Das vierte Jahr - mit großem Selbstbewusstsein. Der 38jährige Ministerpräsident vertritt nationale Interessen markant auf internationalem Parkett. Orban möchte Ungarn zu einem Zentrum des neuen Mitteleuropa machen. Als Mitglied der NATO sei Ungarn nicht mehr Spielball der Großmächte, wolle weder Brücke noch Fähre sein, sondern Brückenkopf.
Für diese Ziele erhält der junge Machtpolitiker Applaus. Vor allem aus den Reihen seiner eigenen Partei, wie vor wenigen Tagen bei deren letzten Parteitag vor den Parlamentswahlen am 7. April. Und die will Orban mit seinem Bund Junger Demokraten FIDESZ erneut gewinnen, die oppositionellen Sozialisten auf die Plätze verweisen. Die Hardliner des Bundes geben dem Volk zu bedenken: Es habe sowieso nur die Wahl zwischen Viktor Orban und den Postkommunisten. FIDESZ-Parteichef Zoltan Pokorni ruft die Wähler auf, sich für die Zukunft zu entscheiden:
Das Jahr 2002 ist von epochaler Bedeutung, denn es bestimmt die Möglichkeiten, den Spielraum Ungarns für Jahre, Jahrzehnte. Entscheidet darüber, welchen Platz die Republik im Kreise der reichen, freien, starken EU-Länder einnimmt. Deswegen braucht Ungarn eine Regierung, die ihre eigenen nationalen Interessen kennt und diese konsequent durchzusetzen versteht.
Der Wahlkampf in Ungarn ist zu einer giftigen Hetze geworden, zu einem Schlagabtausch - zielt nicht selten unter die Gürtellinie. Spielball sind Wirtschaftsdaten, Wohlstands-Statistiken, Armutskurven, sind die Auslandsungarn, sind jüngst auch die EU-Beitrittsverhandlungen. Die Sozialisten werfen Premier Viktor Orban eine "Weich-Ei-Taktik" vor allem bei den Agrarverhandlungen mit Brüssel vor. Der bayerische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat der Union Edmund Stoiber reiste am 16. Februar eigens nach Budapest, leistete Beistand, ja Wahlhilfe, als er zugunsten Orbans ausrief: Wer ihm vorwirft, er würde dies nicht mit Massivität in Brüssel vertreten, der lügt die Menschen und Ungarn an. Ich wünsche mir, dass FIDESZ, die starke Regierungspartei in Ungarn bleibt und das Viktor Orban Ministerpräsident dieses großartigen Landes bleibt.
Kontinuierlich arbeitete sich die Donaurepublik an die Spitze der EU-Kandidaten. Schloss 24 der 31 Beitrittskapitel ab. Innenpolitische Stabilität und geklärte Eigentumsverhältnisse gelten als Magnet für westliche Investoren. Lob auch immer noch - nach über einem Jahrzehnt - für die mutige Tat der Ungarn, den Eisernen Vorhang niederzureißen und den Roten Stern von der Parlamentskuppel zu verschrotten - in einer Hauptstadt, für die heute Hochglanzprospekte werben. Breite Boulevards und romantische Gassen prägen das Bild der Donau-Metropole. Glas- und Marmorpaläste internationaler Konzerne bestimmen inzwischen das Bild der City, die längst auch von Fast-Food-Ketten erobert worden ist. Gängige Klischees wie Piroska und Paprika, Pussta werden immer mehr verdrängt durch Klischees wie Luxus und Laster, doch auch Almosen und Armut.
Als die Madjaren zu Silvester 2001 ihre privaten Feuerwerksraketen abschossen, blickten sie - eigentlich - auf ein üppiges Jahr zurück. Erstmals seit dem Ende des Kommunismus waren Weihnachtsbaumverkäufer zufrieden mit dem Geschäft, freuten sich Taxifahrer über Rekordeinnahmen. Und während die Parkplätze vor den Supermärkten ebenso überquollen wie die Einkaufswagen der Kunden - lautete das allgemeine Fazit: Den Madjaren scheint es insgesamt wohl besser zu gehen - wenn da nicht der alltägliche Frust wäre, die Sorge um den Job, die Angst vor internationalem Terror, Neid wegen neureichen Protz-Gebarens:
Was die "Jungen Demokraten" und die Orban-Regierung vor dreieinhalb Jahren versprochen haben, davon haben sie kaum etwas eingelöst. Wir leben heute schlechter, denn wir müssen viel mehr arbeiten, um unserem Lebensstandart zu halten. Auch das Gesundheitswesen liegt immer noch am Boden, und die Landwirtschaft wurde kaputtgemacht. Gelder verschwinden und die Regierung regiert das Land, als würde es ihr gehören.
