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Unfassbar lecker

Sie heißen Küfner, Böttcher oder auch einfach Fassmacher - ein Beruf, der heute kaum noch zu finden ist. Die traditionelle Barriqueherstellung ist aufwendig und lohnt nicht für die Massenproduktion. Genießer jedoch schätzen den im Barrique gereiften Wein und schwören auf die holzige Note.

Von Christina Selzer |
    Auf dem Hof der Fassfabrik Krogemann steht ein LKW. Eine Spedition holt eine Ladung ab. Der Fahrer rollt Fässer auf seine Ladefläche. Der Chef Alfred Krogemann packt selbst mit an. Seit Anfang August herrscht Hochsaison. Bis Oktober werden im Akkord Fässer gemacht. Die Böttcherei ist ein kleiner Familienbetrieb. Neben dem Chef arbeiten hier noch drei Fassmacher in der kleinen Werkstatt mit diversen Maschinen: Hobelbänke, Sägen und stapelweise Holz. Marco Würdemann arbeitet immer noch wie vor 100 Jahren. Er hämmert Metallringe auf die Dauben, das sind die gebogenen Holzlatten. Dazwischen kommt immer ein Stück Schilf, erklärt Alfred Krogemann:

    "Das ist immer noch Tradition, dass man das macht. Weil man früher die Fässer für den Transport benutzt hat. Wenn Holz nass wird, dann dehnt sich das Schilf aus und damit konnte man das abdichten."

    Die Fassfabrik Krogemann wurde 1959 gegründet, doch ihre Geschichte reicht wie das Handwerk des Böttchers bis ins Mittelalter zurück. Da ist sich Firmenchef Alfred Krogemann sicher. Der 69-Jährige durfte schon als Kind im Betrieb mithelfen:

    "Wir haben ja immer am Betrieb gewohnt, so habe ich als Kind schon geholfen, für Mutter schon zu Weihnachten Blumenkübel gemacht. Und so hat man das gelernt. Ich habe dann später Maurer gelernt, Bauingenieur dann später, dann musste ich zur Bundeswehr. Komm, kannst helfen, war viel zu tun, dann bin ich doch hängengeblieben, das ist jetzt nun schon ewig her."

    In den 70er-Jahren spezialisierte sich der Betrieb auf Weinfässer aus Eichenholz, die vor allem nach Australien verkauft wurden. Erst in den 80er-Jahren begannen sich auch die Winzer aus deutschen Anbaugebieten für die sogenannten Barrique-Fässer zu interessieren.

    "Das hat man ja jetzt schon so 15 Jahre, dass die deutschen Winzer auch Barriqueweine herstellen, dass die ganz guten Weine in kleinen Fässern gelagert werden, in 225-300 Liter-Fässern. Aber da kann man nur die allerbesten Weine nehmen."

    Früher wurden die Fässer noch gereinigt und geschrubbt, um zu verhindern, dass der Wein den Holzgeschmack annahm. Heute dagegen ist genau das erwünscht, erklärt der Fassmacher: Barriqueweine sollen nach den Eichenfässern schmecken, in denen sie reifen.

    "Das will man ja im Wein haben. Die Aromen kommen durch das Holz, der Wein nimmt sich das raus, da gibt es diesen Vanillegeschmack. Aber das ist nur ein Geschmack von vielen."

    Welche Geschmacksvariante der Wein schließlich annimmt, hängt davon ab, wie stark das Holz gefeuert wird. Der Fachmann sagt auch 'toasten’ dazu. Beim Toasten wird jedes Fass eine Stunde lang von innen geräuchert, um die Spannung aus dem gebogenen Holz herauszunehmen. Außerdem wird die im Eichenholz enthaltene Gerbsäure umgewandelt: Das gebrannte Holz gibt später dem Wein einen Hauch von Nelken, Zedern oder Vanillearomen, erklärt der Böttcher:

    "Die Winzer bestellen das sogar: Leicht, Medium oder Medium plus getoastet."

    Bis zu 600 neue Eichenfässer werden jedes Jahr in Handarbeit hergestellt und an Winzer in Süddeutschland verkauft. Doch Alfred Krogemann handelt auch mit gebrauchten Fässern. Sie werden repariert, ausgehobelt, abermals getoastet und dann entweder als Blumenkübel oder für die Lagerung von Weinbrand benutzt:

    "Das sind fast alles französische, spanische Rotweinfässer, aus Bordeaux, die sind fünf, sechs Jahre alt, älter nicht. Das ist darum, weil der Wein nicht tief eindringt, der nimmt sich den Geschmack von der Oberfläche, wenn man die einmal gefüllt hat, dann ist das Gute schon raus dem Wein. Die meisten Winzer benutzen die viermal, aber dann bringt das nichts mehr."

    Das traditionelle Verfahren der Fassherstellung ist zeitaufwändig. Sechs Stunden dauert es, bis ein Fass fertig ist. Für die Massenproduktionen von Wein hat das alte Barriquefass kaum Bedeutung. Denn Wein wird in Kunststoff- oder Edelstahlbehältern gelagert.

    Die Fässer von Krogemann sind für den Liebhaber des Barriqueweins gedacht. Der Böttcher aus Bremen ist allerdings selbst kein Weintrinker:

    "Ab und zu mal ein Schluck guten Rotwein, aber sonst lieber nur Bier!"