahlung wegfallen. Ob dies wirklich gewollt ist, darf allerdings bezweifelt werden. Bisher hat sich niemand mit diesem Problem beschäftigt. Svenja Deters von der die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung ist trotzdem optimistisch.

    Wir versuchen in dem gesetzlichen Rahmen, der uns gesteckt ist, möglichst dienstleistungsfreundlich und möglichst reibungsfrei zu gestalten, und ich denke auch, dass es immer mehr dahin gehen wird, dass es freier wird, das da die Kriterien geöffnet werden.