... meint stellvertretend für viele dieser Budapester Taxifahrer. Er befürchtet für Ungarn ein Jahr voller Ungewissheit. Einerseits wachsen die Alltagssorgen. Zum anderen wählt Ungarn demnächst ein neues Parlament. Meinungsumfragen kündigen einen knappen Wahlausgang an zwischen dem regierenden "Bund Junger Demokraten" und den oppositionellen Sozialisten. Aber auch von einem Vordringen der rechtsextremen "Wahrheits- und Lebenspartei" von Istvan Csurka, wissen sie zu berichten. Es seien vor allem enttäuschte Menschen, die hinter dessen Wahrheitspartei MIEP stehen - beteuert der Rechtspopulist.
Csurka - Verfechter eines offenen Antisemitismus - würde vieles ändern, käme er an die Regierung:
In erster Linie die Finanzpolitik. Die Nationalbank müßte unter die Kontrolle des Parlaments gestellt werden. Weiter würde ich die Privatisierung überprüfen, was da so gelaufen ist. Dem Eindringen des globalen Kapitals nach Ungarn würde ich Schranken setzen. Und was auch sehr wichtig ist: Die ausländischen Multis würde ich zur Kasse bitten. Denn die zahlen heute keine Steuern in Ungarn.
Vor den Parlamentswahlen im April kommt es offenbar zu Flurbereinigungen im Parteiengefüge Ungarns. Politologen sehen einen Trend zum Zweiparteiensystem. In der ungarischen Parteienlandschaft könnten dann zwei große Volksparteien dominieren - und zwar rechts und links der Mitte.
Im Regierungslager dominiert die rechtskonservative Partei von Viktor Orban - der "Bund Junger Demokraten". Im Oppositionslager dagegen dominieren die Sozialisten, während die Freien Demokraten bangen müssen, ob sie überhaupt die Fünf-Prozent-Parlaments-Hürde bei den Wahlen nehmen können.
Auf der Oppositionsbank sitzt auch die rechtsradikale Wahrheits- und Lebenspartei von Istvan Csurka. Der Schriftsteller konnte sich bei den Wahlen 1998 mit seiner Partei 14 der 386 Sitze im ungarischen Parlament sichern. Selbst als der Populist als Spitzel des früheren kommunistischen Geheimdienstes entlarvt worden war, änderte das nichts an seinem Erfolg.
Bei den Parlamentswahlen könnte die Wahrheitspartei erneut den Einzug ins Hohe Haus an der Donau schaffen. Sagen ihr Meinungsumfragen 5 bis 6 % Stimmenanteile voraus , hofft Csurka selbst auf 15 % der Wählerstimmen. Auch in Ungarn kam es nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zu einem plötzlichen und unerwarteten Erwachen extrem nationalistischer und rassistischer Strömungen. Dass es in der Gesellschaft einen Nährboden für Vorurteile gegen Minderheiten - insbesondere gegen Roma - gab, hatten Soziologen schon in den 80er Jahren registriert. Unter den rechtsextremen Gruppierungen erwies sich die Wahrheits- und Lebenspartei von Istvan Csurka als die stärkste politische Kraft. Csurka war unter den Kommunisten ein geachteter Schriftsteller. In der neu gewonnenen politischen Freiheit zu Beginn der neunziger Jahre radikalisierte er sich und begann, antisemitische, rassistische und chauvinistische Positionen zu vertreten. Der Rechtspopulist forderte nicht nur ein "Groß-Ungarn" in den Grenzen von 1920, sondern dämonisierte überdies in ungeschminkter Nazi-Terminologie angebliche Bedrohungen durch - Zitat: - "jüdische und bolschewistische Weltverschwörungen". Seine Forderung:
Wir müssen Ungarn vor den schädlichen Einflüssen der Globalisierung schützen, und dafür sorgen, dass Ungarn Ungarn bleibt. Wir müssen den ungarischen Boden schützen und die darauf arbeitenden ungarischen Menschen.
Mit derlei Ideen sitzt Csurka auf seinem purpurroten Samtsessel im Parlament - zufrieden zurückgelehnt. Denn angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse musste die Mitte-Rechts-Regierung von Premier Viktor Orban schon mehrfach auf die politische Schützenhilfe der rechtsextremistischen Csurka-Partei zurückgreifen. Der ungarische Staatspräsident Ferenc Madl ist dennoch überzeugt:
Es gibt Zeichen, dass zum Beispiel solche extremen Auffassungen herrschen, doch die sind nicht bedeutend. Es gibt einige, aber dass das den Ruf Ungarns in Frage stellen würde, das ist übertrieben, meines Erachtens. Solche Zeichen sind nicht größer als in irgendeinem Land des Abendlandes - sozusagen.
