Jule Reimer: Erinnern Sie sich an den Libor-Skandal? Der Libor ist ein Zinssatz, zu dem sich Banken in der angelsächsischen Welt gegenseitig Geld leihen. Festgelegt wurde er in der Vergangenheit von den Banken selbst. Jetzt aber sind zahlreiche Banken angeklagt beziehungsweise stehen unter Verdacht, diesen Zinssatz nach oben getrieben zu haben, um Verbrauchern bei Hauskrediten höhere Zinsen abzuverlangen. Auch das europäische Pendant, der Euribor, stand unter Verdacht, zum Vorteil der Banken manipuliert worden zu sein. Das nährt jetzt bei Verbraucherschützern einen weiteren Verdacht, nämlich dass auch andere Referenzwerte manipuliert wurden, wie zum Beispiel die Wechselkurse für Devisen.
- Ich bin jetzt verbunden mit Nils Nauhauser, er ist Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Herr Nauhauser, wenn ich US-Dollar bei der Bank einwechseln will, dann schaue ich mir die Kurse bei verschiedenen Banken an, suche mir das beste Angebot heraus, und die Bank hat ja auch Kosten, also von daher ist es völlig normal, dass die Kurse vielleicht unterschiedlich ausfallen. Was ist jetzt daran verdächtig?
Nils Nauhauser: Da haben Sie natürlich Recht. Wenn Sie zum Schalter gehen und dort in Dollar Ihr Geld tauschen, dann ist es so, dass Sie zu einem anderen Kurs kaufen, wie Sie diesen selben Betrag verkaufen können. Und an dieser Spanne – das nennt man Geld-Brief-Spanne, also Ankauf-Verkauf-Spanne – verdienen die Banken natürlich. Anders ist es jetzt aber, wenn Sie jetzt nicht am Schalter gezielt Dollar wechseln wollen, sondern wenn Sie beispielsweise über einen ausländischen Handelsplatz in der Schweiz eine schweizerische Aktie oder Anleihe kaufen und dort die Bank letztendlich damit beauftragen, den Kauf dieses Wertpapiers durchzuführen und auch abzuwickeln. Dann wissen Sie zu dem Zeitpunkt, wo Sie den Auftrag erteilen, nicht, mit welchem Schweizer Franken-Kurs dann nachher Ihr Konto belastet wird, und da müssen Sie jetzt darauf vertrauen, dass der Schweizer Franken-Kurs, den die Bank Ihrem Konto belastet, auch korrekt ist. Und wenn man sich dann anschaut, was haben die Banken in ihren Geschäftsbedingungen vereinbart, dann findet man dort einen Hinweis, ganz tief, sage ich mal, in den Untiefen des Kleingedruckten versteckt, dass sie einen bestimmten Kurs verwendet, oder dass sie irgendeinen marktgerechten Kurs angeblich verwendet. Aber welcher das ist und wie hoch da die Spanne zwischen An- und Verkauf ist, das findet man dort nirgends. Und wir haben anhand von einzelnen Hinweisen, auch von Verbrauchern, denen wir auch selbst nachgegangen sind, den Verdacht, dass hier möglicherweise nicht marktgerechte Kurse verlangt werden. Und das bestätigt sich jetzt auch so ein bisschen dadurch, dass wir von der Finanzaufsicht BaFin die Information erhalten haben, dass man dort anscheinend gar nicht so genau hinguckt. Und wir wissen ja, wie das ist bei den Banken: Da wo man nicht genau hinguckt, ist natürlich auch die Gefahr hoch, dass manipuliert wird.
Reimer: Aber wie wollen Sie denn überhaupt festlegen, was der faire, der richtige, der korrekte Kurs ist? Das sind ja Marktbewegungen, die blitzschnell sich über den Tag verändern.
Nauhauser: Das ist richtig, und zu dem Zeitpunkt, wo der Kauf für den Verbraucher gemacht wird, also wenn er um 10:30 Uhr eine Schweizer Aktie kauft, dann kann man den Kurs zu diesem Zeitpunkt zu Grunde legen. Das ist alles technisch heutzutage kein Problem mehr. Man könnte diesen Kurs nehmen, und ich frage mich, warum die Banken einen anderen Kurs nehmen – sei es irgendeinen, den sie in einem bestimmten Kreis an eine Nachrichtenagentur melden, so wie das bei EuroFX der Fall ist, oder irgendeinen Durchschnittskurs des Tages. Und wir haben auch in den USA schon Fälle gesehen, dass dort systematisch die für Verbraucher schlechtesten Kurse verwendet wurden. Und dem muss man auch hier nachgehen und da sehe ich den Auftrag ganz klar bei der BaFin, die aber bis jetzt noch nicht viel unternommen hat.
