"Abends Premiere. Die Faschisten machen organisierten Skandal. Einige werden von der Polizei verhaftet"
Es fängt ja ganz gut an. Im Foyer sind kleine Radioempfänger aufgebaut, Marke 50er-Jahre, allerdings mit modernem LED-Licht. Aus denen tönt ein undefinierbares Gewirr von Lauten mit auch einer Rezitation von Carla Henius' Bericht über die Venezianer Uraufführung.
"Natürlich wissen wir alle, dass Gigi Mitglied der KPI ist."
Drinnen im Saal wird man dann zunächst in die mit Staubtüchern verhängten Parkettreihen komplimentiert. Aus den Lautsprechern ertönen Stimmen. An den eisernen Vorhang ist ein Gedicht projiziert: "lebendig ist, wer wach bleibt…"
Dann geht’s auf die Bühne, wo schon Chor, Solisten und Musiker sitzen, stehen, gehen, liegen. Leitern werden verschoben mit Diawerfern. Der Besucher soll in das Geschehen mit einbezogen werden – so ist wohl der Plan. 250 sind zugelassen.
Neu sind solche Regie-Ideen nicht. Man hat sie allerdings – lang ist’s her – schon ungleich professioneller umgesetzt erlebt. Bei Regisseur Benedikt von Peter und seinem Versuch mit Luigi Nonos "Intolleranza" in Hannover wirkt das alles eher aufgesetzt, verkrampft.
Die Choristen üben sich in allerlei zufälligen Posen. Die Solisten müssen sich dazwischen meist im Fortissimo vernehmen lassen, stehen auf Leitern oder Stühlen.
Mal wird auch ein zur Leinwand verwandeltes Kleidungsstück wie das Turiner Grabtuch herumgetragen mit Video-Projektionen eines Geschundenen. Dann müssen sich alle, auch die Besucher, auf Decken am Boden betten.
Im Text ist da vorher vom ersten Atombomben-Abwurf auf Hiroshima die Rede. Und die im Geiste Geliebte des Helden, eines Migranten, singt ihre Sehnsuchts-Vokalisen.
Nono schrieb seinen expressiven Aufschrei gegen Intoleranz, Inhumanität und Kolonialismus 1960. Ein Bergwerksunglück, der Kampf Algeriens gegen die Kolonialmacht Frankreich, neofaschistische Aufstände und eine Überschwemmung in Italien hatten ihn dazu veranlasst.
Manche empfanden dies erste Bühnenwerk des 1990 verstorbenen Komponisten als platte Polit-Werbung für die kommunistische Partei, der Nono angehörte. Lesen kann man es durchaus als allgemein-menschliche Einforderung von Humanität und Demokratie.
In der Hannoveraner Aufführung stürzt am Ende von der Bühnenrückwand ein armdicker Wasserfall auf das Geschehen wie ein Sturzbach, in dessen Fluten Tote schwimmen. Dann wird der Zuschauer wieder zurück ins Parkett gedrängt, blickt von dort auf eine pietà.
Als reinigende Katharsis kommt das kaum an. Zu verkopft wirkt das Konzept, bleibt Konzept. Statt Ideen zu versinnlichen wird das Publikum ständig hin und her kommandiert. Oder soll es so Intoleranz erleben?
Bewundern darf man die musikalische Leistung des Chors. Szenisch geführt ist er nur schemenhaft. Wirkliche Figuren formen sich nicht. Stefan Klingele, als Dirigent nur per Video zu sehen, hält das musikalische Geschehen gut zusammen.
Das Publikum in Hannover war dennoch zufrieden. Nonos "Intolleranza" ist eine Herausforderung, auch wenn seine Thematik doch etwas angejahrt wirkt und der Fokus der eigentlichen Problematik sich heute deutlich verschoben hat.
Es fängt ja ganz gut an. Im Foyer sind kleine Radioempfänger aufgebaut, Marke 50er-Jahre, allerdings mit modernem LED-Licht. Aus denen tönt ein undefinierbares Gewirr von Lauten mit auch einer Rezitation von Carla Henius' Bericht über die Venezianer Uraufführung.
"Natürlich wissen wir alle, dass Gigi Mitglied der KPI ist."
Drinnen im Saal wird man dann zunächst in die mit Staubtüchern verhängten Parkettreihen komplimentiert. Aus den Lautsprechern ertönen Stimmen. An den eisernen Vorhang ist ein Gedicht projiziert: "lebendig ist, wer wach bleibt…"
Dann geht’s auf die Bühne, wo schon Chor, Solisten und Musiker sitzen, stehen, gehen, liegen. Leitern werden verschoben mit Diawerfern. Der Besucher soll in das Geschehen mit einbezogen werden – so ist wohl der Plan. 250 sind zugelassen.
Neu sind solche Regie-Ideen nicht. Man hat sie allerdings – lang ist’s her – schon ungleich professioneller umgesetzt erlebt. Bei Regisseur Benedikt von Peter und seinem Versuch mit Luigi Nonos "Intolleranza" in Hannover wirkt das alles eher aufgesetzt, verkrampft.
Die Choristen üben sich in allerlei zufälligen Posen. Die Solisten müssen sich dazwischen meist im Fortissimo vernehmen lassen, stehen auf Leitern oder Stühlen.
Mal wird auch ein zur Leinwand verwandeltes Kleidungsstück wie das Turiner Grabtuch herumgetragen mit Video-Projektionen eines Geschundenen. Dann müssen sich alle, auch die Besucher, auf Decken am Boden betten.
Im Text ist da vorher vom ersten Atombomben-Abwurf auf Hiroshima die Rede. Und die im Geiste Geliebte des Helden, eines Migranten, singt ihre Sehnsuchts-Vokalisen.
Nono schrieb seinen expressiven Aufschrei gegen Intoleranz, Inhumanität und Kolonialismus 1960. Ein Bergwerksunglück, der Kampf Algeriens gegen die Kolonialmacht Frankreich, neofaschistische Aufstände und eine Überschwemmung in Italien hatten ihn dazu veranlasst.
Manche empfanden dies erste Bühnenwerk des 1990 verstorbenen Komponisten als platte Polit-Werbung für die kommunistische Partei, der Nono angehörte. Lesen kann man es durchaus als allgemein-menschliche Einforderung von Humanität und Demokratie.
In der Hannoveraner Aufführung stürzt am Ende von der Bühnenrückwand ein armdicker Wasserfall auf das Geschehen wie ein Sturzbach, in dessen Fluten Tote schwimmen. Dann wird der Zuschauer wieder zurück ins Parkett gedrängt, blickt von dort auf eine pietà.
Als reinigende Katharsis kommt das kaum an. Zu verkopft wirkt das Konzept, bleibt Konzept. Statt Ideen zu versinnlichen wird das Publikum ständig hin und her kommandiert. Oder soll es so Intoleranz erleben?
Bewundern darf man die musikalische Leistung des Chors. Szenisch geführt ist er nur schemenhaft. Wirkliche Figuren formen sich nicht. Stefan Klingele, als Dirigent nur per Video zu sehen, hält das musikalische Geschehen gut zusammen.
Das Publikum in Hannover war dennoch zufrieden. Nonos "Intolleranza" ist eine Herausforderung, auch wenn seine Thematik doch etwas angejahrt wirkt und der Fokus der eigentlichen Problematik sich heute deutlich verschoben hat.