Dennoch herrscht Irritation in der Gesellschaft. Und ebenso bleiben Befürchtungen, die Csurka-Partei könnte bei den Parlamentswahlen als Mehrheitsbeschaffer für den regierenden Bund Junger Demokraten dienen. Doch eine offene Allianz des bürgerlichen Blocks mit Csurkas rechtsradikaler Partei hätte womöglich fatale Folgen - nämlich das Einfrieren der laufenden EU-Beitrittsverhandlungen Ungarns, wie politische Beobachter zu bedenken geben. In der ungarischen Gesellschaft wurde nicht selten die Frage gestellt, warum die Donaurepublik zu einem beliebten Treff der internationalen Neonazi-Szene werden konnte. Rechtsexperten verweisen auf die "weiche" Gesetzeslage, die solche Zusammenkünfte nur dann verbietet, wenn sie Ruhe und Sicherheit im Staate gefährden.
Da es überdies den ungarischen Behörden nicht zustehe, korrekt angemeldete Demonstrationen auf Ziele und Inhalte zu überprüfen, hätten die Neonazis viele Jahre zu ihrem traditionellen Gedenkmarsch für die Gefallenen der Waffen-SS auf dem Budaer Burgberg antreten können.
Einer der Initiatoren war György Ekrem Kemal (sprich Djörgy Äkräm Kämal), Chef der rechtsextremistischen Nationalen Freiheitspartei, einer Splitterpartei ohne echte Basis.
Nicht die Öffentlichkeit ist gegen meine Partei. Denn der große Widerstand gegen nationalistische Parteien kommt nicht aus dem Volke, nein keinesfalls. Der Widerstand wird vielmehr durch Politiker geschürt. Übrigens bekennen wir uns offen zum Nationalismus, Radikalismus, wie in unserem Programm verkündet.
Die Machtdemonstrationen der Rechtsextremisten auf dem Burgberg sind vorbei. Nicht weil die Polizei diese Demonstrationen verboten hätte. Sondern weil antifaschistische Organisationen und ehemalige Widerstandskämpfer den ganzen Burgberg für ihre eigenen Veranstaltungen dauer-mieteten.
Rassenhass und Antisemitismus haben sich von der Straße in die Fußballstadien verlagert. Bei einem Spiel des Budapester Klubs MTK, beliebt bei der jüdischen Gemeinde, wurde Parolen gegrölt wie: "Der Zug nach Auschwitz fährt ab!".
Die Polizei indes erklärte: Diese Parolen -wortwörtlich interpretiert - seien nicht strafbar. - Die jüdische Gemeinde protestierte. Ernö Lazarovics, einer ihrer namhaften Vertreter, ist enttäuscht von der Haltung der Regierung:
Wir haben mehrmals verlangt, dass sie sollen sich distanzieren und sie sollen verurteilen, die solche antisemitische Propaganda ausbreiten. Sie haben das nicht. Und die zweite Sache: Wir haben erwartet, es soll ein solches Gesetz sein wie in Österreich, in Deutschland und anderen demokratischen Ländern. Dass die, die da sagen, es war kein Holocaust, dass sie nicht so viele 6 Millionen Juden umgekommen; man soll sie strafen und man soll sie zusperren, in Gefängnisse. Leider das ist heute auch noch nicht eingeführt.
Eine rechtsextremistische Partei ist zwar im Parlament vertreten, aber dennoch gilt die politische Neonazi-Szene Ungarns derzeit als weitgehend tot. Der Staatssekretär im Amt für Nationale Sicherheit, Istvan Simicsko, spricht von "unbedeutenden Erscheinungen" an der äußersten Rechten:
Es geht nur um einige Dutzend Menschen. Deren Zahl ist verschwindend gering. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte "Tag der Ehre", bei dem auf dem Budaer Burgberg Neonazis aus verschiedenen Ländern aufmarschierten. Heute fehlt dieser Demonstration jegliche Massenbasis.
Offiziell heißt es also: Keine Gefahr von Rechts für die ungarische Demokratie. - Am 16. April vergangenen Jahres wurde erstmals an ungarischen Schulen der offizielle Holocaust-Gedenktag begangen. - Schon Jahre zuvor hatte das Parlament ein Gesetz verabschiedet, das Staatssekretär Schimitschko als beispielhaft bezeichnet:
Das Gesetz verbietet die Symbole sowohl des Kommunismus als auch des Faschismus. Das heißt sowohl Hammer und Sichel als auch das Hakenkreuz. Das war eine wichtige Entscheidung, ein Beweis dafür, dass sich Ungarn für die Demokratie entschieden hat.
Die Demokratie alleine bietet jedoch noch keine automatische Immunitätsgarantie gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Fremdenhass. Obwohl Premier Viktor Orban bisher eine Koalition mit extremistischen Parteien ausschloss, ist eine Regierungsbeteiligung von Csurkas MIEP (MI-EP) bei einem knappen Wahlausgang keineswegs ausgeschlossen. Und das wird sie sich etwas kosten lassen, erklärt Politologe Attila Agh:
Die Frage ist, ob die Csurka-Partei die Jungdemokraten "kostenlos" unterstützen wird. Wahrscheinlich nicht. Viele bezeichnen Csurka heute bereits als Kulturminister. Aber ich meine, FIDESZ möchte doch eher die MIEP-Wähler für sich gewinnen, als letztlich einen Bund mit Csurka einzugehen.