Reimer: Heißt das denn, dass man eigentlich diese Geschäftsbedingungen ganz klar festlegen muss, also anders formulieren muss, nicht so schwammig?
Nauhauser: Völlig klar! Intransparente Geschäftsbedingungen können wir abmahnen. Und das haben wir auch schon gemacht bei einigen Banken. Wenn darin steht, wir verwenden zum Beispiel den EuroFX, dann ist zum Beispiel eine völlige unbestimmte Bedingung. Und das können wir abmahnen. Oder wenn die Formulierung darin ist, oder einen anderen vergleichbaren Marktkurs, dann ist das auch offen, dann kann die Bank auch machen was sie will, und solche unbestimmten Geschäftsbedingungen können wir abmahnen, haben wir auch gemacht, und wenn Verbraucher da weitere finden und weitere Ungereimtheiten finden, dann können sie auf uns zukommen, wir gehen dem nach.
Reimer: Was raten Sie mir, wenn ich jetzt zur Bank gehe und die Investition in irgendeinen Devisenfonds abschließen will?
Nauhauser: Es gibt zwei Punkte. Erstens ist es ja so, dass die Kursdifferenzen bei normalen Beträgen gar nicht so riesig sind in Euro. Dann sind es vielleicht drei, vier Euro Unterschied im Einzelfall. Deswegen macht das auch letztendlich viele Verbraucher nicht verrückt, bis heute zumindest, weil das ganz oft kleinste Beträge sind. Aber wir sehen ja, es gibt eine unglaubliche Fülle von Devisengeschäften, die jeden Tag abgewickelt werden. Und da verdienen natürlich die Banken schon über die Masse dieses Geschäftes. Und wenn jetzt der Kleinanleger entscheiden will, er möchte möglichst einen transparenten Kurs haben, dann gibt es zwei Dinge: Erstens nachfragen bei der Bank, zu welchem Kurs wird denn genau abgerechnet und wie ist die Differenz zwischen An- und Verkauf, also Geld-Brief-Kurs, und warum ist die so hoch. Und ein zweiter Punkt ist, wenn man eine Geschäftsbedingung findet, die man dann von der Bank genannt bekommt, und die scheint einem unklar, dann sollte man die Verbraucherzentralen informieren.
Reimer: Vielen Dank – Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg war das.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
- Ich bin jetzt verbunden mit Nils Nauhauser, er ist Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Herr Nauhauser, wenn ich US-Dollar bei der Bank einwechseln will, dann schaue ich mir die Kurse bei verschiedenen Banken an, suche mir das beste Angebot heraus, und die Bank hat ja auch Kosten, also von daher ist es völlig normal, dass die Kurse vielleicht unterschiedlich ausfallen. Was ist jetzt daran verdächtig?
Nils Nauhauser: Da haben Sie natürlich Recht. Wenn Sie zum Schalter gehen und dort in Dollar Ihr Geld tauschen, dann ist es so, dass Sie zu einem anderen Kurs kaufen, wie Sie diesen selben Betrag verkaufen können. Und an dieser Spanne – das nennt man Geld-Brief-Spanne, also Ankauf-Verkauf-Spanne – verdienen die Banken natürlich. Anders ist es jetzt aber, wenn Sie jetzt nicht am Schalter gezielt Dollar wechseln wollen, sondern wenn Sie beispielsweise über einen ausländischen Handelsplatz in der Schweiz eine schweizerische Aktie oder Anleihe kaufen und dort die Bank letztendlich damit beauftragen, den Kauf dieses Wertpapiers durchzuführen und auch abzuwickeln. Dann wissen Sie zu dem Zeitpunkt, wo Sie den Auftrag erteilen, nicht, mit welchem Schweizer Franken-Kurs dann nachher Ihr Konto belastet wird, und da müssen Sie jetzt darauf vertrauen, dass der Schweizer Franken-Kurs, den die Bank Ihrem Konto belastet, auch korrekt ist. Und wenn man sich dann anschaut, was haben die Banken in ihren Geschäftsbedingungen vereinbart, dann findet man dort einen Hinweis, ganz tief, sage ich mal, in den Untiefen des Kleingedruckten versteckt, dass sie einen bestimmten Kurs verwendet, oder dass sie irgendeinen marktgerechten Kurs angeblich verwendet. Aber welcher das ist und wie hoch da die Spanne zwischen An- und Verkauf ist, das findet man dort nirgends. Und wir haben anhand von einzelnen Hinweisen, auch von Verbrauchern, denen wir auch selbst nachgegangen sind, den Verdacht, dass hier möglicherweise nicht marktgerechte Kurse verlangt werden. Und das bestätigt sich jetzt auch so ein bisschen dadurch, dass wir von der Finanzaufsicht BaFin die Information erhalten haben, dass man dort anscheinend gar nicht so genau hinguckt. Und wir wissen ja, wie das ist bei den Banken: Da wo man nicht genau hinguckt, ist natürlich auch die Gefahr hoch, dass manipuliert wird.
