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Ungesunder Wohlklang

Medizin. – In Berlin wurde heute das Kurt-Singer-Institut für Musikergesundheit eröffnet. Es soll sich den besonderen Krankheiten der Instrumentalisten widmen, die unter vielen berufsspezifischen Erkrankungen und Belastungen leiden. Eine Quelle sind sicherlich die Instrumente selbst, die wenig Rücksicht auf die körperlichen Belange der Spielenden nehmen.

    Der Klaviervirtuose Glenn Gould litt ebenso wie viele namhafte und weniger bekannte Kollegen unter der so genannten umschriebenen Bewegungsstörung. Sie erschwert dem Pianisten die individuelle Bewegung der Finger, macht das Spielen schwieriger Stücke oftmals unmöglich. Die Ursache dieser Erkrankungen liegt noch weitgehend im dunkeln. Helmut Möller von der Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin: "In der Forschung sind wir noch relativ am Anfang. Es ist vermutlich eine Überlastung bestimmter Ort in der motorischen Hirnrinde, bei denen es zu einem Kurzschluss kommt, so dass mehrere Nervenzellen auf einmal enerviert werden und dann entsprechend auch mehrere Muskelgruppen gleichzeitig aktivieren." Das Kurt-Singer-Institut soll auf diesem Feld forschen.

    Ein weiteres Betätigungsfeld des neu gegründeten Instituts ist das Haltungstraining für Musiker. Denn die wenig ergonomische Form der Instrumente kann aufgrund des erzielten klanglichen Optimums nicht geändert werden. "Fast alle Instrumente, die wir heute sehen, sind ergonomisch schlecht gebaut, Geigen oder Celli sind geradezu prädestiniert, eine Haltung hervorzurufen, die unserem Körper entgegensteht", erklärt Hans Christian Müller, Vorstand des Sinfonieorchesters des Westdeutschen Rundfunks in Köln. Um so wichtiger wird die richtige Haltung, damit die Schäden so klein wie möglich gehalten werden. Ebenfalls wichtig sind die richtigen Entspannungstechniken, damit die Beanspruchungen des Musizierens ausgeglichen werden. Für all dies soll das Kurt-Singer-Institut wissenschaftlich fundierte Empfehlungen entwickeln, die über die Musikschulen und Konservatorien an die Musiker weitergegeben werden können.

    [Quelle: Sönke Gäthke]