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Uni Halle schlägt Alarm

Die Martin-Luther-Universität Halle freut sich über steigende Studierendenzahlen. Und immer mehr Abiturienten aus den westlichen Bundesländern finden den Weg an die größte Uni Sachsen-Anhalts. Grund zur Freude also. Eigentlich. Denn steigende Studierendenzahlen bedeuten nicht automatisch mehr Geld für die Hochschulen. Heute wurde der Haushaltsentwurf der CDU-SPD-Regierung für die kommenden beiden Jahre in den Landtag eingebracht. Demnach sind erhebliche Einschnitte im Hochschulbereich geplant. Schon im Vorfeld der Haushaltsdebatte schlägt die Martin-Luther-Universität Alarm.

Von Ulf Walther |
    Mit einer eigenen Marketingkampagne wirbt die Martin-Luther-Universität Halle für ein Studium an der größten Hochschule Sachsen-Anhalts. Mit Erfolg: Die Zahl der Neueinschreibungen ist die höchste der letzten vier Jahre. Doch so recht freuen kann sich der Rektor der Universität Professor Wulf Diepenbrock nicht:

    "Auf der einen Seite haben wir diesen enormen Zuwachs an Attraktivität, die jungen Leute schauen mehr auf Halle, schauen mehr auf diese Universität, sie macht interessante Angebote. Und gleichzeitig fühlen wir uns durchs Land in dieser Situation doch etwas im Stich gelassen im Kontext der Haushaltsaufstellung."

    Die ab kommendem Jahr geltenden Tariferhöhungen für die Mitarbeiter der Hochschulen werden nur zu 90 Prozent vom Land getragen. Die restlichen zehn Prozent sollen laut Haushaltsentwurf die Hochschulen selbst finanzieren. Dieses Geld fehle den Hochschulen dann an anderen Stellen, meint Rektor Wulf Diepenbrock, der schon heute 100 Stellen nicht besetzen kann:

    "Das sind Stellen, die befristet sind. Das sind die Stellen der jungen Leute, des begabten wissenschaftlichen Nachwuchses, den wir eigentlich nicht mehr in dem Umfang hier bei uns einstellen können, wie wir's bräuchten, um unsere guten Betreuungsrelationen in der Lehre auch aufrechtzuerhalten."

    Selbst Pflichtkurse kann die Universität zum Teil nicht mehr anbieten. Seminare und Laborpraktika sind überfüllt. Sogar die Existenz einiger Fachbereiche ist bedroht, sagt Florian Döring vom Studierendenrat der Uni Halle:

    "Das betrifft allein schon im letzten Semester Bereiche wie die Orientwissenschaften oder auch die Sprechwissenschaften, was Fächer sind, die Halle besonders auszeichnen, weil sie so in dieser Art einzigartig sind, die aber eben an einzelnen Stellen oder an der Existenz einzelner Stellen hängen. Und wenn diese wegfallen, bedeutet das einfach, dass der komplette Studiengang gestrichen werden muss."

    Für die Forschung bekam die Hallenser Uni bislang 1,7 Millionen Euro vom Land. Im Haushaltsentwurf 2010 ist dieses Geld gestrichen. Dafür stellt das Land Mittel aus dem Konjunkturpaket II zur Verfügung. Geld, das eigentlich für zusätzliche Investitionen gedacht ist, nicht aber dafür, öffentliche Haushalte zu entlasten.

    Für Uni-Rektor Ulf Diepenbrock geht es um die Zukunft von Sachsen-Anhalts Hochschulen. Und darum, den Hochschulpakt zu erfüllen, die Zahl der Studienanfänger in den kommenden Jahren stabil zu halten:

    "Wir müssen alles vermeiden, um die Attraktivität der Hochschulen hier abzusenken durch Haushaltsentscheidungen. Wir haben uns den Hochschulpakt ja nicht als einzelne Hochschule ausgesucht, sondern dieses ist zwischen Bund und Ländern vereinbart worden. Und wenn solche Vereinbarungen getroffen worden sind, dann muss die Hochschule sich daran halten. Nur im gleichen Zuge dann uns an die Grundausstattung zu gehen, das ist ja dies, was von uns so stark kritisiert wird."

    Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn, SPD, beklagt einen erheblichen Steuerrückgang und muss für die nächsten Jahre neue Schulden aufnehmen. In allen Bereichen müsse gespart werden, eben auch im Hochschulbereich, so Bullerjahn:

    "Was wir jetzt gemeinsam vorschlagen, der Kultusminister und ich, heißt: nicht die Ausfinanzierung der Wünsche, der Vorschläge aus den Hochschulen. Heißt: Sicherlich noch einmal nachzudenken, was wir in den nächsten Jahren machen können. Was meinen Sie, was in der Diskussion mit den Frauenhäusern los ist, mit den Kulturbereichen. Das ist jetzt so, ich stelle mich der Diskussion auch, aber das was die Hochschulen insgesamt zu 100 Prozent angemeldet haben, geht nicht zu finanzieren."
    Die Höhe der geplanten Einsparungen im Hochschulbereich sei verhandelbar. Bullerjahn zeigt sich offen für Vorschläge:

    "Ich kann mir das auch gut vorstellen, dass die Hochschulen das Geld bekommen. Vielleicht sogar mehr noch am Ende. Wenn mehr Studierende hier gehalten werden, als Zuzug auch. Aber trotzdem bleibt die Aufgabe, jetzt hinzubekommen, wo das Geld herkommt. Von den Kommunen, von der Polizei, beim Straßenbau?"

    Der Landeshaushalt soll Ende des Jahres beschlossen werden. Wie hoch die Kürzungen im Hochschulbereich dann tatsächlich ausfallen, hängt auch von der Überzeugungskraft der Hochschulen und der Studierenden ab.