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Ungarn, Rumänien und der Minderheitenpatriotismus

In Rumänien wird zurzeit der Umgang mit der ungarischen Minderheit im Land kontrovers diskutiert. Ungarische Nationalisten protestieren seit Monaten gegen angebliche Pläne der rumänischen Regierung, das Gebiet der dort lebenden Ungarn zu deren Nachteil zu teilen.

Von Karla Engelhard | 15.08.2013
    Wenn der Chef der extrem nationalistischen Partei Ungarns, Jobbik, Gabor Vona auf einem Treffen mit einer Jugendorganisation ethnischer Ungarn mitten in Rumänien redet, ist Ärger vorprogrammiert, zumal wenn er sagt:

    "Am wichtigsten für uns sind nicht die Beziehungen zwischen Rumänien und Ungarn, sondern der Schutz unserer ungarischen Rasse, die hier in Rumänien lebt. Konflikte mit Rumänien nehmen wir in Kauf, was zählt, sind die Menschenrechte für unsere Ungarn. Jobbik fühlt sich dazu verpflichten, und so sollte auch Ungarn handeln."

    Erstmals reagierte der rumänische Präsident Trajan Basescu in Bukarest überraschend scharf auf diese ungarischen Worte, die für ihn eine Kampfansage sind:

    "Dieses Jahr haben die Ungarn eine Grenze erreicht, wo ich sage, es reicht! Niemals hat Rumänien geplant, im Zuge der Verwaltungsreform das Land nach ethnischen Kriterien aufzuteilen, zum Nachteil der ungarischen Minderheit. Bisher haben wir uns zurückgehalten, doch nun werden wir Budapest konsequent antworten. Rumänien wird die Führung übernehmen, wenn es darum geht, Ungarn in die Schranken zu weisen."

    Trotz des Applauses im Parlament: Rumänische Politiker sind sich quer durch die Parteien uneins über dem Umgang mit der ungarischen Minderheit im Lande und dem unbequemen Nachbarn Ungarn. Die meisten teilen die neue, extreme Haltung Basescus nicht. Allen voran der liberale Senatspräsident Crin Antinescu. Er steht hinter dem sozialistischen Premier Ponta. Beide sind Intimfeinde des konservativen Präsidenten:

    "Wenn Trajan Basescu wirklich einen Kreuzzug gegen Budapest beginnen will, ist das einfach lächerlich. Es ist kein angemessenes Verhalten eines verantwortlichen Staatschefs in der Außenpolitik, aber ein Beweis für dessen Provinzialismus. Es gibt keinen Grund für einen Kreuzzug gegen Budapest."

    Das rumänische Außenministerium forderte Ungarns Regierung trotzdem auf, sich von Vonas extremen Aussagen zu distanzieren. Das Außenministerium in Budapest erklärte dazu nur, Jobbik sei eine Oppositionspartei und nicht Teil der Regierung. Ungarns Regierung sei hingegen den Grundprinzipien und Zielen der strategischen Partnerschaft mit Rumänien verpflichtet.
    Zsolt Németh, Staatssekretär im ungarischen Auswärtigen Amt, sagte in einem Telefoninterview – trotz seines Urlaubs:

    "Wir sind keine Revisionisten, sondern wir kümmern uns über die Ungarn, die in Nachbarländern leben. Das ist unsere verfassungsrechtliche Pflicht. Im Mittelpunkt stehen nicht die Grenzen, sondern die Minderheitsrechte in den Nachbarländern. Nach meiner Meinung haben wir in den letzten Jahren mit unseren Nachbarn die Beziehungen konsolidiert. Unsere Verbindungen sind ausgewogen."

    Das könnte sich ändern. Ungarische Nationalisten protestieren seit Monaten in Rumänien gegen angebliche Pläne der Bukarester Regierung, das Gebiet der ungarischen Minderheit administrativ zu teilen.