Die regierenden Jungdemokraten gingen ein Wahlbündnis ein, schmiedeten noch vor dem Wahlgang eine Koalition: Partner sind das Demokratenforum und verschiedene kleine Splitterparteien, die ohne FIDESZ den Weg ins Parlament nicht schaffen würden. Als Sammelbecken für das rechte Spektrum profitierte FIDESZ vom Zerfall seines ehemaligen Koalitionspartners "Kleinlandwirte"-Partei. Dabei setzt Premier Viktor Orban auf die nationalistische Karte - nicht nur innen- , sondern auch außenpolitisch. Orban forderte die Abschaffung der Benesch-Dekrete und öffnete damit ein totgeschwiegenes Kapitel mitteleuropäischer Vergangenheitsbewältigung. Dabei war Orbans Äußerung ein bewusster Schritt - meinen politische Beobachter. Zum einen wolle er im Vorfeld der Parlamentswahlen die Wähler der rechtsextremistischen Wahrheits- und Lebenspartei für sich gewinnen und das rechte Lager festigen. Zum anderen Solidarität üben mit dem FPO-Vorsitzenden Jörg Haider, der den EU-Beitritt Tschechiens von der Annullierung der Benes-Dekrete abhängig machen wollte. Und Solidarität mit der bayerischen CSU, die seit langem die Belange der Sudetendeutschen unterstützt.
Meinungsumfragen spiegeln nicht nur Wähler-Sympathien für Parteien wider, sondern auch das Interesse für Politik an sich - erklärt Attila Agh (Attila Ag)
In einer entwickelteren Demokratie interessieren sich mehr Bürger für die Politik. Hier in Ungarn aber wendet sich ein großer Teil der Bevölkerung inzwischen ab, jene Menschen vor allem, deren Lebensbedingungen sich drastisch verschlechtert haben. - Doch auch Menschen, denen die Wahlkampf-Schlammschlacht missfällt, gehören dazu. Und so erklären 40 % der Bürger, gar nicht wählen zu wollen.
Riesenplakate, Annoncen in den Zeitungen, Werbespots in Funk und Fernsehen - der Wahlkampf ist teuer. Und er wird auch gegen unliebsame Journalisten geführt: Da wurde im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die kritische Sendung "Beszéljük meg" - zu deutsch: - "Reden wir darüber" aus dem Programm verbannt. Ildiko Lendvai, stellvertretende Vorsitzende und Medienexpertin der Sozialisten:
Ich glaube, die Regierung machte hier eine Bumerangpolitik. Dabei hat sie jene kompromittierende Praxis neu belebt, mit der bereits 1994 der Versuch unternommen wurde, die Medien zu okkupieren, sie zum Schweigen zu bringen. Doch im konkreten Fall wurden nicht nur der Journalist mundtot gemacht, sondern auch die Hörer.
Auch Auslandskorrespondenten sind nicht verschont und in der regierungsnahen Zeitung "Magyar Nemzet" auf eine Schwarze Liste gesetzt worden. Nach der Analyse einer sogenannten "anonymen Kontrollgruppe" wurden dort Namen von solchen Journalisten angeführt, die Premier Viktor Orban kritisiert und mit ihrer Kritik angeblich dem Image Ungarns geschadet hätten.
Dieses Verhalten hat auch internationale Kritik gefunden. Denn in einer kultivierten Welt ist es undenkbar, dass Auslandskorrespondenten auf eine sogenannte "Schwarze Liste" einer Zeitung gelangen. Es ist doch naiv anzunehmen, dass dem ungarischen Image dadurch geschadet wird, wenn ein Journalist schreibt, was ihm nicht gefällt. Es ist doch eher eine solche Schwarze Liste, die dem Ruf des Landes schadet.
Dreieinhalb Jahre hatte FIDESZ ohne Gegner gespielt, denn die oppositionellen Sozialisten hinkten den Ereignissen meist hinterher. - Aber als die Sozialisten auf einmal zum Gegenangriff antraten , waren die Jungdemokraten darauf nicht vorbereitet. Sie übersahen außerdem, dass ihre übermäßige Kritik an der sozialistischen Opposition nur zu wachsender Solidarität mit diesen vermeintlich Unterlegenen führen würde.
Der Grund für den Beliebtheitsverlust der regierenden Jungdemokraten lag nicht in der Makroökonomie. Es war gerade die Weltbank, die Ungarn Erfolg attestierte: Rasches Wirtschaftswachstum, sinkende Inflation, stetige Kapitalzuschüsse und steigende Exporte... Der Grund für die sinkende Popularität der Regierung scheint vielmehr ein Vertrauensschwund seitens der Bevölkerung zu sein, zu dem Populismus, Aggressivität, Liebäugelei mit der extremen Rechten und Selbstüberschätzung ebenso geführt haben wie unerfüllte Wahlversprechen.