Reimer: Aber wie wollen Sie denn überhaupt festlegen, was der faire, der richtige, der korrekte Kurs ist? Das sind ja Marktbewegungen, die blitzschnell sich über den Tag verändern.
Nauhauser: Das ist richtig, und zu dem Zeitpunkt, wo der Kauf für den Verbraucher gemacht wird, also wenn er um 10:30 Uhr eine Schweizer Aktie kauft, dann kann man den Kurs zu diesem Zeitpunkt zu Grunde legen. Das ist alles technisch heutzutage kein Problem mehr. Man könnte diesen Kurs nehmen, und ich frage mich, warum die Banken einen anderen Kurs nehmen – sei es irgendeinen, den sie in einem bestimmten Kreis an eine Nachrichtenagentur melden, so wie das bei EuroFX der Fall ist, oder irgendeinen Durchschnittskurs des Tages. Und wir haben auch in den USA schon Fälle gesehen, dass dort systematisch die für Verbraucher schlechtesten Kurse verwendet wurden. Und dem muss man auch hier nachgehen und da sehe ich den Auftrag ganz klar bei der BaFin, die aber bis jetzt noch nicht viel unternommen hat.
Reimer: Heißt das denn, dass man eigentlich diese Geschäftsbedingungen ganz klar festlegen muss, also anders formulieren muss, nicht so schwammig?
Nauhauser: Völlig klar! Intransparente Geschäftsbedingungen können wir abmahnen. Und das haben wir auch schon gemacht bei einigen Banken. Wenn darin steht, wir verwenden zum Beispiel den EuroFX, dann ist zum Beispiel eine völlige unbestimmte Bedingung. Und das können wir abmahnen. Oder wenn die Formulierung darin ist, oder einen anderen vergleichbaren Marktkurs, dann ist das auch offen, dann kann die Bank auch machen was sie will, und solche unbestimmten Geschäftsbedingungen können wir abmahnen, haben wir auch gemacht, und wenn Verbraucher da weitere finden und weitere Ungereimtheiten finden, dann können sie auf uns zukommen, wir gehen dem nach.
Reimer: Was raten Sie mir, wenn ich jetzt zur Bank gehe und die Investition in irgendeinen Devisenfonds abschließen will?
Nauhauser: Es gibt zwei Punkte. Erstens ist es ja so, dass die Kursdifferenzen bei normalen Beträgen gar nicht so riesig sind in Euro. Dann sind es vielleicht drei, vier Euro Unterschied im Einzelfall. Deswegen macht das auch letztendlich viele Verbraucher nicht verrückt, bis heute zumindest, weil das ganz oft kleinste Beträge sind. Aber wir sehen ja, es gibt eine unglaubliche Fülle von Devisengeschäften, die jeden Tag abgewickelt werden. Und da verdienen natürlich die Banken schon über die Masse dieses Geschäftes. Und wenn jetzt der Kleinanleger entscheiden will, er möchte möglichst einen transparenten Kurs haben, dann gibt es zwei Dinge: Erstens nachfragen bei der Bank, zu welchem Kurs wird denn genau abgerechnet und wie ist die Differenz zwischen An- und Verkauf, also Geld-Brief-Kurs, und warum ist die so hoch. Und ein zweiter Punkt ist, wenn man eine Geschäftsbedingung findet, die man dann von der Bank genannt bekommt, und die scheint einem unklar, dann sollte man die Verbraucherzentralen informieren.
Reimer: Vielen Dank – Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg war das.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.