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Unerwünschte Invasoren

Neun von zehn neu aus anderen Regionen eingeführte Arten sind harmlos und fügen sich in das bestehende Ökosystem ein. Dennoch wird die zunehmende Invasion von Arten von Biologen mit Argwohn beobachtet. Informationen darüber liefert eine Ausstellung des Botanischen Gartens Potsdam.

Von Claudia van Laak | 26.06.2006
    Wie schnell und unbedacht Menschen biologische Invasionen auslösen können, zeigt ein schlichtes Experiment. Die Besucher des Botanischen Gartens Potsdam sind aufgefordert, ihre Schuhe auf einem Rost abzutreten, unter dem eine Pflanzschale mit Erde angebracht ist. Drei Wochen später sind in dieser Schale alle möglichen Pflanzen gekeimt und gewachsen. Der Leiter des Botanischen Gartens, Michael Burkart, auf die Frage, warum er sich des Themas "Biologische Invasionen" angenommen hat:

    "Es ist global wichtig, es ist auch in Deutschland wichtig, es wird aber in der Öffentlichkeit bisher zu wenig beachtet."

    Vor der Orangerie steht ein Beet mit einer Pflanze, die jeder Hobbygärtner kennen dürfte: das Wandelröschen. Es verwandelt im Laufe der Blütezeit seine Farbe, daher der Name. Das Problem: Wenn das Wandelröschen auswildert, bekommt es stachelige Triebe. Außerdem ist es für Menschen und Tiere giftig.
    "Es ist insofern ein gutes Beispiel, weil sie weiterhin im Handel ist als Zierpflanze - bei uns auch unproblematisch, weil sie frostempfindlich ist. Aber tropische und subtropische Regionen haben ein Problem damit, zumindest in weidegenutzten Bereichen."

    Auch die Robinie kann als biologische Invasion bezeichnet werden. Auf Grund ihrer Blüten ist sie bei Imkern beliebt, Tischler schätzen das hervorragende Holz. Naturschützer dagegen sind auf die Robinie gar nicht gut zu sprechen. Sie ist eine Leguminose, reichert aus diesem Grund Nährstoffe an - und das bringt nährstoffarme Böden wie Trocken- oder Magerrasen aus dem Gleichgewicht. Eine Bewertung, ob neue Pflanzen und Tierarten positiv sind, ob sie weiter existieren oder vielleicht ausgerottet werden sollen, eine solche Bewertung fällt schwer. Der Leiter des Potsdamer Naturkundemuseums Detlef Knuth nennt Kriterien:

    "Vom Ort, von der Zeit, vom Standort vor allem auch muss bewertet werden. Es ist sehr schwer. Viele Arten, die neu hinzugekommen sind, verdrängen Arten, die heimisch waren. Und wir wollen ja nicht Artenvielfalt verlieren, wir wollen sie langfristig erhalten und sichern."

    In England verdrängt zum Beispiel das Grauhörnchen das einheimische Eichhörnchen. Jetzt ist man dabei, die Bestände des Grauhörnchens zu dezimieren, damit das Eichhörnchen nicht ausstirbt.

    "Bei manchen Arten, wenn man zu lange wartet, ist es zu spät. Deshalb heißt es: Kontrollieren, Beobachten, rechtzeitig Eingreifen."

    So ist die Wasserhyazinthe in Afrika zu einem großen Problem geworden. Die Pflanze breitet sich unkontrolliert aus, große Seen wuchern zu. Nun wurde in bestimmten Regionen eine Käferart eingeführt, die sich von der Wasserhyazinthe ernährt. Die biologische Invasion wird wiederum mit biologischen Mitteln bekämpft, erläutert Michael Burkart.

    "Man muss damit bloß aufpassen, weil das, was man einführt zur Bekämpfung. , ist ja wiederum eine biologische Invasion. Man muss es vorher sehr gründlich testen, damit keine unerwünschten Nebeneffekte stattfinden."

    Die Faustformel der Invasionsbiologen lautet: Neun von zehn neu eingeführten Arten sind harmlos und fügen sich in das existierende Ökosystem ein. Europa exportiert die meisten biologischen Invasionen, Neuseeland und Australien leiden am stärksten.

    "Bei Pflanzen ist es für Europa ganz sicher so, dass wir mehr Arten in andere Länder gebracht haben als umgekehrt."

    "In der Spur des Menschen - biologische Invasionen.", die Ausstellung ist noch bis Ende September im Naturkundemuseum und im Botanischen Garten Potsdam zu sehen.