Für diese Ziele erhält der junge Machtpolitiker Applaus. Vor allem aus den Reihen seiner eigenen Partei, wie vor wenigen Tagen bei deren letzten Parteitag vor den Parlamentswahlen am 7. April. Und die will Orban mit seinem Bund Junger Demokraten FIDESZ erneut gewinnen, die oppositionellen Sozialisten auf die Plätze verweisen. Die Hardliner des Bundes geben dem Volk zu bedenken: Es habe sowieso nur die Wahl zwischen Viktor Orban und den Postkommunisten. FIDESZ-Parteichef Zoltan Pokorni ruft die Wähler auf, sich für die Zukunft zu entscheiden:
Das Jahr 2002 ist von epochaler Bedeutung, denn es bestimmt die Möglichkeiten, den Spielraum Ungarns für Jahre, Jahrzehnte. Entscheidet darüber, welchen Platz die Republik im Kreise der reichen, freien, starken EU-Länder einnimmt. Deswegen braucht Ungarn eine Regierung, die ihre eigenen nationalen Interessen kennt und diese konsequent durchzusetzen versteht.
Der Wahlkampf in Ungarn ist zu einer giftigen Hetze geworden, zu einem Schlagabtausch - zielt nicht selten unter die Gürtellinie. Spielball sind Wirtschaftsdaten, Wohlstands-Statistiken, Armutskurven, sind die Auslandsungarn, sind jüngst auch die EU-Beitrittsverhandlungen. Die Sozialisten werfen Premier Viktor Orban eine "Weich-Ei-Taktik" vor allem bei den Agrarverhandlungen mit Brüssel vor. Der bayerische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat der Union Edmund Stoiber reiste am 16. Februar eigens nach Budapest, leistete Beistand, ja Wahlhilfe, als er zugunsten Orbans ausrief: Wer ihm vorwirft, er würde dies nicht mit Massivität in Brüssel vertreten, der lügt die Menschen und Ungarn an. Ich wünsche mir, dass FIDESZ, die starke Regierungspartei in Ungarn bleibt und das Viktor Orban Ministerpräsident dieses großartigen Landes bleibt.
Kontinuierlich arbeitete sich die Donaurepublik an die Spitze der EU-Kandidaten. Schloss 24 der 31 Beitrittskapitel ab. Innenpolitische Stabilität und geklärte Eigentumsverhältnisse gelten als Magnet für westliche Investoren. Lob auch immer noch - nach über einem Jahrzehnt - für die mutige Tat der Ungarn, den Eisernen Vorhang niederzureißen und den Roten Stern von der Parlamentskuppel zu verschrotten - in einer Hauptstadt, für die heute Hochglanzprospekte werben. Breite Boulevards und romantische Gassen prägen das Bild der Donau-Metropole. Glas- und Marmorpaläste internationaler Konzerne bestimmen inzwischen das Bild der City, die längst auch von Fast-Food-Ketten erobert worden ist. Gängige Klischees wie Piroska und Paprika, Pussta werden immer mehr verdrängt durch Klischees wie Luxus und Laster, doch auch Almosen und Armut.
Als die Madjaren zu Silvester 2001 ihre privaten Feuerwerksraketen abschossen, blickten sie - eigentlich - auf ein üppiges Jahr zurück. Erstmals seit dem Ende des Kommunismus waren Weihnachtsbaumverkäufer zufrieden mit dem Geschäft, freuten sich Taxifahrer über Rekordeinnahmen. Und während die Parkplätze vor den Supermärkten ebenso überquollen wie die Einkaufswagen der Kunden - lautete das allgemeine Fazit: Den Madjaren scheint es insgesamt wohl besser zu gehen - wenn da nicht der alltägliche Frust wäre, die Sorge um den Job, die Angst vor internationalem Terror, Neid wegen neureichen Protz-Gebarens:
Was die "Jungen Demokraten" und die Orban-Regierung vor dreieinhalb Jahren versprochen haben, davon haben sie kaum etwas eingelöst. Wir leben heute schlechter, denn wir müssen viel mehr arbeiten, um unserem Lebensstandart zu halten. Auch das Gesundheitswesen liegt immer noch am Boden, und die Landwirtschaft wurde kaputtgemacht. Gelder verschwinden und die Regierung regiert das Land, als würde es ihr gehören.
... meint stellvertretend für viele dieser Budapester Taxifahrer. Er befürchtet für Ungarn ein Jahr voller Ungewissheit. Einerseits wachsen die Alltagssorgen. Zum anderen wählt Ungarn demnächst ein neues Parlament. Meinungsumfragen kündigen einen knappen Wahlausgang an zwischen dem regierenden "Bund Junger Demokraten" und den oppositionellen Sozialisten. Aber auch von einem Vordringen der rechtsextremen "Wahrheits- und Lebenspartei" von Istvan Csurka, wissen sie zu berichten. Es seien vor allem enttäuschte Menschen, die hinter dessen Wahrheitspartei MIEP stehen - beteuert der Rechtspopulist.
Csurka - Verfechter eines offenen Antisemitismus - würde vieles ändern, käme er an die Regierung:
In erster Linie die Finanzpolitik. Die Nationalbank müßte unter die Kontrolle des Parlaments gestellt werden. Weiter würde ich die Privatisierung überprüfen, was da so gelaufen ist. Dem Eindringen des globalen Kapitals nach Ungarn würde ich Schranken setzen. Und was auch sehr wichtig ist: Die ausländischen Multis würde ich zur Kasse bitten. Denn die zahlen heute keine Steuern in Ungarn.
Vor den Parlamentswahlen im April kommt es offenbar zu Flurbereinigungen im Parteiengefüge Ungarns. Politologen sehen einen Trend zum Zweiparteiensystem. In der ungarischen Parteienlandschaft könnten dann zwei große Volksparteien dominieren - und zwar rechts und links der Mitte.
Im Regierungslager dominiert die rechtskonservative Partei von Viktor Orban - der "Bund Junger Demokraten". Im Oppositionslager dagegen dominieren die Sozialisten, während die Freien Demokraten bangen müssen, ob sie überhaupt die Fünf-Prozent-Parlaments-Hürde bei den Wahlen nehmen können.
Auf der Oppositionsbank sitzt auch die rechtsradikale Wahrheits- und Lebenspartei von Istvan Csurka. Der Schriftsteller konnte sich bei den Wahlen 1998 mit seiner Partei 14 der 386 Sitze im ungarischen Parlament sichern. Selbst als der Populist als Spitzel des früheren kommunistischen Geheimdienstes entlarvt worden war, änderte das nichts an seinem Erfolg.
Bei den Parlamentswahlen könnte die Wahrheitspartei erneut den Einzug ins Hohe Haus an der Donau schaffen. Sagen ihr Meinungsumfragen 5 bis 6 % Stimmenanteile voraus , hofft Csurka selbst auf 15 % der Wählerstimmen. Auch in Ungarn kam es nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zu einem plötzlichen und unerwarteten Erwachen extrem nationalistischer und rassistischer Strömungen. Dass es in der Gesellschaft einen Nährboden für Vorurteile gegen Minderheiten - insbesondere gegen Roma - gab, hatten Soziologen schon in den 80er Jahren registriert. Unter den rechtsextremen Gruppierungen erwies sich die Wahrheits- und Lebenspartei von Istvan Csurka als die stärkste politische Kraft. Csurka war unter den Kommunisten ein geachteter Schriftsteller. In der neu gewonnenen politischen Freiheit zu Beginn der neunziger Jahre radikalisierte er sich und begann, antisemitische, rassistische und chauvinistische Positionen zu vertreten. Der Rechtspopulist forderte nicht nur ein "Groß-Ungarn" in den Grenzen von 1920, sondern dämonisierte überdies in ungeschminkter Nazi-Terminologie angebliche Bedrohungen durch - Zitat: - "jüdische und bolschewistische Weltverschwörungen". Seine Forderung:
Wir müssen Ungarn vor den schädlichen Einflüssen der Globalisierung schützen, und dafür sorgen, dass Ungarn Ungarn bleibt. Wir müssen den ungarischen Boden schützen und die darauf arbeitenden ungarischen Menschen.
Mit derlei Ideen sitzt Csurka auf seinem purpurroten Samtsessel im Parlament - zufrieden zurückgelehnt. Denn angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse musste die Mitte-Rechts-Regierung von Premier Viktor Orban schon mehrfach auf die politische Schützenhilfe der rechtsextremistischen Csurka-Partei zurückgreifen. Der ungarische Staatspräsident Ferenc Madl ist dennoch überzeugt:
Es gibt Zeichen, dass zum Beispiel solche extremen Auffassungen herrschen, doch die sind nicht bedeutend. Es gibt einige, aber dass das den Ruf Ungarns in Frage stellen würde, das ist übertrieben, meines Erachtens. Solche Zeichen sind nicht größer als in irgendeinem Land des Abendlandes - sozusagen.
Dennoch herrscht Irritation in der Gesellschaft. Und ebenso bleiben Befürchtungen, die Csurka-Partei könnte bei den Parlamentswahlen als Mehrheitsbeschaffer für den regierenden Bund Junger Demokraten dienen. Doch eine offene Allianz des bürgerlichen Blocks mit Csurkas rechtsradikaler Partei hätte womöglich fatale Folgen - nämlich das Einfrieren der laufenden EU-Beitrittsverhandlungen Ungarns, wie politische Beobachter zu bedenken geben. In der ungarischen Gesellschaft wurde nicht selten die Frage gestellt, warum die Donaurepublik zu einem beliebten Treff der internationalen Neonazi-Szene werden konnte. Rechtsexperten verweisen auf die "weiche" Gesetzeslage, die solche Zusammenkünfte nur dann verbietet, wenn sie Ruhe und Sicherheit im Staate gefährden.
Da es überdies den ungarischen Behörden nicht zustehe, korrekt angemeldete Demonstrationen auf Ziele und Inhalte zu überprüfen, hätten die Neonazis viele Jahre zu ihrem traditionellen Gedenkmarsch für die Gefallenen der Waffen-SS auf dem Budaer Burgberg antreten können.
Einer der Initiatoren war György Ekrem Kemal (sprich Djörgy Äkräm Kämal), Chef der rechtsextremistischen Nationalen Freiheitspartei, einer Splitterpartei ohne echte Basis.
Nicht die Öffentlichkeit ist gegen meine Partei. Denn der große Widerstand gegen nationalistische Parteien kommt nicht aus dem Volke, nein keinesfalls. Der Widerstand wird vielmehr durch Politiker geschürt. Übrigens bekennen wir uns offen zum Nationalismus, Radikalismus, wie in unserem Programm verkündet.
Die Machtdemonstrationen der Rechtsextremisten auf dem Burgberg sind vorbei. Nicht weil die Polizei diese Demonstrationen verboten hätte. Sondern weil antifaschistische Organisationen und ehemalige Widerstandskämpfer den ganzen Burgberg für ihre eigenen Veranstaltungen dauer-mieteten.
Rassenhass und Antisemitismus haben sich von der Straße in die Fußballstadien verlagert. Bei einem Spiel des Budapester Klubs MTK, beliebt bei der jüdischen Gemeinde, wurde Parolen gegrölt wie: "Der Zug nach Auschwitz fährt ab!".
Die Polizei indes erklärte: Diese Parolen -wortwörtlich interpretiert - seien nicht strafbar. - Die jüdische Gemeinde protestierte. Ernö Lazarovics, einer ihrer namhaften Vertreter, ist enttäuscht von der Haltung der Regierung:
Wir haben mehrmals verlangt, dass sie sollen sich distanzieren und sie sollen verurteilen, die solche antisemitische Propaganda ausbreiten. Sie haben das nicht. Und die zweite Sache: Wir haben erwartet, es soll ein solches Gesetz sein wie in Österreich, in Deutschland und anderen demokratischen Ländern. Dass die, die da sagen, es war kein Holocaust, dass sie nicht so viele 6 Millionen Juden umgekommen; man soll sie strafen und man soll sie zusperren, in Gefängnisse. Leider das ist heute auch noch nicht eingeführt.
Eine rechtsextremistische Partei ist zwar im Parlament vertreten, aber dennoch gilt die politische Neonazi-Szene Ungarns derzeit als weitgehend tot. Der Staatssekretär im Amt für Nationale Sicherheit, Istvan Simicsko, spricht von "unbedeutenden Erscheinungen" an der äußersten Rechten:
Es geht nur um einige Dutzend Menschen. Deren Zahl ist verschwindend gering. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte "Tag der Ehre", bei dem auf dem Budaer Burgberg Neonazis aus verschiedenen Ländern aufmarschierten. Heute fehlt dieser Demonstration jegliche Massenbasis.
Offiziell heißt es also: Keine Gefahr von Rechts für die ungarische Demokratie. - Am 16. April vergangenen Jahres wurde erstmals an ungarischen Schulen der offizielle Holocaust-Gedenktag begangen. - Schon Jahre zuvor hatte das Parlament ein Gesetz verabschiedet, das Staatssekretär Schimitschko als beispielhaft bezeichnet:
Das Gesetz verbietet die Symbole sowohl des Kommunismus als auch des Faschismus. Das heißt sowohl Hammer und Sichel als auch das Hakenkreuz. Das war eine wichtige Entscheidung, ein Beweis dafür, dass sich Ungarn für die Demokratie entschieden hat.
Die Demokratie alleine bietet jedoch noch keine automatische Immunitätsgarantie gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Fremdenhass. Obwohl Premier Viktor Orban bisher eine Koalition mit extremistischen Parteien ausschloss, ist eine Regierungsbeteiligung von Csurkas MIEP (MI-EP) bei einem knappen Wahlausgang keineswegs ausgeschlossen. Und das wird sie sich etwas kosten lassen, erklärt Politologe Attila Agh:
Die Frage ist, ob die Csurka-Partei die Jungdemokraten "kostenlos" unterstützen wird. Wahrscheinlich nicht. Viele bezeichnen Csurka heute bereits als Kulturminister. Aber ich meine, FIDESZ möchte doch eher die MIEP-Wähler für sich gewinnen, als letztlich einen Bund mit Csurka einzugehen.
Die regierenden Jungdemokraten gingen ein Wahlbündnis ein, schmiedeten noch vor dem Wahlgang eine Koalition: Partner sind das Demokratenforum und verschiedene kleine Splitterparteien, die ohne FIDESZ den Weg ins Parlament nicht schaffen würden. Als Sammelbecken für das rechte Spektrum profitierte FIDESZ vom Zerfall seines ehemaligen Koalitionspartners "Kleinlandwirte"-Partei. Dabei setzt Premier Viktor Orban auf die nationalistische Karte - nicht nur innen- , sondern auch außenpolitisch. Orban forderte die Abschaffung der Benesch-Dekrete und öffnete damit ein totgeschwiegenes Kapitel mitteleuropäischer Vergangenheitsbewältigung. Dabei war Orbans Äußerung ein bewusster Schritt - meinen politische Beobachter. Zum einen wolle er im Vorfeld der Parlamentswahlen die Wähler der rechtsextremistischen Wahrheits- und Lebenspartei für sich gewinnen und das rechte Lager festigen. Zum anderen Solidarität üben mit dem FPO-Vorsitzenden Jörg Haider, der den EU-Beitritt Tschechiens von der Annullierung der Benes-Dekrete abhängig machen wollte. Und Solidarität mit der bayerischen CSU, die seit langem die Belange der Sudetendeutschen unterstützt.
Meinungsumfragen spiegeln nicht nur Wähler-Sympathien für Parteien wider, sondern auch das Interesse für Politik an sich - erklärt Attila Agh (Attila Ag)
In einer entwickelteren Demokratie interessieren sich mehr Bürger für die Politik. Hier in Ungarn aber wendet sich ein großer Teil der Bevölkerung inzwischen ab, jene Menschen vor allem, deren Lebensbedingungen sich drastisch verschlechtert haben. - Doch auch Menschen, denen die Wahlkampf-Schlammschlacht missfällt, gehören dazu. Und so erklären 40 % der Bürger, gar nicht wählen zu wollen.
Riesenplakate, Annoncen in den Zeitungen, Werbespots in Funk und Fernsehen - der Wahlkampf ist teuer. Und er wird auch gegen unliebsame Journalisten geführt: Da wurde im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die kritische Sendung "Beszéljük meg" - zu deutsch: - "Reden wir darüber" aus dem Programm verbannt. Ildiko Lendvai, stellvertretende Vorsitzende und Medienexpertin der Sozialisten:
Ich glaube, die Regierung machte hier eine Bumerangpolitik. Dabei hat sie jene kompromittierende Praxis neu belebt, mit der bereits 1994 der Versuch unternommen wurde, die Medien zu okkupieren, sie zum Schweigen zu bringen. Doch im konkreten Fall wurden nicht nur der Journalist mundtot gemacht, sondern auch die Hörer.
Auch Auslandskorrespondenten sind nicht verschont und in der regierungsnahen Zeitung "Magyar Nemzet" auf eine Schwarze Liste gesetzt worden. Nach der Analyse einer sogenannten "anonymen Kontrollgruppe" wurden dort Namen von solchen Journalisten angeführt, die Premier Viktor Orban kritisiert und mit ihrer Kritik angeblich dem Image Ungarns geschadet hätten.
Dieses Verhalten hat auch internationale Kritik gefunden. Denn in einer kultivierten Welt ist es undenkbar, dass Auslandskorrespondenten auf eine sogenannte "Schwarze Liste" einer Zeitung gelangen. Es ist doch naiv anzunehmen, dass dem ungarischen Image dadurch geschadet wird, wenn ein Journalist schreibt, was ihm nicht gefällt. Es ist doch eher eine solche Schwarze Liste, die dem Ruf des Landes schadet.
Dreieinhalb Jahre hatte FIDESZ ohne Gegner gespielt, denn die oppositionellen Sozialisten hinkten den Ereignissen meist hinterher. - Aber als die Sozialisten auf einmal zum Gegenangriff antraten , waren die Jungdemokraten darauf nicht vorbereitet. Sie übersahen außerdem, dass ihre übermäßige Kritik an der sozialistischen Opposition nur zu wachsender Solidarität mit diesen vermeintlich Unterlegenen führen würde.
Der Grund für den Beliebtheitsverlust der regierenden Jungdemokraten lag nicht in der Makroökonomie. Es war gerade die Weltbank, die Ungarn Erfolg attestierte: Rasches Wirtschaftswachstum, sinkende Inflation, stetige Kapitalzuschüsse und steigende Exporte... Der Grund für die sinkende Popularität der Regierung scheint vielmehr ein Vertrauensschwund seitens der Bevölkerung zu sein, zu dem Populismus, Aggressivität, Liebäugelei mit der extremen Rechten und Selbstüberschätzung ebenso geführt haben wie unerfüllte Wahlversprechen.